Sprungmarken
21.07.2009

"Versteckte" Bücher keine Seltenheit

Inmitten der historischen Sammlung der Trierer Stadtbibliothek in der Weberbach diskutierten die Experten im Lesesaal.
Inmitten der historischen Sammlung der Trierer Stadtbibliothek in der Weberbach diskutierten die Experten im Lesesaal.
Spätestens seit Umberto Ecos Beststeller „Der Name der Rose“ üben mittelalterliche Bibliotheken auf viele eine besondere Faszination aus. Mit der Erforschung dieser kostbaren Sammlungen beschäftigte sich die dritte Tagung des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums an der Universität Trier (HKFZ) und der Stadtbibliothek. In seiner Begrüßung im Lesesaal in der Weberbach lobte Bibliotheksdirektor Professor Michael Embach das zugrunde liegende Konzept, internationaler Forschung ein regelmäßiges Forum zu bieten und deren Ergebnisse schnell zu publizieren. Er hatte das Programm mit Professor Claudine Moulin, Sprecherin des HKFZ, und Dr. Andrea Rapp (Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren an der Uni Trier) vorbereitet.

Die Rekonstruktion einer Bibliothek bedeutet nach Einschätzung der Experten nicht bloß das Zusammenstellen einst vorhandener Bestände, sondern bietet auch Einblicke in die Bildungsgeschichte, den Wissensaustausch, die Literaturversorgung und die geistige Orientierung früherer Epochen. Die mittelalterliche Bibliothek war niemals ein starres Gebilde, das sich über Jahrhunderte in der einmal etablierten Form erhält. Dynamische Prozesse sind vor allem An- und Verkauf der Bücher, Ein- und Neuordnung, Erhalt und Zerstreuung.

Für die päpstlichen Sammlungen zeigte Dr. Christoph Egger (Wien) in seinem Vortrag, dass sie auch durch gezielte Ankäufe zusammengetragen wurden. Mehrere Referenten stellten außerdem heraus, dass es immer wieder soziale und zeithistorische Einflüsse waren, die zu maßgeblichen Veränderungen führten. Teilweise wurden Bibliotheken durch veränderte Interessen neu geordnet und nicht mehr erwünschte Werke in entlegenen Teilen „versteckt“.

In Handschriften eingetragene Glossen lassen nach Angaben von Falko Klaes (Trier) erkennen, ob sie korrigiert oder kommentiert, für Lehrzwecke oder das Selbststudium genutzt wurde. In einem weiteren Vortrag zeigte Kunsthistoriker und Mediävist Professor Jeffrey F. Hamburger (Harvard University), welche Bedeutung Handschriften und das darin fixierte Wissen haben. Der Akt des Schreibens wird in Illustrationen mitunter sogar als göttliche Tätigkeit dargestellt. Weitere Informationen im Internet: www.hkfz.uni-trier.de .