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20.10.2015

Tartus bleibt sein Traum

Der Alawit Hayan Ibrahim lebt seit Mai als anerkannter Asylbewerber in Trier

Hayan Ibrahim lebt sich zur Zeit in Trier ein
Hayan Ibrahim lebt sich zur Zeit in Trier ein.

Wenn Hayan Ibrahim über seine Heimatstadt Tartus spricht, kommt er schnell ins Schwärmen. „Wir hatten das perfekte Leben. Tartus war vor dem Bürgerkrieg eine Stadt voller Touristen aus Europa“, berichtet der 30-jährige syrische Journalist, der zur Volksgruppe der Alawiten gehört. In der rund 100.000 Einwohner zählenden Hafenstadt an der Mittelmeerküste werde ein betont westlicher Lebensstil gepflegt: „Bei uns tragen die Frauen keinen Schleier, in den Kneipen wird Alkohol ausgeschenkt“, sagt Ibrahim und ergänzt: „Mein Lieblingsgetränk ist Bier.“

Im Juli 2014 reiste Hayan Ibrahim nach Deutschland aus und stellte einen Asylantrag. „Ich hatte keine andere Wahl“, betont er. Aus Angst, seine Familie zu gefährden, möchte er über die genauen Umstände seiner Flucht nicht sprechen. Seine Eltern und Geschwister leben noch in Tartus. Durch den seit über vier Jahre andauernden Krieg hätten sich dort alle Lebensumstände dramatisch verschlechtert. Wegen des Vormarschs der islamistischen Terrormiliz IS sei die offene Gesellschaft in den Küstenstädten in Gefahr.

Deutschland war für Ibrahim, der Hochschulabschlüsse in Jura und Journalismus vorweisen kann und gut Englisch spricht, auch deshalb das bevorzugte Ziel, weil hier schon Freunde von ihm lebten. Während seines Asylverfahrens wohnte er in Oldenburg. Nach acht Monaten zwischen Hoffen und Bangen wurde sein Antrag anerkannt.

Im Mai zog Hayan Ibrahim nach Trier, weil er sich durch seine guten Englischkenntnisse Arbeitsmöglichkeiten als Journalist in Luxemburg erhoffte. Und tatsächlich: Zurzeit schreibt er als freier Mitarbeiter Artikel für die englische Online-Ausgabe der Tageszeitung „Luxemburger Wort“. Doch für den Lebensunterhalt reicht diese eher unregelmäßige Tätigkeit noch nicht aus. Ibrahim hofft daher, bald eine feste Stelle zu finden, egal in welcher Branche. Um seine Chancen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu verbessern, besucht er jetzt einen Aufbaukurs Deutsch an der Volkshochschule. Sein Traum aber bleibt Tartus: „Ich würde sofort zurückkehren, wenn sich die Chance ergibt.“