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12.09.2006

„Wer nicht wählt, darf auch nicht jammern“

Im Profil: Freiwillige Helfer bei der Oberbürgermeisterwahl

Zwei von rund 600 Helfern bei der OB-Wahl: Melanie Melchisedech und Gerhard Kirschbaum.
Zwei von rund 600 Helfern bei der OB-Wahl: Melanie Melchisedech und Gerhard Kirschbaum.
Hilfsbereit sein, den Überblick behalten und sich am Ende ja nicht verzählen: Melanie Melchisedech und Gerhard Kirschbaum wissen genau, was sie zu tun haben, wenn am Sonntag, 24. September, der neue Oberbürgermeister gewählt wird. An diesem Tag werden sie zusammen mit knapp 600 weiteren Helfern in den Trierer Wahllokalen sitzen und darauf achten, dass die Wahlen korrekt und reibungslos über die Bühne gehen.

Beide zögerten keine Sekunde, als sie gebeten wurden, sich freiwillig als Wahlhelfer zu melden. „Für mich war sofort klar, dass ich da mitmache“, sagt Melchisedech, die vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr ein Rundschreiben von OB Helmut Schröer in ihrem Briefkasten fand und sich daraufhin beim Wahlbüro meldete. Die anstehende OB-Wahl ist bereits ihr dritter Einsatz. Ebenso oft hat auch Kirschbaum seinen Platz als Beisitzer im Wahllokal in der Weberbach schon eingenommen. Er erfuhr von einem Bekannten, dass dringend Wahlhelfer gesucht werden. „Ich freue mich, wenn ich helfen kann. Außerdem bin ich Rentner und habe Zeit.“

Freier Sonntag gern geopfert

Zeit ist bei der 28-jährigen Melchisedech eher Mangelware. Dass sie für den Job als Wahlhelferin ihren einzigen freien Tag in der Woche opfern muss, stört sie trotzdem nicht. „Wahlen sind ja nur ganz selten und die paar Stunden Zeit sollte jeder haben“, so die gelernte Floristin, die von montags bis samstags in der Gärtnerei ihrer Eltern in Trier-Nord arbeitet. Einige ihrer Freundinnen können Melchisedechs Engagement jedoch nicht nachvollziehen. „Die zögern teilweise sogar, ob sie überhaupt wählen gehen sollen.“

Diese Einstellung ist für Gerhard Kirschbaum ein Graus. In vier Jahrzehnten hat es der 68-Jährige nie versäumt, seinen Stimmzettel in die Urne zu werfen. Wählen gehöre zu seinen Bürgerpflichten und wer nicht wähle, dürfe hinterher auch nicht jammern. Außerdem sei es wichtig, sich im Vorfeld zu informieren. „Ich habe erschreckende Interviews gesehen, bei denen Menschen auf der Straße gefragt wurden, ob sie zur Wahl gehen. Viele – vor allem Jüngere – haben offensichtlich an gar nichts mehr Interesse.“ Kirschbaum informiert sich nicht nur in den Medien, sondern besucht auch Wahlkampfveranstaltungen, um die Kandidaten persönlich in Augenschein zu nehmen. Argumente seien aber wichtiger als das Auftreten, betont der ehemalige selbstständige Grafiker, der das politische Geschehen seit über 40 Jahren verfolgt.

Spannendes „erstes Mal“

Bei Melanie Melchisedech ist es erst zehn Jahre her, dass sie zum ersten Mal selbst ihre Stimme abgeben durfte. „Ich weiß noch genau, wie ich mit der Karte in der Hand zum ersten Mal mit meinen Eltern ins Wahllokal ging. Das fand ich richtig spannend.“ Als stellvertretende Wahlvorsteherin im Wahllokal in der Geschwister-Scholl-Schule hat sie schon einiges erlebt: Mitteilungsbedürftige, die nach dem Urnengang lauthals ihre eigentlich geheime Wahlentscheidung kundtun, Ratlose, die mit den Kästchen auf ihrem Stimmzettel nicht klarkommen oder Scherzkekse, die lachende Gesichter auf ihren Wahlzettel malen. „Ich frage mich, warum die Leute extra ins Wahllokal kommen und dann ihren Stimmzettel ungültig machen, indem sie ihn beschmieren.“

Wo sie selbst ihr Kreuzchen machen wird, steht für Melchisedech so gut wie fest: „Zu 99 Prozent weiß ich, wem ich meine Stimme gebe“, sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Auch die Entscheidung von Wahlhelfer Kirschbaum ist gefallen. Und beide wünschen sich, dass sie am 24. September in ihren Wahllokalen richtig viel zu tun haben werden.