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22.11.2016

Theater: Hoffen auf einen Neuanfang

Nicht alle Wünsche lassen sich erfüllen, selbst wenn man seine Seele dem Teufel vermacht. Davon handelt Goethes Universaldrama „Faust“, das in der Inszenierung von Ronny Jakubasck weiter auf dem Spielplan des Theaters steht. Die nächsten Möglichkeiten, den Klassiker zu erleben, gibt es am 27. November sowie 10. und 28. Dezember. Foto: Edouard Olszewski
Nicht alle Wünsche lassen sich erfüllen, selbst wenn man seine Seele dem Teufel vermacht. Davon handelt Goethes Universaldrama „Faust“, das in der Inszenierung von Ronny Jakubasck weiter auf dem Spielplan des Theaters steht. Die nächsten Möglichkeiten, den Klassiker zu erleben, gibt es am 27. November sowie 10. und 28. Dezember. Foto: Edouard Olszewski
Die 15-monatige Ära von Generalintendant Dr. Karl M. Sibelius am Trierer Theater ist beendet: Der Stadtrat beschloss am vergangenen Donnerstag im Rahmen eines Vergleichs die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses zum Monatsende. Sibelius erhält eine Abfindung von 300.000 Euro. Jetzt sind, so Oberbürgermeister Wolfram Leibe, alle Bemühungen darauf ausgerichtet, mit neuen Perspektiven das Theater wieder nach vorne zu bringen und seine Existenz zu sichern.

Für die Vertragsauflösung stimmten in der nichtöffentlichen Sitzung 42 Ratsmitglieder. Es gab eine Nein-Stimme und vier Enthaltungen. Sibelius hatte erst im August vergangenen Jahres als Generalintendant die alleinige Verantwortung für den künstlerischen und kaufmännischen Bereich des Dreispartenhauses übernommen. Sein derzeitiger Vertrag, der noch im August dieses Jahres erneuert worden war, sah eine Laufzeit bis 2020 vor.

Im Mai wurden erste Budgetüberschreitungen aus 2015 und 2016 bekannt, die sich zwischenzeitlich allein für dieses Jahr auf mindestens 2,3 Millionen Euro ausgeweitet haben. Als Konsequenz durfte Sibelius seit Juni in Finanzangelegenheiten nicht mehr alleine entscheiden. Zur Kontrolle wurden ihm zunächst Kulturdezernent Thomas Egger und später mit Herbert Müller ein Verwaltungsdirektor zur Seite gestellt. Die Folgen des Missmanagements aber wurden immer offensichtlicher, wie auch der von OB Leibe in Auftrag gegebene Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zeigte. Zudem gab es einen dramatischen Einbruch bei den Besucherzahlen.

Prüfungsbericht

Man habe sich von dem Prüfungsbericht ein „eigenes Bild davon machen können, dass es während der kurzen Intendanz von Herrn Dr. Sibelius am Trierer Theater an Führungsqualität, Knowhow, Kompetenz und Professionalität in den unterschiedlichsten Bereichen fehlte“, fasste Dr. Carl- Ludwig Centner (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, seine Eindrücke der 36-seitigen Untersuchung zusammen.

Es habe, so Centner, „erhebliche Defizite im Organisations- und Finanzmanagement mit gravierenden Auswirkungen“ gegeben, die das Ratsmitglied in seiner Stellungnahme wegen der Komplexität und der Vertraulichkeit des Berichts im Einzelnen aber nicht auflistete. Centner beließ es allerdings nicht bei der „ernüchternden Bestandsaufnahme“. Vielmehr komme es jetzt verstärkt darauf an, „die Weichen neu zu stellen“. Funktionierende inhaltliche, personelle und organisatorische Strukturen müssten geschaffen werden, um das Theater zu sichern. Auch hierzu liefere der Bericht wichtige Hinweise, so Centner.

„Blick nach vorne“

Mit dem jetzigen Ratsbeschluss wurde die Verwaltung nach den Theaterturbulenzen der zurückliegenden Monate ermächtigt, die für die Vertragsauflösung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Mit einem baldigen Neustart hoffen Rat und Verwaltung, das Image des Theaters wieder aufbessern zu können. Dies ist auch im Hinblick auf die derzeit noch ungeklärte Frage einer unverzichtbaren Sanierung des maroden Theatergebäudes dringend erforderlich.

„Der gemeinsame Blick richtet sich nun nach vorne“, stellte OB Leibe im Anschluss an die Einigung fest. Für ihn steht trotz der Differenzen um die Verantwortlichkeiten das Wohl des Theaters und der Stadt Trier im Vordergrund. Gemeinsam appellierten die Sprecher fast aller Fraktionen dafür, jetzt einen „schmerzlichen Schlussstrich“ unter das zurückliegende Kapitel zu ziehen. Dabei sparten sie auch nicht mit Selbstkritik an der seinerzeitigen Personalentscheidung, die sich als falsch herausgestellt habe. Vielfach leidenschaftlich warben sie dafür, den Erhalt des Theaters in keiner Weise anzuzweifeln und das traditionsreiche Haus in der Kulturstadt Trier wieder zu stabilisieren. Dies beinhalte selbstverständlich auch konstruktive Überlegungen über die zukünftige Struktur des Hauses.

OB Leibe appellierte an die Trierer Theaterfreunde, das Theater mit seinen engagierten Mitarbeitern jetzt nicht allein zu lassen, es wieder zu besuchen und dabei „möglichst viele Freunde und Bekannte mitzubringen“.

Bekräftigung des Dreispartenhauses

Ein von Michael Frisch (AfD) eingebrachter Antrag, den 2013 gefassten Grundsatzbeschluss, das Theater als Dreispartenhaus zu führen, aufzuheben, stieß auf einhellige Ablehnung im Rat. Frisch sagte, man wolle das Theater zwar „grundsätzlich erhalten, aber nicht um jeden Preis“. Seine Begründung, den Weg frei zu machen „für eine ergebnisoffene Theater-Diskussion unter Berücksichtigung aller möglichen Varianten“, wurde als „falsche Botschaft“ und „nicht konstruktiv“ abgelehnt. Vielmehr benötige das Trierer Theater jetzt vor allem Zustimmung und Stabilität.

Berichtspflicht

Als Grundlage eines umfassenden Risikomanagements soll am Theater eine Berichtspflicht eingeführt werden, die detaillierte Angaben über Kosten, Einnahmen und Besucherzahlen der einzelnen Produktionen enthält. Ein von Jürgen Backes erläuterter CDU-Antrag stieß auf fast einhellige Zustimmung. Nur die Linke lehnte den vorgeschlagenen Steuerungsausschuss als Kontrollgremium ab und plädierte für den Kulturausschuss. OB Leibe sagte die aufwändige Realisierung ab Herbst 2017 zu. Bis dahin soll das Rechnungsprüfungsamt regelmäßig Kontrollen vornehmen.