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24.04.2007

Sozial-Drama ohne falsches Pathos

Regisseur Franz Grundheber ( l.) mit den "Wozzeck"-Hauptdarstellern Johannes M. Kösters und Vera Wenkert sowie dem musikalischen Leiter István Dénes.
Regisseur Franz Grundheber ( l.) mit den "Wozzeck"-Hauptdarstellern Johannes M. Kösters und Vera Wenkert sowie dem musikalischen Leiter István Dénes.
Im Theater gehen die Vorbereitungen für eine weitere große Musik-Theater-Premiere dieser Spielzeit in die heiße Phase: Mit Alban Bergs 1925 uraufgeführtem „Wozzeck“ präsentiert das Dreispartenhaus ab Sonntag, 29. April, eine atonale Oper, die auf eingängige Melodien und Rhythmen verzichtet und stattdessen die seelische Zerrüttung der Hauptfiguren in eine dissonante Klangsprache übersetzt.
 
Für Bariton Johannes M. Kösters, der in den meisten Vorstellungen die Hauptrolle spielt, ist „Wozzeck“ nach der Vorlage von Georg Büchner ein soziales Drama. Allein deswegen sei herkömmliches Opern-Pathos in einem Stück über einen gequälten Menschen, der schließlich seine Geliebte umbringt, nicht angemessen. Wozzecks Partnerin Marie, die ihn mit einem Tambourmajor betrügt, um einen Weg aus ihrem Elend zu finden, spielt Sopranistin Vera Wenkert (und nicht Eva Maria Günschmann, wie in der letzten Rathaus Zeitung versehentlich vermeldet). Für Wenkert ist „Wozzeck“ eher ein Theaterstück mit Musik als eine Oper. Die Arbeit an der Rolle der Marie sei ungewöhnlich „intensiv und sehr berührend.“ Die Komposition Bergs passt nach Einschätzung von Musik-Dramaturg Dr. Peter Larsen auch deswegen so gut zum Büchner-Stück, einem frühen Vorläufer des gesellschaftskritisch-expressionistischen  Dramas, weil sie verstörend sei und keine Distanz zum Publikum zulasse.

Von einer konzentrierten und intensiven Reaktion der Besucher in den einführenden „Wozzeck“-Veranstaltungen des Theaters berichtete Intendant Gerhard Weber bei der Vorstellung der Inszenierung. Entgegen vieler Vorurteile habe das Stück auch einige ironisch-humoristische Szenen.

Die Regie bietet eine Premiere, denn der aus Trier stammende Kammersänger Franz Grundheber, der in seiner langen Karriere selbst sehr oft als Wozzeck auf der Bühne stand, hat sich für die erste Inszenierung seine „Lieblingsoper“ ausgesucht. Für die Hauptdarsteller Kösters und Wenkert ist dieser Umstand kein Problem: „Das ist eine sehr schöne Zusammenarbeit und ich profitiere von seinen Erfahrungen“, betonte Kösters nach den Proben. Ähnlich sieht das Wenkert, die sich zudem freut, den „Wozzeck“ mit zwei ganz unterschiedlichen Kollegen spielen zu können, da in zwei Gala-Aufführungen Grundheber die Titelrolle übernimmt.

Liederabend mit Büchner-Texten

Kösters begann seine Karriere 1981 am Nationaltheater Mannheim. Ab 1987 gehörte er zum Ensemble des Musiktheaters Gelsenkirchen und profilierte sich vor allem mit Rollen des italienischen und französischen Repertoires. 1991 begann er seine freiberufliche Tätigkeit und wirkte an rund 40 Produktionen mit, darunter auch in Frankreich, Italien und den USA. Der Sänger arbeitete mehrfach mit den Berliner Philharmonikern zusammen, so bei einem Liederabend zu Texten von Georg Büchner oder als Jakob Lenz in einer Oper des deutschen Komponisten Wolfgang Rihm, ebenfalls nach einer Büchner-Vorlage.

Wenkert gehört seit der Spielzeit 2000/2001 zum Ensemble des Trierer Theaters, in dem sie vor allem große Rollen im jugendlich-dramatischen Sopran singt. 2004 zeichnete sie die Gesellschaft der Freunde des Theaters Trier mit Theatermaske aus. Ein Jahr später nominierte die Zeitschrift „Opernwelt“ Wenkert für ihre Hedwig in „Die Rheinnixen“ von Jacques Offenbach als „Beste Sängerin des Jahres“. Bei den Antikenfestspielen 2006 sang sie die Titelpartie in „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauß.