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07.10.2008

Ungebrochene Produktivität

Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (rechts) gratuliert Dieter J. J. Sommer zur Verleihung des Ramboux-Preises 2008. Im Hintergrund mehrere Arbeiten des Trierer Künstlers aus der Serie „Ikea-Girl“.
Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (rechts) gratuliert Dieter J. J. Sommer zur Verleihung des Ramboux-Preises 2008. Im Hintergrund mehrere Arbeiten des Trierer Künstlers aus der Serie „Ikea-Girl“.
Mit Dieter J. J. Sommer geht der Ramboux-Preis 2008 an einen Künstler, der eine große stilistische Vielfalt zum Prinzip erhoben und einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, die Kulturstadt Trier in den letzten Jahrzehnten „lebendig und vital“ zu halten. Das betonte Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink, als er Sommer die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung der Stadt Trier für sein Lebenswerk im Stadtmuseum Simeonstift überreichte.  Der nach einem bekannten Trierer Künstler des 19. Jahrhunderts benannte Ramboux-Preis wird seit 1961 an einen Nachwuchskünstler oder für ein Lebenswerk verliehen.

Im Stadtmuseum ist bis 16. November eine Ausstellung mit Papierarbeiten Sommers aus den letzten Jahren zu sehen, die von einer ungeheuren Produktivität zeugen. Das ist um so bemerkenswerter, so Laudator Dr. Markus Kirschbaum, da Sommer 1992 schwer erkrankte: Seine Stimmlosigkeit direkt nach der großen Operation habe aber nicht zu einer Sprachlosigkeit des Geistes geführt, betonte der Koblenzer Historiker, der Sommer seit seiner Kindheit kennt. Quellen der enormen Schaffenskraft trotz der Krankhkeit seien Sommers Hingabe an die Kunst, „aber auch Zorn und Anarchie“. Kirschbaum verwies auf das vielfältige politische Engagement des 70jährigen und hob seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit hervor: „Das ist typisch für die mitten im Zweiten Weltkrieg geborene Generation.“

Serie zum „Decameron“

Sommer, der sich auch durch Mut zur Wahrhaftigkeit und Neugierde auszeichne, sei immer offen für vielfältige Inspirationen gewesen. Für den Künstler wurde die epochale Entdeckung der Zentral-Perspektive in der früheren Renaissance nur noch übertroffen durch die Erfindung der kubistischen Perspektive durch Picasso und Braque. In deren Tradition „löst sich auch Sommer vom Naturvorbild und abstrahiert sowohl die Farbe als auch Formen“, erläuterte Dr. Bärbel Schulte vom Stadtmuseum Simeonstift als Kuratorin der Ausstellung. Wie Picasso ist Sommer ein „Serientäter“ im positivsten Sinne des Wortes: In der Ausstellung hängen  unter anderem mehrere Interpretationen zum „Decameron“ von Giovanni Boccaccio, einer berühmten Novellen-Sammlung des 14. Jahrhunderts.

„Bemerkenswert ist die Technik, mit der einige der Arbeiten gefertigt wurden. Neben Bleistift-, Kreide- und Buntstiftzeichnungen finden sich auch Papierschnitte, für die einzelnen Formen aus farbigem Papier gerissen oder geschnitten wurden. Collageartig werden sie neben- und übereinander auf den Bildträger geklebt und mitunter durch Zeichnungen ergänzt“, betonte die Kuratorin. Sommers Zeichnungen zeichneten sich aus durch einen „Zauber des Flüchtigen und Unmittelbaren.“

Mitbegründer der Kunstakademie

Sommer wurde 1938 in Trier geboren. Schon als 14jähriger dekorierte er Schaufenster, bevor er eine Ausbildung in Malerei und Graphik an der Werkkunstschule begann. Danach war er als Art-Director für Werbeagenturen tätig. 1976 ging er als Dozent an die Académie Européenne Libre des Beaux Arts in Luxemburg. Im gleichen Jahr erhielt Sommer erstmals den Ramboux-Preis als Nachwuchskünstler. Seitdem waren seine Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen zu sehen.
 
Um die Trierer Kulturszene hat er sich unter anderem als Mitbegründer der Europäischen Kunstakademie verdient gemacht. Viele Trierer kennen Sommers Entwürfe für eine Papiertüten-Edition der Werbegemeinschaft, die 1997 entstanden, sowie einen Keramik-Teller zur großen Konstantin-Ausstellung zehn Jahre später. Sommer war mit vielen Trierer Künstlern eng befreundet: Peter Krisam, sein Lehrer an der Werkkunstschule, sowie Jakob Schwarzkopf, Hans Karl-Schmitt und Erich Kraemer.

Zur Verleihung des Ramboux-Preises 2008 macht das Stadtmuseum Kunstfreunden ein besonderes Angebot: Sommers Lithographie „Hundert
Euro-Blatt“, deren Name sich an eine berühmte Rembrandt-Radierung anlehnt, ist mit zwei Motiven in limitierter Auflage für 100 Euro im Shop erhältlich.