Sprungmarken
10.11.2015

Zuerst die Fenster sichern

Elmar Esseln
Elmar Esseln, Leiter des Präventionszentrums im Poliziepräsidium Trier.
Alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Einbruch begangen oder versucht, Tendenz steigend. Die Kriminalstatistik für Rheinland-Pfalz verzeichnet für die ersten neun Monate des Jahres 5202 Wohnungseinbrüche, ein Plus von 17,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neben dem materiellen Schaden ist oft auch die psychische Belastung für Einbruchsopfer gravierend, die mit dem Bewusstsein leben müssen, dass Fremde in ihre Privat- und Intimsphäre eingedrungen sind.

Um die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema weiter zu stärken, veranstalteten der Kriminalpräventive Rat und das Polizeipräsidium einen Informationsabend im Kurfürstlichen Palais. Beigeordneter Thomas Egger, der stellvertretende Polizeipräsident Franz-Dieter Ankner und ADD-Präsidentin Dagmar Barzen als Gastgeberin begrüßten dazu rund 60 Gäste. „Das subjektive Sicherheitsgefühl ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität und Attraktivität unserer Stadt. Kriminalprävention ist daher eine vordringliche kommunale Aufgabe“, betonte Egger. Hauptreferent war Elmar Esseln, Leiter des Präventionszentrums im Polizeipräsidium in Trier. Im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) gibt er Tipps, wie der Schutz vor Einbrechern durch private Vorsorge verbessert werden kann.

RaZ: Viele Hausbesitzer verzichten auf eine Einbruchsicherung, weil sie der Meinung sind: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, professionelle Einbrecher lassen sich nicht abschrecken und kommen sowieso überall rein, wenn sie es darauf anlegen. Stimmt das?

Esseln: Ein Blick auf die tatsächlich verübten Einbrüche und Einbruchsversuche ergibt ein anderes Bild. Einbrüche werden in der deutlichen Mehrzahl von Gelegenheitstätern verübt. Das sind Täter, die mit einfachen Mitteln, zum Beispiel einem Schraubendreher, schnell in das Haus oder die Wohnung gelangen, um insbesondere Schmuck und Bargeld zu entwenden. Profis verlegen ihr Tätigkeitsfeld meist auf Firmen und Geschäfte. Gegen Gelegenheitstäter hat man als Hauseigentümer oder Mieter jedoch die Möglichkeit, durch technische Nachrüstung die Gefahr eines Einbruchs deutlich zu minimieren.

Auf welche Beute haben es Gelegenheitstäter in der Regel abgesehen? Wie hoch ist im Schnitt der materielle Schaden?

Gelegenheitstäter rechnen grundsätzlich nicht mit einer hohen Beute.  Ihre Erwartung ist, dass sie ein paar hundert Euro Bargeld und  Schmuckstücke erbeuten könnten. Dies finden sie normalerweise in jedem Haus und in den meisten Wohnungen vor. Daher ist auch die Meinung, dass nur in Häuser eingebrochen wird, die rein äußerlich eine hohe Beute erwarten lassen, falsch.

Was empfehlen Sie Bürgern, die in den Schutz ihres Heims investieren wollen: Sollten sie gleich eine Alarmanlage anschaffen oder sich zunächst um die Sicherung von Türen und Fenstern kümmern?

Wir empfehlen grundsätzlich zuerst die mechanische Absicherung an den Fenstern, Terrassen-, Haus- und Kellertüren. Eine Alarmanlage sollte als Ergänzung angesehen werden. Wie schon der Name aussagt, meldet die Alarmanlage nur den Einbruch, verhindert ihn aber in der Regel nicht.

Was sind die wichtigsten Maßnahmen zur Nachrüstung bei Fenstern, Haus- und Wohnungstüren?

Bei Fenstern oder Terrassentüren empfehlen wir vor allem den Austausch des Beschlages,  und zwar eine Ausstattung mit Pilzkopfzapfen und den entsprechenden Schließteilen rundherum. Dabei sollte man den Schreiner oder Fensterbauer auf den Standard  RC 2 oder höher hinweisen. Weiterhin ist es möglich, das Fensterglas  durch ein durchwurfhemmendes  P4A-Glas zu ersetzen. Die zweite Alternative sind aufschraubbare Nachrüstsicherungen nach DIN 18104, zum Beispiel Zusatzkastenschlösser, Fensterstangenschlösser oder Bändersicherungen. Bei den Haus- oder Wohnungstüren empfehlen wir den nachträglichen Einbau von einbruchhemmenden Einsteckschlössern nach DIN 18251 und die Montage eines Schutzbeschlages. Zusätzlich können im Mauerwerk verankerte Schließbleche das Aufhebeln im Schlossbereich verhindern.

Viele Einbrecher suchen gezielt Häuser, deren Bewohner auf Reisen sind. Welche Regeln sollte man beachten, damit das Haus auch während des Urlaubs einen „bewohnten“ Eindruck macht?

Zuerst sollte man dafür sorgen, dass die Briefkästen und Zeitungsablagen ständig geleert werden und nicht überquellen. Zu vermeiden sind Hinweise zur Urlaubsreise auf dem Anrufbeantworter, bei Facebook oder Whatsapp. Der Eindruck der Abwesenheit sollte auch nicht durch ständig heruntergelassene Rollos bestätigt werden.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man in der eigenen Wohnung einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt?

Grundsätzlich hat jeder ein Notwehrrecht gegenüber einem Einbrecher in den eigenen vier Wänden. Wenn Sie sich jedoch einem flüchtenden Einbrecher in den Weg stellen, wird dieser versuchen, mit allen Mitteln an Ihnen vorbei zu kommen. Dabei kann es passieren, dass er Sie verletzt. Unsere Empfehlung:  Schreien Sie, stellen Sie Öffentlichkeit her. Rufen Sie die Polizei über 110 an und merken Sie sich Kleidung, Aussehen, Alter und die Fluchtrichtung des Einbrechers. Die persönliche Sicherheit ist wertvoller als aller materielle Schaden. Den bekommen Sie durch die Versicherung ersetzt, nicht aber Ihre Gesundheit.

Interview: Ralph Kießling