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19.03.2024

Verborgene Schätze aus den Regalen geholt

Nahaufnahme eines Bucheinbands mit goldenen Ornamenten auf violettem Hintergrund
Zu der Sammlung gehört Vorsatzpapier aus dem 1659 erschienenen Buch „Italia Antiqua“ von Philipp Clüver. Dabei handelt es sich um hochwertiges Bronzefirnispaier. Foto: Wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier, Signatur: He 338

Neben den kostbaren illuminierten Handschriften und prächtigen Einbänden, die Besucherinnen und Besucher in der Schatzkammer bewundern können, verbergen die Bücherregale der Wissenschaftlichen Bibliothek viele Schätze der Buchkunst. In den Magazinregalen versteckt, bilden die mit Leder und Buntpapieren geschmückten Einbände eine besondere Sammlung: bunt, glänzend und sehr vielfältig. Sie stehen im März im Mittelpunkt der Reihe rund um das „Objekt des Monats“.

Heute kauft man im Buchladen ein fertiges Produkt: ein Buch mit passendem Einband. Es war aber nicht immer so. Die Herstellung von Büchern im Mittelalter war eine aufwendige Prozedur. Der Buchbinder stellte für jede Handschrift einen unikalen Einband her, manchmal mit Hilfe des Goldschmiedes und Edelsteinschleifers. Ein Beispiel eines solchen Schmuckeinbandes ist der Deckel des Ada-Evangeliars. Bis ins 18. und frühe 19. Jahrhundert wurden gedruckte Bücher meist im Auftrag ihrer Käufer von Buchbindern neu gebunden.

Der ursprüngliche Pappband eines Buchs, wie er beim Verlag hergestellt wurde, war häufig sehr einfach, da er nicht für die Dauer bestimmt war. Liebhaber ließen bei Buchbindern Einbände nach eigenem Wunsch erstellen. Oft waren mehrere Werke ähnlich stilistisch gebunden, um den Bibliotheksregalen eine ästhetische Homogenität zu verleihen. Die massengefertigten Bücher wurden mit Leder und Schmuckpapieren und einer großen Vielfalt an Techniken in Unikate verwandelt. Brokatpapier, Bronzefirnispapier und Marmorpapier gehörten zu dem breiten Spektrum der Papierveredelungsverfahren, die über Jahrzehnte in Vergessenheit geraten sind und heute wiederendeckt werden, um weitere Generationen der Buchkünstler zu inspirieren.

Die Entdeckung historisch-handwerklicher Techniken ist in den Bibliotheken mit einem großen Fundus an alten Beständen möglich, wie in der Wissenschaftlichen Bibliothek Trier, die sich über Jahrhunderte über großzügige Schenkungen der Bibliophilen aus der Region freuen konnte. Einer der bedeutendsten Trierer Kunst- und Buchsammler war der Richter und Gerichtspräsident Johann Peter Job Hermes (1765-1833). Er stiftete seine rund 22.000 Bände zählende Sammlung – darunter viele Exponate mit kostbaren Einbänden – der Stadtbibliothek Trier.

Ein Beispiel für „Zwischen-den-Deckeln-versteckte“-Schätze, von Staub und Sonnenlicht gut geschützt und daher bis heute hochglänzend, ist das Vorsatzpapier aus dem Buch Italia Antiqua von Philipp Clüver aus der Bibliothek Hermes. Als Tinte bei diesem Druckverfahren diente eine Mischung aus Firnis und Bronzepulver. Zudem wurde als Trägerpapier ein purpurfarbiges Kleisterpapier verwendet. Diese edle Farbmischung und Technik ist fast zu kostbar, um als Vorsatzpapier zu dienen, das hinter dem Buchdeckel verborgen ist. Selbstverständlich ist die ganze Einbanddekoration prächtig: Goldschnitt mit einem dezenten Muster, der Ledereinband mit Vergoldung. pal

Das Buch und weitere farbigen Kostbarkeiten sind in einer kleinen Ausstellung im Foyer der Bibliothek in den drei ersten Aprilwochen zu sehen. Die Präsentation dient als Auftakt der dritten Edition der Buchkunst, einem Projekt der Europäischen Kunstakademie und des Buchbindermeisters Edy Willems, das vom 26. bis 28. April in der Kunsthalle zu erleben ist. Mehr Informationen:  www.buchkunst-trier.eu.