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12.02.2013

Unverdiente Ehrung für Gegner der Demokratie

Die Mehrheit des Stadtrats strebt einen neuen Namen für die Hindenburgstraße an. Als mögliche Alternative haben die Grünen den Namen Synagogenstraße ins Spiel gebracht.
Die Mehrheit des Stadtrats strebt einen neuen Namen für die Hindenburgstraße an. Als mögliche Alternative haben die Grünen den Namen Synagogenstraße ins Spiel gebracht.
Paul von Hindenburg als Namenspatron? Für die Mehrheit des Stadtrats ist diese Ehre für den Generalstabschef im Ersten Weltkrieg und späteren Reichspräsidenten nicht mehr angemessen. Angestrebt wird deshalb, für die Hindenburgstraße, die den Alleenring mit dem Viehmarktplatz verbindet, einen anderen Namen zu finden. Bereits 2009 war das frühere Hindenburg-Gymnasium in Humboldt-Gymnasium umbenannt worden.

Die verhängnisvolle Rolle Hindenburgs (1847-1934) in der deutschen Geschichte ist heute weitgehend unumstritten. Der preußische General übte bereits im Ersten Weltkrieg als Chef der Obersten Heeresleitung diktatorische Vollmachten aus und war in den Nachkriegsjahren maßgeblich an der Verbreitung der „Dolchstoßlegende“ beteiligt, mit der die Gründungsväter der Weimarer Republik des Landesverrats bezichtigt wurden. 1925 wurde er als Kandidat der anti-demokratischen Rechten zum Reichspräsidenten gewählt.

Ab 1930 regierte Hindenburg mit Notverordnungen und setzte damit die demokratischen Spielregeln teilweise außer Kraft. Bei seiner Wiederwahl 1932 wurde er als einziger aussichtsreicher Gegenkandidat Hitlers zwar auch von der SPD unterstützt. Dennoch ernannte er am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler und ermöglichte damit die bald unumschränkte Machtübernahme der NSDAP. Die Aufhebung der Grundrechte des deutschen Volks durch die Notverordnungen vom Februar 1933 ist mit dem Namen Hindenburg verbunden.

Nachdem die Umbenennung der Straße 2008 noch abgelehnt worden war, befasste sich der Stadtrat jetzt auf Antrag der Grünen erneut mit dem Thema. „Geschichte lässt sich nicht verändern, aber man kann Entscheidungen korrigieren. Hindenburg taugt nicht für eine Straßenbenennung in einer demokratischen und weltoffenen Stadt“, begründete Reiner Marz den Vorstoß, der schließlich mit den Stimmen von SPD, Grünen, FWG und Linken angenommen wurde. CDU und FDP lehnten den Antrag bei einer Enthaltung ab.

Mit dem Beschluss soll auch eine „öffentliche Auseinandersetzung mit der Rolle der Stadt Trier in der jüngeren deutschen Geschichte“ eingeleitet werden. Die endgültige Entscheidung über die Umbenennung soll erst nach einer Anhörung der Anwohner und einem Votum des Ortsbeirats Mitte/Gartenfeld getroffen werden. Als eine mögliche Alternative brachte Marz den Namen Synagogenstraße ins Spiel. Das Gotteshaus der jüdischen Gemeinde befindet sich an der Ecke Hindenburg-/Kaiserstraße.

SPD-Sprecherin Carola Siemon signalisierte uneingeschränkte Unterstützung für die Umbenennung der Straße: „Hindenburg ebnete der Hitler-Diktatur den Weg und verdient deshalb diese Ehre nicht.“ Dem stimmte auch Christiane Probst (FWG) zu. Sie interpretierte den Beschluss aber eher als Prüfauftrag und erinnerte an das „ureigene Recht der Ortsbeiräte“ bei der Straßenbenennung.

Auch für die CDU stehen die historischen Fehlleistungen Hindenburgs außer Frage. Zugleich, so Dorothee Bohr, gelte aber der Grundsatz, Umbenennungen von Straßen auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken. In jedem Fall müssten die Interessen der Anlieger berücksichtigt werden. „Trier hat dringendere Probleme“, betonte auch Joachim Gilles (FDP). Es sei zu befürchten, dass mit der Hindenburgstraße eine Lawine ausgelöst werde, da es „noch viele Umbenennungskandidaten“ in Trier gebe.

OB Klaus Jensen votierte im Namen des Stadtvorstands für den Antrag. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Hindenburg ein Gegner der Demokratie war. Vor diesem Hintergrund kann man es niemanden erklären, dass wir zwar eine Schule umbenennen, die Straße aber nicht.“