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27.08.2013

Zweite Chance für zahlreiche Jugendliche

Nach einem Jahr fällt die Zwischenbilanz für das Trierer Haus des Jugendrechts positiv aus: Die Fälle werden effizienter und schneller bearbeitet. Das stärkt die abschreckende Wirkung bei schweren Straftaten, weil die Jugendlichen sofort die Konsequenzen spüren. In leichteren Fällen wird geständigen Tätern kurzfristig Hilfe angeboten. Zudem können die Opfer schneller mit  ihren manchmal traumatischen Erlebnissen abschließen.

Jugendexperten der Polizei, Jugendstaatsanwälte, die Jugendgerichtshilfe, die regionale Jugendschutzbeauftragte, der „Starthilfe“-Verein, die Bundespolizei, die Opferhilfe „Weißer Ring“ und das Jugendhilfezentrum Don Bosco haben ihre Büros in einer umgebauten früheren Kaserne in der Gneisenaustraße. Zentrale Ziele der derzeit 38 Mitarbeiter sind eine verbesserte Ahndung und Prävention von Jugendstraftaten und Fortschritte beim Opferschutz. Die neuen Strukturen sind nach Einschätzung aller Beteiligten auch deswegen erfolgreich, weil in Trier im Unterschied zu anderen Häusern des Jugendrechts das Spektrum der beteiligten Partner besonders groß ist. In Ludwigshafen fehlt beispielsweise die Jugendstaatsanwaltschaft, die ihren Sitz im benachbarten Frankenthal hat.

Welche Verbesserungen durch die kurzen Wege unter einem gemeinsamen Dach möglich sind, zeigen zwei Beispiele. Jugendstaatsanwalt Benjamin Gehlen nennt eine 16-jährige Jugendliche, die mit „Gras“ erwischt wurde und sich wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten musste. Weil sie geständig und einsichtig war, keine Vorstrafen hatte und der Schnelltest keine Hinweise auf ständigen Drogenkonsum brachte, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein und übergab den Fall der Jugendgerichtshilfe. Dort wird unter anderem geprüft, ob die Jugendliche eine Betreuung oder spezielle Hilfen braucht.

„Dieser Fall war nach einer Woche abgeschlossen. Früher hat das allein schon wegen des Schriftverkehrs zwischen den Behörden deutlich länger gedauert“, so Gehlen. Rund 30 Prozent aller Verfahren werden eingestellt. In manchen Fällen ist das mit einer Auflage verbunden, wie die Teilnahme an einer Therapie.

Anti-Aggressionstraining

Ein zweiter Fall  zeigt, dass der umfassende und nachhaltige Ansatz auch bei schweren Fällen erfolgreich sein kann und Jugendlichen eine zweite Chance eröffnet: Im Spätsommer 2012 zettelten zwei Mädchen mehrere Schlägereien an. Obwohl ihnen bei einer Vernehmung klar gemacht wurde, dass eine Untersuchungshaft droht, gingen die Straftaten zunächst weiter. Weil aber alle beteiligten Einrichtungen konsequent mit einer Stimme sprachen, gelang nach dem mit einer Bewährungsstrafe abgeschlossenen Prozess doch noch die Resozialisierung der jungen Straftäterinnen. Sie absolvierten ein Anti-Aggressionstraining und kehrten ins Berufsleben zurück.

Hauptstraftaten bei Jugendlichen sind Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Diebstähle und Beleidigungen. Zugenommen haben in jüngster Zeit Handy-Diebstähle sowie Delikte im Internet, vor allem Bedrohungen und Mobbing in sozialen Netzwerken. Insgesamt ist in Deutschland die Zahl der Jugendstrafsachen leicht rückläufig. Dadurch ist eine intensivere Betreuung im Einzelfall möglich.