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27.11.2007

Über den Menschen Oswald von Nell-Breuning

Der in Trier geborene Jesuitenpater und Sozialethiker Oswald von Nell-Breuning (1890 bis 1991) gilt als eine der großen Persönlichkeiten des zurückliegenden Jahrhunderts. Zur Erinnerung an den „Nestor der Katholischen Soziallehre“ verleiht die Moselmetropole seit 2003 alle zwei Jahre ihren „Oswald von Nell-Breuning-Preis“. Über den Trierer Ehrenbürger wurde im Paulinus Verlag ein Buch von Johannes Arnold mit dem Titel „Oswald von Nell-Breuning: Anekdoten – Erinnerungen – Originaltexte“ herausgegeben. Nell-Breuning galt nicht gerade als „großer Kommunikator“, doch das 300 Seiten starke Werk ist der beste Beleg dafür, wie sehr der Gelehrte, der sich von keiner Seite vereinnahmen ließ, stets Aufhorchenswertes zu äußern wusste und sei es über die kleinen, zuweilen ganz banalen  Dinge des Alltags. Zwischen angeblich bedeutenden und vermeintlich unbedeutenden Mitmenschen hat er dabei nicht unterschieden.

Knapp und sachorientiert

In dem Buch über Nell-Breuning, über dessen Leben und Werk es nach wie vor keine umfassende Biographie gibt, äußern sich Prominente und weniger bekannte Zeitgenossen, darunter viele  mit dem Pater im Stillen wirkende Weggefährten, über den Menschen, Priester und Ordensmann. Über ihn gab es so manche Erinnerungen oder Anekdoten, die bislang nur mündlich überliefert waren. Seine Bemerkungen waren stets knapp und sachorientiert, mit sparsamen trockenem Humor gewürzt und nicht selten auch schroff. Mit der jetzt erstmals erstellten Sammlung, die eine immense Recherchierleistung darstellt, eröffnet sich zugleich ein differenziertes menschliches Bild über den Gelehrten, der über Jahrzehnte die Inhalte der Katholischen Soziallehre prägte und mit vielen hochrangigen Funktionsträgern als geschätzter Berater zusammentraf.

Zu den Autoren der für die Sammlung teilweise eigens verfassten Beiträge gehören die Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl, die ehemaligen Ministerpräsidenten Holger Börner, Bernhard Vogel und Kurt Biedenkopf, die Bundesminister a. D. Norbert Blüm und Hans-Jochen Vogel sowie der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Zahlreiche kirchliche Würdenträger kommen zu Wort, aber auch geistliche Weggefährten ohne großen Rang und Namen, darunter ehemalige Studenten der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt und die Ordensschwestern, mit denen Nell-Breuning über Jahrzehnte verbunden war.

Der Text-Band berücksichtigt auch einige Originalbeiträge Nell-Breunings, darunter sein letztes großes Interview anlässlich des 100. Geburtstags des großen Trierer Ehrenbürgers, der 1991 in der Umgebung seiner langjährigen Wirkungsstätte in Frankfurt starb.

Wer sich mit Oswald von Nell-Breuning befasst, kommt an dieser ungewöhnlichen Sammlung über den bemerkenswert unprätentiösen Jesuitenpater nicht vorbei.  

Oswald von Nell-Breuning: Anekdoten – Erinnerungen – Originaltexte,
herausgegeben von Johannes Arnold, Paulinus-Verlag GmbH Trier, ISBN 978-3-790-2-1622-6, 12,90 Euro.