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13.10.2009

Signalleine ersetzt die Augen

Spezialisten im Tiefgang: An der Riveristalsperre sammeln die Taucher der Berufsfeuerwehr wertvolle Erfahrungen für den Ernstfall.
Spezialisten im Tiefgang: An der Riveristalsperre sammeln die Taucher der Berufsfeuerwehr wertvolle Erfahrungen für den Ernstfall.
Riveristalsperre. In voller Ausrüstung tauchen zwei Männer in Neoprenanzug und Flossen mit Sauerstoffflaschen auf dem Rücken vor dem Damm ab. Thomas Weinandy und Martin Faß sind Taucher der Trierer Berufsfeuerwehr. Zwei von 21 Spezialisten am Barbaraufer, die für den Notfall unter Wasser ausgebildet sind. Doch diesmal sind sie nicht abgetaucht, weil ein Menschenleben in Gefahr ist. An diesem Tag üben sie, sammeln wertvolle Erfahrung für den Ernstfall, wenn jede Sekunde zählt. Meistens kommen sie zum Einsatz, um Personen zu suchen, zu retten oder zu bergen. Dabei hat die Taucherstaffel schon mal weite Anfahrtswege: Die nächsten Spezialisten dieser Art gibt es erst in Koblenz und Saarbrücken.

Ziehen gibt die Richtung an

Wenn die Taucher auch im Normalfall einzeln ins Wasser gehen, alleine sind sie dabei nie. Ein gelbes Seil, die so genannte Signalleine, ist die Verbindung zum Ufer und auch oft das Auge des Tauchenden. Denn bei Sichtweiten von meist nur einem halben Meter in der Mosel sind die Männer unter Wasser auf die Angaben des Signalmanns angewiesen. „Wenn er dreimal zieht, weiß ich, dass ich nach rechts tauchen soll. Dann bestätige ich die Richtung durch Ziehen“, berichtet Thomas Biewer über die Kommunikation zwischen Land und Wasser. Doch diese Methode der Verständigung gibt es nur dann, wenn keine Gefahren zu erwarten sind. Bei Tauchgängen in Bauwerken und unter Eis ist der Feuerwehrmann mit einem Tauchertelefon mit seinen Kollegen am Ufer verbunden.

An der Riveristalsperre ist die Sicht ausgesprochen gut. Mehrere Meter weit können die Taucher unter Wasser schauen. Doch sie sind aus einem ganz anderen Grund hier: Sie sollen bis zu 30 Meter tief absteigen, eine Übung, die sie nur hier machen können. Worauf es dabei vor allem ankommt: Beim Auftauchen müssen sie einen Dekompressionsstop einlegen, weil sich durch den erhöhten Druck unter Wasser so genanntes Inertgas, hauptsächlich Stickstoff, im Gewebe und den Körperflüssigkeiten anreichert. Gerade bei längerem Aufenthalt in größerer Tiefe wird die Konzentration des Gases so hoch, dass sich beim Auftauchen Gasblasen im Körper bilden. Sie können die lebensgefährliche Taucherkrankheit auslösen.

Bei Weinandy und Faß läuft alles reibungslos. Die erfahrenen Taucher sind bei dieser Übung übers Telefon mit Signalmann Johannes Ripp und Übungsleiter Richard Wollscheid verbunden. Am Uferrand sitzt zudem Sicherungstaucher Thomas Biewer bereit. Auch er trägt die rund ein Zentner schwere Einsatzkleidung. Im Notfall muss er schnell im Wasser sein, um seinen Kollegen zu Hilfe zu
kommen.

Tief und kalt

Seit vier Jahren ist Biewer dabei. Egal ob Mosel oder Riveris, jedes Gewässer habe etwas für sich. Doch angenehm ist es im nassen Element nicht immer. „Je tiefer man geht, desto kälter wird es. Ein bisschen Wasser kommt schon durch den Anzug, besonders am Kopf.“ Doch missen möchte Biewer diesen Beruf auf keinen Fall. Das Wasser ist ganz klar sein Element. Auch wenn er und seine Kollegen bei nur acht Grad in 30 Metern Tiefe nicht gerade zu beneiden sind, schließlich sind es über der Wasseroberfläche gefühlte 15 Grad.

Weinandy und Faß sind inzwischen wieder aufgetaucht, besprechen sich kurz mit Übungsleiter Wollscheid und tauchen zum zweiten Mal ab. Diesmal sollen sie ein Betonbauwerk der Talsperre erkunden und anschließend beschreiben können. Die Abmessungen abzuschätzen gehört genauso dazu wie die Lage auszukundschaften. Diese Fähigkeiten sind immer dann gefordert, wenn ein Auto ins Wasser gestürzt ist oder Reparaturen unter Wasser anstehen.

Bei einem „richtigen“ Einsatz fertigen die Taucher oftmals eine Skizze zur Information des restlichen Tauchertrupps an, der bei der Berufsfeuerwehr in der Regel aus vier Männern besteht. Bei der Übung bleibt ihnen das Zeichnen erspart. Stattdessen heißt es jetzt Rollentausch. Die bisher an Land gebliebenen sind an der Reihe. Gleiches Programm, gleiche Voraussetzungen. „Hier macht es Spaß. So angenehm ist es nur selten beim Feuerwehrtauchen“, spricht Übungsleiter Wollscheid aus Erfahrung. Doch das kann sich schlagartig ändern. Wenn das Bereitschaftstelefon klingelt, wird aus Übung Ernst. Bisher ist alles ruhig. Noch.