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02.12.2014

Zwölf Geschworene und viele neue Freunde

Hannah Schmitz mit Mitgliedern des Trier-Komitees von Sister Cities International in Fort Worth.
Hannah Schmitz (Mitte) mit Mitgliedern des Trier-Komitees von Sister Cities International in Fort Worth. Foto: privat
Die Trierer Referendarin Hannah Schmitz hospitierte drei Monate bei Strafverteidiger Jim Lane in der Partnerstadt Fort Worth. Dabei lernte sie die großen Unterschiede zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Rechtssystem kennen und erlebte in ihrer Freizeit Wildwest-Romantik pur.

„Cowboyhut und Cowboystiefel  gehören in Fort Worth zur ganz normalen Alltags- und Berufskleidung. Mein Chef geht damit auch ins Gericht“, berichtet Hannah Schmitz. Ihr Chef – das war in den vergangenen drei Monaten Jim Lane. In der Kanzlei des 70-jährigen Strafverteidigers absolvierte die 27-jährige Jurastudentin ihre Wahlstation im Rahmen des Referendariats. Sie recherchierte in Akten und Fachliteratur, schrieb interne Gutachten und begleitete Lane bei Gerichtsterminen, Mandantengesprächen und Gefängnisbesuchen.

Die Unterschiede zwischen Texas und der Moselregion beschränken sich nicht auf die modischen Vorlieben: „In den USA werden Strafprozesse grundsätzlich vor einem Geschworenengericht verhandelt“, erklärt Schmitz. Die zwölf Geschworenen – Bürger aus der Mitte der Gesellschaft, die diese Aufgabe ehrenamtlich übernehmen – erklären den Angeklagten für schuldig oder nicht schuldig und können auch das Strafmaß mitbestimmen. Häufig kommt es aber gar nicht zu einem Prozess: Wenn der Beschuldigte sich zu seiner Tat bekennt, können Staatsanwalt und Rechtsanwalt das Strafmaß vorab aushandeln.

Jim Lane vertritt als Verteidiger häufig mutmaßliche Schwerverbrecher. Der spektakulärste Fall, mit dem Hannah Schmitz während ihrer Tätigkeit befasst war, drehte sich um eine Frau, die im Verdacht stand, ihren Mann umgebracht und anschließend im eigenen Garten vergraben zu haben. Schmitz war mit einem von Lane beauftragten Privatdetektiv vor Ort, um sich von der Fundstelle der Leiche ein Bild zu machen. In den USA sei es absolut üblich, dass Anwälte eng mit Privatdetektiven zusammenarbeiten, so Schmitz. Lanes Partner hat sein Büro sogar im gleichen Gebäude.

Als früheres Stadtratsmitglied in Fort Worth öffnete Jim Lane seiner deutschen Mitarbeiterin viele Türen. Einen der intensivsten Einblicke erhielt sie bei der Polizei: Als Mitfahrerein im Streifenwagen durfte sie die Einsätze während einer Nachtschicht begleiten.

„Über die berufliche Zusammenarbeit mit Jim hinaus ist eine Freundschaft mit der ganzen Familie entstanden“, betont Hannah Schmitz, die ein Wochenende auf Lanes Ranch verbrachte und mit der Familie einen Ausflug in den benachbarten Bundesstaat Oklahoma unternahm, wo sie eine verwandte Indianerfamilie der Comanche Nation besuchten. Auf dem Programm stand eine Parade der Comanche mit traditionellen Tänzen und die Teilnahme an einer indianischen Hochzeitszeremonie mitten in der Prärie – für Hannah Schmitz einer der Höhepunkte ihres Aufenthalts.

Auch mit ihren „Gasteltern“ Tom und Sue Brents verstand sich die angehende Rechtsanwältin sehr gut und fühlte sich bei dem „sehr jung gebliebenen“ Rentnerpaar wie ein Familienmitglied. Gemeinsame Ausflüge führten nach Dallas und zu einem Baseballspiel der Texas Rangers. Vergangene Woche trafen die Brents schon zum Gegenbesuch in Trier ein. Die Arbeitsstelle und das Quartier wurden Schmitz über das Referat für Städtepartnerschaften im Trierer Rathaus und das Komitee Sister Cities International in Fort Worth vermittelt. Es gibt allerdings kein festes Kontingent von Praktikumsplätzen in der Partnerstadt, vielmehr wird im Einzelfall geprüft, ob eine Vermittlung möglich ist.

Für Hannah Schmitz hat sich der Arbeitsaufenthalt in Fort Worth auf jeden Fall gelohnt – allein schon wegen der neuen Freunde, die sie gefunden hat.