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22.12.2009

Trier hat ersten Bürgerhaushalt

Euro-Scheine
Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit  (SPD, Grüne, FDP, Linke und die Mehrheit der CDU stimmten dafür, UBM und NPD dagegen) den städtischen Haushalt 2010 verabschiedet, der von Einnahmen in Höhe von rund 233 Millionen und Ausgaben von über 299 Millionen Euro ausgeht. Der „Jahresfehlbedarf“ der Stadt liegt bei 66,6 Millionen Euro. Davon entfallen auf Abschreibungen 30,4 Millionen Euro, 36 Millionen fehlen, um die laufenden Ausgaben zu decken. Im Vergleich zum Haushaltsplan-entwurf wurden 600 000 Euro „eingespart“, insgesamt drücken die Stadt zum Jahresende 575 Millionen Euro Schulden, für die jährlich 20,2 Millionen Euro Zinsen gezahlt werden müssen.

Wichtige Investitionen

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen haben die Fraktionen Investitionen in Höhe von 44, 4 Millionen Euro beschlossen. Eindeutiger Schwerpunkt bildet mit fast 12,8 Millionen Euro (30 Prozent) dabei der Schulbereich, dicht gefolgt von Investitionen in den Bereichen Jugend, Familie und Gesundheit (12,1 Millionen Euro). In die Stadtteile gehen über das Projekt Soziale Stadt 400 000 Euro nach Trier-Nord und eine halbe Million Euro nach Trier-West. In die Sanierung und Umnutzung der Gneisenaukaserne (Haus des Jugendrechts, Studentenwohnheim) fließen 4,3 Millionen, für die städtebaulich relevanten Entwicklungsmaßnahmen Tarforster Höhe und Petrisberg sind knapp zwei Millionen Euro veranschlagt.

Größter Ausgabeposten im Trierer Rathaus sind traditionell die Personalkosten für die rund 1 300 Beschäftigten (71 Millionen Euro), gefolgt von den Aufwendungen für soziale Leistungen (39,2 Millionen Euro). Leistungen der Grundsicherung sind mit 24,3 Millionen Euro, die
Unterhaltung von Straßen, Plätzen, baulichen Anlagen mit 12,1 Millionen Euro veranschlagt.

Erfolgreiches Verfahren

Erstmals haben die Bürger den Haushalt der Stadt Trier direkt mitbestimmt. 1 539 Trierer beteiligten sich über das eigens eingerichtete Onlineportal mit Verbesserungs- und Sparvorschlägen und machten den ersten Trierer Bürgerhaushalt hinsichtlich der Beteiligung zu dem bisher erfolgreichsten Verfahren dieser Art in Deutschland. Alle 58 Sparideen, 51 Einnahmevorschläge und die 50 bestbewerteten Ausgabe- und kostenneutralen Vorschläge wurden jetzt vom Steuerungsausschuss und Rat geprüft und behandelt. Vorläufige Bilanz: 32 Vorschlägen stimmte der Rat zu, 13 sind bereits umgesetzt, 33 werden geprüft, 24 Vorschläge lehnte der Rat ab.

In knapp zwei Stunden war der Haushalt 2010 der Stadt Trier unter Dach und Fach. Zum einen sorgte die vorab vereinbarte Zeitbegrenzung auf jeweils 15 Minuten pro Redner für eine zügige Sitzung, zum anderen war der Etat schon in mehrtägigen Klausursitzungen der Fraktionen und im Steuerungsausschuss ausgiebig behandelt worden. Die öffentliche Ratssitzung brachte dann aber doch einige Überraschungen. Zwar beklagten alle Fraktionen gemeinsam angesichts der gewaltigen Schuldenlast die immer geringer werdenden Gestaltungsmöglichkeiten des Rates und forderten unisono eine Verbesserung der als völlig unzureichend empfundenen finanziellen Ausstattung der Kommunen, die daraus resultierenden Schlussfolgerungen waren aber durchaus unterschiedlich.

Aus der Debatte im Stadtrat

Für die CDU kritisierte Berti Adams vor allem die fehlenden Möglichkeiten der Fraktionen, am Entwurf des Haushaltes mitzuarbeiten. Angesichts wegbrechender Steuereinnahmen vermisse er das Thema Wirtschaftsförderung. Der richtige Ansatz sei, mit attraktiven Angeboten Nachfrage zu schaffen und so Steuereinnahmen zu generieren. Kritische Anmerkungen machte Adams auch in Richtung der doppischen Haushaltsführung. „Die viel beschworene Transparenz und höhere Differenzierung ist für uns nicht ersichtlich.“ Seine Fraktion werde dem Haushalt nur mehrheitlich zustimmen.

Angesichts des hohen Defizits bezeichnete SPD-Fraktionschef Sven Teuber den Haushalt als „Mahnung an Land und Bund“, an die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu denken und diese in den nächsten Jahren finanziell aufzuwerten. Trotz des „extrem eingeschränkten“ Handlungsspielraums sei es seiner Fraktion in gewissem Umfang gelungen, ein „Mehr an Bildung und Sozialem zu ermöglichen“, etwa durch die Erhöhung der Lehrmittel für besonders benachteiligte Schulen oder durch die Bereitstellung von Mitteln für die Einstellung eines weiteren Streetworkers.

Die Zustimmung von Bündnis 90/Die Grünen begründete Anja Matatko vor allem damit, dass ihre Fraktion deutliche Akzente setzen konnte. Als Beispiele nannte sie die neue Ampel mit Fußgängerübergang an der Zurmaiener Straße, die Bewilligung von 50 000 Euro zur Entwicklung eines städtischen Wohnraumkonzepts sowie 40 000 Euro für einen zusätzlichen Streetworker in der Jugendarbeit. Leider seien gegen den Willen ihrer Fraktion Gelder für die ADAC-Rallye sowie den Ausbau der Bitburger Straße bewilligt worden. Die Grünen-Sprecherin sprach sich mit Blick auf die Haushaltsberatungen 2011 für eine verstärkte dezernatsübergreifende Zusammenarbeit, frühzeitige Eckwerte und eine intensivere Diskussion des Bürgerhaushalts aus.

„Wir sind der Ansicht, dass dieser Haushalt nicht genehmigungsfähig ist“, begründete Christiane Probst, UBM, die Ablehnung des Etats durch ihre Fraktion. Sie forderte mehr finanzpolitische Vernunft und kritisierte die veranschlagten Planungsmittel für „unrealistische“ Verkehrsprojekte, zu denen sie die Regionalbahnhaltepunkte, den Neubau der Aulbrücke und den Petrisbergaufstieg zählte. Um ein langfristiges Entschuldungskonzept zu erstellen, habe die UBM die Einsetzung einer ganzjährig tagenden „Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung“ beantragt. Positiv wertete Probst unter anderem die deutlichen Investitionsschwerpunkte im Bereich Schule und Bildung.

FDP-Fraktionschef Thomas Egger lobte den Haushalt 2010 unter anderem für die „deutliche Anhebung“ der Zuschüsse im Jugend- und Sozialbereich um 350 000 Euro und die Bereitstellung von weiteren 60 000 Euro, die die Tourist-Information in dringend erforderliche Marketingprojekte investieren könne. Er begrüßte auch die Bereitstellung von weiteren 100 000 Euro, um die Regionalbahn und die Anbindung der Höhenstadtteile voranzubringen. Egger forderte mehr Transparenz und Effizienz bei der Doppik, beim Bürgerhaushalt und bei künftigen Etatberatungen. Nur so könnten die Folgekosten einzelner Beschlüsse besser abgeschätzt und die Motivation der Bürger für eine Mitwirkung verbessert werden.

Der Sprecher der Fraktion Die  Linke, Dr. Johannes Verbeek, erklärte, dass man nicht zuletzt aufgrund der undurchsichtigen Struktur des Etats darauf verzichtet habe, ,,eigene Vorschläge für eine Umgestaltung zu formulieren“. Allerdings kündigte Verbeek an, für kommende Haushalts-Runden verstärkt Forderungen des eigenen Programms in die Diskussion einzubringen. Seine Fraktion begrüße die Erhöhung der Grundsteuer, da sie die Einnahmeseite der Stadt etwas verbessere.