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23.08.2011

Skandalöses aus der Stadtgeschichte

Die Achtklässler Ilir Zeqiraj, Markus Schmidt und Kevin Richter (v. l.) von der Kurfürst-Balduin-Hauptschule freuen sich mit ihrem Tutor Siegfried Garbe (r.) und Betreuerin Julia Tullius (2. v. l.) über den Landessieg.
Die Achtklässler Ilir Zeqiraj, Markus Schmidt und Kevin Richter (v. l.) von der Kurfürst-Balduin-Hauptschule freuen sich mit ihrem Tutor Siegfried Garbe (r.) und Betreuerin Julia Tullius (2. v. l.) über den Landessieg.
Giftmischer, NS-Verbrechen oder  illegaler Gebäudeabriss: 192 Schülerinnen und Schüler haben sich in 77 Beiträgen am diesjährigen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten  beteiligt, der unter dem Titel „Ärgernis, Aufsehen, Empö-rung: Skandale in der Geschichte“ steht. Nun wurden die 17 Landessieger in der Stadtbibliothek Trier ausgezeichnet.

Wenn im Mittelalter ein Richter, der Hexenprozesse geleitet und Todesurteile ausgesprochen hat, am Ende selbst als Hexenmeister beschuldigt wird und auf dem Scheiterhaufen landet, nennt man das Ironie des Schicksals. Wenn einflussreiche Personen bei besagtem Richter allerdings hohe Schulden hatten, dann könnte es sich um einen Skandal gehandelt haben.

Fünf Schüler der Kurfürst-Balduin-Schule begaben sich sechs Monate lang auf historische Spurensuche und untersuchten den Fall des 1589 hingerichteten Trierer Richters Dietrich Flade – und gewannen damit den rheinland-pfälzischen Landespreis des Geschichtswettbewerbs.

Bereits seit 1973 richtet die Körber-Stiftung unter Schirmherrschaft des jeweiligen Bundespräsidenten den Wettbewerb aus. Ursprünglich als Projekt gestartet, hat sich die Veranstaltung zu einem echten Dauerbrenner unter den Schulwettbewerben entwickelt und zeichnet jedes Jahr besondere Forschungsleistungen der Schüler aus. „Wir wollen keine Historiker am Fließband produzieren“, stellte Sven Tetzlaff, Leiter des Bildungsbereichs der Körber-Stiftung, klar. „Vielmehr sollen die Schüler stolz sein auf ihre erbrachten Leistungen, die weit über das schulische Maß hinaus gehen.“

Auch Michael Ebling, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium, zeigte sich von der Arbeit der Teilnehmer beeindruckt und hob die Bedeutung des Geschichtswettbewerbs hervor: „Die gute Organisation und die hervorragende inhaltliche Arbeit sind klare Qualitätskriterien. Zudem werden die Jugendlichen dazu angeregt, Vorgänge und Entscheidungen zu hinterfragen und so auch kritisch ihre eigene Meinung zu reflektieren.“

Die Themen der ausgezeichneten Arbeiten, die alle einen regionalen Bezug aufweisen, reichen von der Entfernung der DDR-Flagge aus einer Sporthalle im Jahr 1969 bis zu der Zerstörung der Mainzer Synagoge 1933. Neben den Siegerbeiträgen, die mit je 250 Euro prämiert wurden, vergab die Körber-Stiftung auch 17 Förderpreise. Als landesweit beste Schule wurde das Rabanus-Maurus-Gymnasium aus Mainz gekürt.

Ebling und Tetzlaff ehrten die Sieger im Lesesaal der Stadtbibliothek  und wünschten allen Gewinnern viel Erfolg für den Bundesausscheid. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung von der Bläsergruppe des Max-Planck-Gymnasiums unter der Leitung von Markus Stoll.

Fall Flade wirkt nach

Dass die Kurfürst-Balduin-Schule als einzige Realschule plus unter den Preisträgern ist, freute Gemeinschaftskundelehrer Siegfried Garbe besonders: „Ich bin stolz auf meine Schüler. Was sie geleistet haben, ist toll. Für die Schule ist das eine klasse Sache und definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.“

Bei ihren Recherchen zu Dietrich Flade stießen die jungen Forscher auch auf Fakten, die noch heute von aktueller Bedeutung sind: Die Stadt Trier hatte sich einst 4 000 Gulden bei Flade geliehen und stand fortan in seiner Schuld. Die Zinsen des Kredites wurden selbst nach Flades Tod weiter gezahlt – an fünf Innenstadtpfarreien. Dieses Erbe wirkt bis zum heutigen Tag nach: Jährlich zahlt die Stadt  362,50 Euro an die Pfarrei Liebfrauen.