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05.12.2006

Zusätzliche Chancen für Hauptschüler

Förderprojekte werden aufgestockt

Der Stadtrat bewilligte einstimmig Zuschüsse für zwei Projekte, die die Chancen benachteiligter Jugendlicher beim Berufsstart verbessern sollen: Für den Ausbau der Berufshilfe beim Palais e. V. stehen 2007 zusätzlich 11.500 Euro zur Verfügung. Dort kann die Personalausstattung um eine halbe Stelle verbessert werden. Das Rathaus finanziert 50 Prozent des Projekts, in dem Hilfen für Jugendliche bis 25 angeboten werden, die ohne Schulabschluss große Probleme bei der Jobsuche haben. Viele müssen überhaupt erst einmal motiviert werden, sich an einem Eingliederungskurs zu beteiligen.

Anfang 2007 wird außerdem an den Hauptschulen Zewen, Theodor-Heuss und Cusanus jeweils eine halbe Sozialarbeiter-Stelle eingerichtet. Für dieses Projekt, für das ebenfalls der Palais e.V. verantwortlich ist, stellt das Rathaus 30.000 Euro zur Verfügung. Das Land übernimmt zwei Drittel der Kosten. Durch die Sozialarbeit werden Hauptschüler, die oft besonders große Schwierigkeiten bei der Lehrstellensuche haben und von denen relativ viele ausländischer Herkunft sind, frühzeitig gefördert.

Die drei Hauptschulen hatten zu­nächst jeweils eine ganze Sozialarbeiter-Stelle beantragt. Außerdem hatte die Pestalozzi-Hauptschule, wo das Angebot seit einiger Zeit besteht, eine Aufstockung auf eine Stelle beantragt. Dieser Ausbau ist aber aus Sicht des Rathauses erst möglich, wenn das Land jeweils volle Sozialarbeiterstellen finanziert.

Stimmen der Fraktionen

Norbert Freischmidt bezeichnete für die CDU beide Projekte als sinnvolle Ergänzung, die angesichts vielfältiger Defizite der Schüler und des angespannten Ausbildungsplatzmarktes dringend gebraucht würden. Er attestierte dem Träger Palais e V. eine „solide Arbeit“. Der Ausbau der Jugendberufshilfe und der Schulsozialarbeit verursache „nicht unerhebliche Kosten“, die aber eine „lohnende Investition in die Zukunft“ seien. Bedarf bestehe nicht nur bei Jugendlichen aus sozial schwachem Millieu oder Migranten-Familien. Auch bei anderen Gruppen gebe es teilweise erhebliche Defizite. Die Ausweitung der Sozialarbeit sei eine wichtige Ergänzung zur Arbeit der Lehrer. Von der Erweiterung der Berufshilfe könnten vor allem Jugendliche profitieren, die die Schule abgebrochen hätten.

Für Ingeborg Sahler-Fesel (SPD) ist angesichts einer wachsenden Zahl von Schulverweigerern und 20 Prozent nicht berufsreifer Jugendlicher in den Abschluss­klassen der Bedarf unstrittig. Die Hauptschule werde unter dem Schlagwort „Restschule“ diffamiert, das Eltern und Kinder verunsichere. Spätestens durch den Offenen Brief der Trierer Hauptschulen sei „endgültig klar geworden, wie schwierig die Lage ist.“ Zwar seien bei der Ausweitung der Sozialarbeit nicht alle Wünsche der Hauptschulen erfüllt worden, „aber es ist noch nicht aller Tage Abend“, betonte sie.

Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne gaben zwei Sprecher eine Stellung­nahme ab: Manfred Becker lobte die Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft des Rathauses und der Agentur für Arbeit an der Jugendberufshilfe. „Die Aufstockung dieses Projektes ist aber nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein, der sich weiter zu erhitzen droht“, betonte er. Für Gerd Dahm besteht der Bedarf an der Sozialarbeit nicht nur an den Hauptschulen, sondern ebenso an Gymnasien sowie Real- und Grundschulen. Er kritisierte außerdem die „Stigmatisierung der Hauptschüler und eine zu frühe Separation der Kinder in der vierten Klasse“.

Professor Hermann Kleber (UBM) bezeichnete beide Vorlagen als eine „erste finanzielle Reaktion auf den Brandbrief der Hauptschulen.“ Das reiche aber nicht aus, denn es gebe auch Probleme an anderen Schulen. Zur Verbesserung der Situation seien als Ergänzung auch bauliche Maßnahmen an den Schulgebäuden erforderlich. Das Geld für den Ausbau der Sozialarbeit und der Jugendberufshilfe sei auf jeden Fall sehr gut angelegt.

Thomas Egger (FDP) lobte beide Projekte als „richtigen und wichtigen Ansatz“. Für eine grundlegende Verbesserung der Situation dürfe man sich nicht nur auf die Hauptschulen beschränken: „Bereits in den Grundschulen sind Defizite festzustellen, die ausgeglichen werden müssen.“ Außerdem gebe es bei vielen Jugendlichen einen „Mangel an sozialer Kompetenz und Defizite bei den Bewerbungen“. Perspektivlosigkeit und Kriminalität seien in manchen Fällen sehr eng miteinander verbunden.