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27.01.2009

Von Stupsnasen und Pausbacken

Mit viel Fingerspitzengefühl modelliert Rita Simon ein Puppengesicht aus Plastilin.
Mit viel Fingerspitzengefühl modelliert Rita Simon ein Puppengesicht aus Plastilin.
Sie heißen Michel, Tom, Lea, Lilly oder Lukas. Sie sind 50 oder gar 75 Zentimeter groß und sitzen hinter Glas in einer Vitrine des Spielzeugmuseums. In einer Sonderausstellung präsentiert das Museum, das im Mai 20. Geburtstag feiert und bei der Sicherung seiner umfangreichen Sammlung von der städtischen Wirtschaftsförderung tatkräftig unterstützt wurde, Künstlerpuppen von Rita Simon. Vergangene Woche zeigte die Puppenmacherin aus Kernscheid, wie sie arbeitet und die Puppen entstehen. Viel Zeit und Geduld muss sie aufbringen, um jede Puppe individuell zu gestalten.

Seit ihrer Kindheit ist die gelernte Schneiderin und frühere Berufschullehrerin eine leidenschaftliche Puppenliebhaberin. „Ich habe Puppen immer gern gemocht, aber nie gedacht, dass ich selbst welche anfertigen könnte“, sagt Simon. Doch nach ihrer Pensionierung probierte sie es aus und fand Gefallen an der aufwändigen Handarbeit: Vom ersten Entwurf bis zur Einkleidung fertigt sie alles selbst an. Rund 100 bis 150 Arbeitsstunden benötigt die Puppenmacherin, um ein Exemplar fertig zu stellen. Durch die Teilnahme an zahlreichen Seminaren erweiterte sie ihre Fertigkeiten. Sogar einen Preis beim Internationalen Puppenkongress hat sie abgeräumt.

Ähnlichkeit zur „Puppenmutter“

Schon vor dem anfänglichen Modellieren hat Rita Simon ein genaues Bild vor Augen, wie die Puppe später aussehen soll. Dabei ist eines auffällig, wie sie selbst zugibt: Die  meisten ihrer Puppen haben eine Stupsnase und tief liegende Augen und ähneln damit ein bisschen ihrer „Puppenmutter“. „Im Unterbewussten modelliert man immer seinen eigenen Kopf, das habe ich bei mehreren Puppenmachern beobachtet und bei mir ist es ähnlich.“

Das Grundmodell entsteht aus Plastilin, das sich leicht verformen lässt. Mit ein wenig zusätzlicher Knetmasse entsteht schnell ein Paar Pausbacken. Die Konturen zeichnet Simon sorgfältig mit einem Stift nach. Nach dem Modellieren, erklärt die Puppenmacherin, wird eine Negativform aus Gips hergestellt, die sie schließlich mit flüssigem Porzellan füllt. Nach eineinhalb Tagen lässt sich das Porzellan weiterverarbeiten. Vorsichtig öffnet Simon während der Vorführung eine Gipsschale und ist selbst gespannt, was sich darunter verbirgt: „Es klappt nicht immer auf Anhieb, doch der Kopf ist ganz gut gelungen.“

Mit Skalpell und Pinsel

So lange das Porzellan noch nicht richtig trocken ist, müssen weitere Arbeitsschritte folgen. Mit Skalpell, Schwamm und Pinsel wird der Kopf weiter verfeinert, bis eine ebene Fläche entsteht. Vorsichtig werden die Augen ausgeschnitten. Nach dem ersten Brennvorgang bei rund 750 Grad kann Simon letzte Korrekturen vornehmen. Anschließend wird es bei mehr als 1200 Grad fünf bis sieben Stunden gebrannt. Dabei schrumpft das Porzellan um etwa 20 Prozent. Erst danach geht es ans Zeichnen. Auch den mit Watte und Draht gefüllten Körper und die Kleidung näht sie selbst. Haare und Augenbrauen werden aus Echthaar gemacht.

Nachdem sie so viel Arbeit in die Herstellung gesteckt hat, fällt es ihr oft schwer, die Puppen wegzugeben: „Das ist ein bisschen wie bei Kindern, die gibt  man auch nicht gerne ab“, sagt sie. Auch besondere Lieblinge hat sie unter ihren „Kindern“: Besonders viel bedeuten ihr die Puppen, die sie nach den Vorbildern ihrer Enkel angefertigt hat. „Die gebe ich nicht her, außer an meine Enkel selbst.“
  • In zusätzlichen Vorführungen am Mittwoch, 11. Februar, 15 Uhr, und Mittwoch, 18. März, 11 Uhr, wird Rita Simon weitere Arbeitsschritte, wie das Zeichnen, im Spielzeugmuseum, Dietrichstraße 51, demonstrieren.