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28.10.2008

Viele haben damals weg geschaut

Das Bild zeigt die Trierer Synagoge in der Zuckerbergstraße im Jahr 1944. Wie viele andere jüdische Gotteshäuser wurde sie in der Pogromnacht 1938 geschändet. An den Standort erinnert heute eine Gedenkstele.
Das Bild zeigt die Trierer Synagoge in der Zuckerbergstraße im Jahr 1944. Wie viele andere jüdische Gotteshäuser wurde sie in der Pogromnacht 1938 geschändet. An den Standort erinnert heute eine Gedenkstele.
Mit einer Reihe von Veranstaltungen wird am 9. und 10. November an den 70. Jahrestag der Pogromnacht von 1938 erinnert. Auch in Trier wurde damals die Synagoge am Zuckerberg von den Nationalsozialisten geschändet, der Innenbereich zerstört und Thora-Rollen in Brand gesetzt. Zudem wurden jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstört und geplündert. Über 100 jüdische Bürger wurden verhaftet und in das Gefängnis in der Windstraße gebracht. Die Ereignisse vor 70 Jahren bildeten den Auftakt der „Arisierung“. Dieser systematischen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten fielen bis 1945 sechs Millionen Juden unter unsäglichen Leiden zum Opfer.

In Trier haben sich auf Einladung von Oberbürgermeister Klaus Jensen verschiedene Vereine und Institutionen zusammen getan, um mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf den 70. Jahrestag der Pogromnacht und auf den Nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar hinzuweisen. Die Erinnerungs-Angebote sind in einem Folder aufgelistet, der an verschiedenen Stellen in der Stadt ausliegt und beim Amt  für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Telefon 0651/718-1139) erhältlich ist.

Gedenkfeier im Rathaussaal

Die offizielle Gedenkfeier der Stadt findet am Sonntag, 9. November, 11 Uhr, im Großen Rathaussaal, Am Augustinerhof statt. Dabei werden Oberbürgermeister Klaus Jensen und der Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde, Benz Botmann, sprechen. Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums gestalten die Feier, zu deren Teilnahme die Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen sind. Zuvor findet um 9.30 Uhr ein Ökumenischer Gottesdienst in der Konstantin-Basilika statt. Für 12.15 Uhr ist an der Gedenkstele Zuckerberg, dem Standort der früheren Synagoge, eine Kranzniederlegung vorgesehen. Auch zu dieser Zeremonie sind die Bürger der Stadt herzlich eingeladen.

Für 13, 14 und 15 Uhr werden vom Stadtmuseum Simeonstift kostenlose Führungen zum Thema „Jüdisches Leben in Trier“ angeboten. Gezeigt werden dabei Exponate der früheren jüdischen Gemeinde sowie Interviews von Trierer Holocaust-Überlebenden aus dem Spielberg-Archiv New York. Zudem wird auf die Ausstellung der Arbeiten des jüdischen Malers Max Lazarus, der die Wandmalereien der zerstörten Synagoge am Zuckerberg ausführte, aufmerksam gemacht. Die Ausstellung ist für 2010 geplant.

Erinnerung an 473 Opfer

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden e. V. bietet unter dem Motto „Sie lebten mitten unter uns“ ab 16 Uhr einen Erinnerungsgang zu den Stätten jüdischen Lebens und Leidens in der Zeit des Nationalsozialismus in Trier an. Treffpunkt ist das Modehaus Sinn & Leffers, Ecke Brotstraße/Fahrstraße.

Von 20 bis 22 Uhr findet am Haus Fetzenreich, Ecke Rindertanzstraße/Sichelstraße eine Lichtaktion „Aus unserer Mitte“ statt. 473 Jüdinnen und Juden aus Trier wurden Opfer des nationalistischen Rassenwahns. Die Namen dieser Menschen werden an die Wand des Haus Fetzenreichs projiziert. Dieses Haus stand in unmittelbarer Nachbarschaft des früheren Bischof-Korum-Hauses, wo sich jüdische Frauen und Kinder vor ihrer Deportation in die KZs und Vernichtungslager einfinden mussten. Die Veranstaltung der AGF und des Stadtarchivs findet bei starkem Regen im Raum 5 der Volkshochschule, am Domfreihof statt.
Noch bis zum 2. November dauert die Ausstellung „Die andere Seite der Welt – 20 Jahre Jugendbegegnungsstätte Auschwitz“ in der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), Willy-Brandt-Platz (Öffnungszeiten Montag bis Freitag, 7 bis 18 Uhr). Am Montag, 3. November, spricht Dr. Rainer Bucher, Professor und Leiter des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie an der Universität Graz, um 19 Uhr im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum, Windstraße, über „Hitlers gnadenlose Theologie – Struktur und Lehren“.

Am Montag, 10. November, referiert Jutta Albrecht über den Raub jüdischen Eigentums im Rahmen der „Arisierungen“ in Trier. Der Vortrag mit Diskussion „Was ist des Unschuldigen Schuld – ‚Arisierungen’ jüdischer Gewerbebetriebe in Trier“ findet um 19.30 Uhr in der VHS, Domfreihof, Raum 5, statt.

In einem Zeitzeugengespräch unterhält sich Dr. Martin Möller am Montag, 10. November, 20 Uhr, im Theater mit dem Bratschisten Zeév Steinberg, der als 15-jähriger 1934 nach Palästina ins Exil gehen musste. Steinberg war später Mitglied des Israel Philharmonic Orchestra und des Israel String Quartet. Das Miyabi-Ensemble aus Kaiserlautern interpretiert einige seiner Kammermusikwerke.