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28.10.2008

Zwei seltene Glücksfälle

Triers früherer Bürgermeister Ludwig Karl Gottbill und seine Frau Anna Ka-tharina werden von Restaurator Dimitri Bartashevich ins rechte Licht gerückt.
Triers früherer Bürgermeister Ludwig Karl Gottbill und seine Frau Anna Ka-tharina werden von Restaurator Dimitri Bartashevich ins rechte Licht gerückt.
Er ist ein wahres Prachtstück: Der braun-beige gemusterte, um 1770 aus Lyoner Seide geschneiderte Herrenanzug des Trierer Bürgermeisters Ludwig Karl Gottbill zählt zu den Höhepunkten des Textilkabinetts im Stadtmuseum Simeonstift. Mit spitzenbesetzter Jacke, Weste und Kniebundhose, nach französischer Art geschnitten, entsprach er genau dem Zeitgeschmack des ausgehenden Rokoko. „Damit hätte sich Gottbill am französischen Hof in Versailles durchaus sehen lassen können“, sagt Museumsmitarbeiterin Sonja Mißfeldt. Das aus sehr kostspieligem Material gefertigte Kleidungsstück zeugt vom Reichtum und vom gesellschaftlichen Selbstverständnis Gottbills, der nicht nur Bürgermeister, sondern auch Besitzer mehrerer Hüttenwerke im heutigen Saarland war.

Kauf durch Förderverein

Der dreiteilige Anzug ist ungewöhnlich gut erhalten. 1984 gelangte er zusammen mit zwei weiteren Westen durch eine Schenkung von Gottbills Nachfahren ins Simeonstift. Ein echter Glücksfall – zu dem jetzt ein weiterer hinzukommt: Der Verein der Freunde und Förderer des Stadtmuseums ermöglichte den Erwerb zeitgenössischer Porträtbilder von Gottbill und seiner Frau Anna Katharina, die sich gleichfalls noch im Familienbesitz befanden. Der Ankauf passt sehr gut in das Konzept des 1990 gegründeten Fördervereins, die Sammlungen des Stadtmuseums durch gezielte Neuerwerbungen mit Bezug zur Stadt und Region Trier zu stärken.

„Es ist äußerst selten, dass die Porträts beider Ehepartner über einen so langen Zeitraum zusammen bleiben“, freut sich Mißfeldt. „Meistens fallen sie nämlich aufgrund von Erbteilungen an unterschiedliche Familienzweige.“ Das Gemälde zeigt Gottbill zwar nicht in dem ausgestellten Anzug, aber in einem ähnlich geschnittenen und sicher auch ähnlich teuren Gewand.

Behutsame Restaurierung

Allerdings befanden sich die von einem unbekannten Künstler stammenden Bilder in restaurierungsbedürftigem Zustand: Vielfach war die Farbschicht gerissen, so dass die Gemälde von einem feinen „Krakelee“ überzogen  waren. Restaurator Dimitri Bartashevich hat die Schäden in dreimonatiger behutsamer Arbeit behoben. „Es geht nicht darum, dass die Werke wieder wie neu aussehen. Ich habe vielmehr die einzelnen Farbplatten fixiert und die Gemälde mit neuem Firniss überzogen, damit der jetzige Zustand noch lange erhalten bleibt“, erläutert er seine Vorgehensweise. Auch den bei einem der Gemälde abgebrochenen Schleifenaufsatz des auffälligen goldenen Rahmens hat Bartashevich erneuert.

Die Original-Porträts des Ehepaars Gottbill bilden nun zusammen mit den kostbaren Kleidungsstücken ein für das Stadtmuseum einzigartiges Ensemble und vermitteln einen lebendigen Eindruck großbürgerlich-trierischen Lebensstils im ausgehenden 18. Jahrhundert.

Zur Person
Ludwig Karl Gottbill wurde am 25. Mai 1731 in Nunkirchen bei Wadern geboren. Er studierte Jura und übte ab den 1750er Jahren verschiedene öffentliche Ämter in Trier aus. Zugleich bemühte er sich um die Erweiterung des familieneigenen Hüttenwerks. 1764 erwarb er das später als Mariahütte bezeichnete Werk an der Prims bei Nonnweiler. Er war verheiratet mit Anna Katharina Doell. Ab 1787 war Gottbill mehrmals Bürgermeister von Trier. Als die französische Revolutionsarmee am 9. August 1794 vor Trier stand, übergab er die Stadtschlüssel an den General Moreaux. Gottbill behielt sein Amt auch unter den neuen Herren bei, allerdings nun unter der Bezeichnung „Maire“. Er starb am 2. November 1799 in Trier. Nach Gottbill ist seit 1975 eine Straße im westlichen Industriegebiet benannt.