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18.05.2021

Straßenstrich in der Gottbillstraße

Der Straßenstrich soll von der Ruwerer- in die Gottbillstraße nach Euren verlegt werden. Hier sollen auch ein Aufenthaltraum und eine sanitäre Anlage für die Sexarbeiterinnen entstehen.
Der Straßenstrich soll von der Ruwerer- in die Gottbillstraße nach Euren verlegt werden. Hier sollen auch ein Aufenthaltraum und eine sanitäre Anlage für die Sexarbeiterinnen entstehen.
Sichere Bedingungen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter schaffen – das ist das Ziel eines Antrags, der im Stadtrat mit 35 Ja-, bei sechs Nein- Stimmen und 14 Enthaltungen angenommen wurde. Obwohl die Frage nach dem Standort des Straßenstrichs nicht direkt zur Entscheidung stand, entwickelte sich darüber eine kontroverse Debatte im Rat.

Ein Aufenthaltsraum für Prostituierte, der auch für Gespräche mit Sozialarbeiterinnen nutzbar ist, eine sanitäre Anlage und ausreichend Mülleimer – über diese Maßnahmen, die die Sexarbeit auf dem Straßenstrich sicherer und hygienischer machen sollen, herrschte im Rat Einigkeit. Heftig diskutiert wurde jedoch darüber, wo sie umgesetzt werden sollen – wo sich also der Trierer Straßenstrich, der aktuell noch in der Ruwerer Straße ist, künftig befinden soll.

Für die Verwaltung, die das Konzept unter Federführung des Ordnungsamts sowie der Frauenbeauftragten Angelika Winter vorbereitet hat, ist die Sache eindeutig: In einem über ein Jahr andauernden, breit angelegten Prozess mit mehreren Beteiligten und Ortsbesichtigungen kristallisierte sich die Gottbillstraße als geeignet heraus, um verbesserte und sichere Bedingungen für Sexarbeitende zu gewährleisten. Es habe sich kein weiteres Areal gefunden, das vergleichbar gut geeignet wäre, heißt es in der Vorlage. So ist dort ausreichend Fläche vorhanden, um eine sanitäre Anlage bereitzustellen. Auch ein kleiner separater Aufenthaltsraum kann dort entstehen. Ebenfalls ist bereits Straßenbeleuchtung vorhanden und Mülleimer können unproblematisch aufgestellt werden. Weitere Vorteile: Die Straße befindet sich im hinteren Bereich der Gewerbebetriebe. Zewen und Euren sind ausreichend entfernt, sodass für diese Ortsbezirke nach Ansicht der Verwaltung keine Nachteile zu befürchten sind. Auch Kinder- und Jugendeinrichtungen sind im näheren Umfeld nicht vorhanden. Zwar gibt es am Straßenstrich direkt keine Parkbuchten, jedoch sind diese in der Seitenstraße der Gottbillstraße vorhanden.

CDU sieht Nachteile

Jörg Reifenberg (CDU) sieht in dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Standort gewichtige Nachteile: So hätten sich die Ortsbeiräte in Zewen und Euren gegen die Gottbillstraße ausgesprochen, auch die IHK sehe eine Ansiedlung dort kritisch. Er führte auch Mängel beim Verkehr an. So gebe es dort keine Haltebuchten. Die Freier müssten auf der Straße halten, was gefährlich werden könnte, da dort oftmals schneller als die erlaubten 50 km/h gefahren werde, ist sich Reifenberg sicher. Als Gegenvorschlag brachte der Kommunalpolitiker die Niederkircher Straße ins Spiel. Hier gebe es zwei Gehwege und weniger Publikumsverkehr. Beide Vorschläge müssten erneut geprüft werden, weshalb die CDU
einen Verweis in den Ausschuss beantragte. Dies lehnte der Rat jedoch mehrheitlich ab.

Das Ordnungsamt weiß um die vorhandenen Parkbuchten in der Niederkircher Straße. Jedoch sieht es eine Reihe deutlicher Nachteile im Vergleich zur Gottbillstraße: So befände sich der mögliche Straßenstrich in der Niederkircher Straße hauptsächlich im vorderen Bereich der Gewerbebetriebe und es gibt eine beidseitige Bebauung. Zwar sind im vorgeschlagenen Bereich zwischen den Hausnummern 27 und 31 nur wenige Betriebe vorhanden, diese aber zum Teil mit einer großen Zahl an Mitarbeitenden. Des Weiteren ist die Niederkircher Straße eher abgelegen. Prostituierte sollen jedoch aus Sicherheitsgründen nicht allzu abgelegen ihrer Arbeit nachgehen.

Die Gottbillstraße hingegen liegt außerhalb direkter Wohnbebauung, ist jedoch nicht abgelegen. In der Niederkircher Straße liegt eine Kletterhalle rund 500 Meter vom möglichen Straßenstrich entfernt. Diese ist bis 23 Uhr geöffnet und wird viel von Kindern und Jugendlichen genutzt. Ein weiterer Punkt, der aus Sicht der Verwaltung für die Gottbillstraße spricht, ist, dass dort bereits ein Kanal für die sanitäre Anlage vorhanden ist.

SPD: „Guter Kompromiss"

Isabell Juchem (SPD) sieht in der Verwaltungsvorlage einen guten Kompromiss, der in einem einjährigen Prozess unter Beteiligung der Verwaltung, der Sexarbeitenden und dem Runden Tisch Sexarbeit entstanden ist. Auch Marc-Bernhard Gleißner (Linke) sprach sich für die Gottbillstraße als Standort aus, da die Niederkircher Straße zu abgelegen sei und sich die Kletterhalle dort befinde. Hans Lamberti (AfD) empfindet beide Standorte als ungeeignet. Er hält die Metternichstraße oder das Gelände der IHK eher für geeignet.

Katharina Haßler-Benard (FDP) gab zu Bedenken, dass es immer Widerstand gebe, egal für welchen Standort man sich entscheide. Sie plädierte dafür, die Standortdiskussion nicht von vorne zu beginnen, die Gottbillstraße sei ein praktikabler Vorschlag. Auch Richard Leuckefeld (Grüne) regte an, den Beschluss nicht zu vertagen. Zudem wies er darauf hin, dass es sechs bis sieben Sexarbeitende seien, die auf dem Straßenstrich arbeiten würden. Er ist sich sicher: „Von diesen geht keine moralische Gefährdung aus. Wir müssen uns die Dimensionen einmal deutlich machen."

Das sah Hans-Alwin Schmitz (UBT), der in seiner Funktion als Ortsvorsteher von Euren im Stadtrat sprach, anders: Er wies darauf hin, dass sein Ortsbeirat die Vorlage am 12. März einstimmig abgelehnt habe. Schmitz hält die Gottbillstraße wegen fehlender Haltemöglichkeiten für ungeeignet. Auch die entstehende Westtrasse mit den dort fahrenden Zügen in der Zukunft sieht er als deutlichen Standortnachteil. Er kritisierte, dass die Stellungnahmen der Ortsbeiräte Euren und Zewen in der Vorlage nicht berücksichtigt seien und sprach sich für die Niederkircher Straße aus.

Bürgermeisterin Elvira Garbes, die nach dem Rücktritt des ehemaligen Dezernenten Thomas Schmitt jetzt für das Thema zuständig ist, versicherte in der Stadtratssitzung, dass Schmitt seinerzeit mit beiden Ortsbeiräten gesprochen habe. Sie wies auch auf Gespräche mit den Sexarbeitenden hin, die sich zum damaligen Zeitpunkt unisono für die Gottbillstraße ausgesprochen hätten.

Björn Gutheil