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27.11.2007

Verfolgte Friedensaktivistin

Erinnerungsarbeit: Schon über 80 Stolpersteine hat Gunter Demnig in das Trierer Gehsteigpflaster eingefügt.
Erinnerungsarbeit: Schon über 80 Stolpersteine hat Gunter Demnig in das Trierer Gehsteigpflaster eingefügt.
Ihre Spuren verlieren sich in Auschwitz, Chelmno oder Dachau: Von den mehr als 400 Trierer Juden, die während der Jahre 1933 bis 1945 in die Konzentrationslager deportiert wurden, überlebten nur wenige. Die Orte, an denen sie einst gelebt hatten, drohten in Vergessenheit zu geraten. Doch seit einiger Zeit „stolpern“ Passanten überall in Trier wieder über das jüdische Leben der Vorkriegszeit: Vor den Häusern, in denen früher jüdische Familien wohnten, verlegt der Aktionskünstler Gunter Demnig Pflastersteine mit den eingravierten Namen der Ermordeten in die Gehwege.

Vergangene Woche führte Demnigs Weg, dessen Idee der „Stolpersteine“ auch in vielen anderen Städten aufgegriffen wurde, bereits zum sechsten Mal in den Raum Trier. Die Aktion, die vor Ort von der AG Frieden und dem Kulturverein Kürenz koordiniert wird, begann diesmal in Oberemmel (Jakob und Sophie Herrmann). Anschließend verlegte Demnig „Stolpersteine“ an sechs neuen Stellen in Trier: In der Balduinstraße 10 (Walter, Friederike und Fanny Isay), in der Johannisstraße 10 (Olga Heilbronner), in der Dampfschiffstraße 6 (Bertha Cohen), in der Eurener Straße 73/75 (Alfons Gaber, Franz Jaeger, Rudolf Peter Mayer), Im Schankenbungert 54 (Lina Willinger) und in der Saarstraße 31/32, wo die jüdische Dichterin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin Gertrud Schloss bis 1933 wohnte.

Nach Luxemburg emigriert

Gertrud Schloss wurde 1899 in Trier geboren. Sie entstammte einer alteingesessenen jüdischen Fabrikantenfamilie, die in der Saarstraße Herrenmode herstellte. Nach dem Philosophiestudium in Heidelberg engagierte sich die bekennende Lesbe in der Trierer SPD und in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Sie veröffentlichte einen Gedichtband „Liebeslyrik“ und schrieb das Stück „Ahasver“, das bereits den aufkommenden Nationalsozialismus thematisierte und 1928 am Theater Trier aufgeführt wurde. Schloss entsprach somit gleich mehrfach den Feindbildern der Nazis. Als diese 1933 die Macht ergriffen, zog sie zunächst nach Frankfurt und emigrierte 1939 nach Luxemburg. Dort lebte sie in dem kleinen Dorf Walferdingen. Ein Jahr später aber musste sie hier den Einmarsch der deutschen Wehrmacht miterleben. Mit ihrem Bruder wurde sie 1941 nach Lodz deportiert und zwischen Januar und Mai 1942 im Vernichtungslager Chelmno ermordet.

Nach der jüngsten Aktion gibt es bereits über 80 Stolpersteine im Raum Trier. Das Projekt soll fortgesetzt werden – „theoretisch so lange, bis wir allen verschleppten und ermordeten Juden ein Denkmal gesetzt haben“, sagt Thomas Schnitzler von der AG Frieden.