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10.02.2009

Überraschendes Wiedersehen

Christine Reiter-Ehrmann ist froh, ihren Entwurf im Stadtmuseum wieder gefunden zu haben.
Christine Reiter-Ehrmann ist froh, ihren Entwurf im Stadtmuseum wieder gefunden zu haben.
30 Jahre lang war er in einer Kiste im Keller der Trierer Fachhochschule versteckt, jetzt kann man ihn im Museum bewundern: Der bunte Anzug mit seinem weiten Schnitt und dem auffälligem Muster ist ein typisches Beispiel für die Mode der 70er Jahre. Zu sehen ist er derzeit in der aktuellen Sonderausstellung des Stadtmuseums Simeonstift.

Unter den Gästen bei der Eröffnung der Schau war auch Designerin Christine Reiter-Ehrmann, frühere Studentin an der Werkkunstschule und heute Dozentin im Fachbereich Modedesign. Als sie den Trakt mit dem langen Laufsteg betrat, traute sie ihren Augen kaum: Unter den Ausstellungsstücken befindet sich ihre Semesterarbeit aus dem Jahr 1972. „Ich war so überrascht, aber auch richtig froh, den Anzug hier zu sehen“, berichtet Reiter-Ehrmann. „Ich wusste ja gar nicht, was aus meinen Entwürfen geworden ist.“

Da die Kleidungsstücke Prüfungsleis-tungen darstellten, verblieben sie im Besitz der Fachhochschule. „Nach dem Abschluss haben uns die alten Entwürfe ja auch nicht mehr interessiert, da wollten wir Neues ausprobieren“, erinnert sich die 57jährige. „Aber heute ist es schön zu sehen, dass der Anzug erhalten ist und sogar  ausgestellt wird.“

Spektakulärer Entwurf

Der bunte, transparente Stoff, die breiten Kimono-Ärmel und der große Schlag an den Hosenbeinen: Der Entwurf ist ein typisches Beispiel für die Mode der 70er Jahre. Als er Anfang des Jahrzehnts entstand, war er jedoch geradezu revolutionär. „Ich war die Erste in Trier, die sich damals mit solch einem transparenten Stoff und ohne BH auf den Laufsteg getraut hat, das war schon spektakulär“, erinnert sich Christine Reiter-Ehrmann. „Da habe ich vorher schon ein bisschen rote Ohren bekommen.“ Etwa 150 Zuschauer verfolgten die Schau in der Aula der damals frisch gegründeten Fachhochschule, darunter auch zahlreiche offizielle Vertreter der FH und der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik. „Wir waren schon ziemlich progressiv damals“, sagt die Designerin augenzwinkernd und betrachtet die eleganten Roben, die ebenfalls auf dem Laufsteg im Stadtmuseum zu sehen sind. „Diese wunderschönen Modelle, die unsere Vorgänger entworfen hatten, waren für uns ganz furchtbar old-fashioned.“

Nach ihrem Abschluss 1973 arbeitete die gelernte Schneiderin zunächst in Stuttgart und später in Frankfurt als Designerin. Vor drei Jahren kehrte sie zurück nach Trier und lehrt nun an der Fachhochschule, wie Entwürfe für die Industrie gefertigt und realisiert werden. Gerne erinnert sie sich zurück an ihre eigene Studentenzeit. „Ich hatte eine wunderschöne und aufregende Zeit an der Werkkunstschule“, sagt Reiter-Ehrmann. „Wenn ich den Anzug anschaue, fühle ich mich zurückversetzt und die Zeit und die Freunde, mit denen man sie verbracht hat, kommen mir wieder in den Kopf.“ Daher ist sie froh und auch stolz, ihren Anzug im Museum wieder gefunden zu haben. Mit Freunden und Familie hat sie ihn schon öfters besucht.

  • Die Ausstellung „Rendezvous auf dem Laufsteg – 50 Jahre Trierer Mode, 50 Jahre Barbie“ ist noch bis Anfang August im Stadtmuseum zu sehen.