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26.09.2006

Schweißtreibende Angelegenheit

Live-Schaltung: Wahlsieger Jensen im Foyer vor dem Großen Rathaussaal beim Interview mit dem Südwest-Rundfunk.
Live-Schaltung: Wahlsieger Jensen im Foyer vor dem Großen Rathaussaal beim Interview mit dem Südwest-Rundfunk.
„Ich glaub’, das wird eng“, sagt ein grauhaariger Herr im gestreiften Hemd zu seinem Nebenmann. Dieser zieht die Brauen hoch, bläst kurz die Wangen auf und nickt zustimmend. Die beiden stehen am Sonntagabend im Foyer vor dem Großen Rathaussaal und warten auf das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl. Um sie herum wird es wirklich eng. Pünktlich zur Schließung der Wahllokale um 18 Uhr stehen Bürger, Politiker, Wahlhelfer und Medienvertreter dicht an dicht. Es wird geschubst und gedrängelt wie auf einem Rockkonzert, bei dem jeder einen möglichst guten Blick auf den Star erhaschen will.

Grelles Scheinwerferlicht

Von den Stars des Abends ist noch nichts zu sehen, statt dessen sind alle Blicke auf eine Wand gerichtet. Das Amt für Stadtentwicklung und Statistik wird in wenigen Minuten die Ergebnisse aus den Stimmbezirken dorthin projizieren. Mit der Spannung steigen auch die Temperaturen. Die grellen Scheinwerfer, die zwei Kamerateams bereits am Vormittag überall im Foyer aufgestellt haben, sorgen für subtropisches Klima. Nicht nur die Kameramänner, die ihre schweren Geräte auf der Schulter tragen, haben Schweißperlen auf der Stirn. Nur einer jungen Reporterin, die lächelnd in einer Ecke im Scheinwerferlicht an einem runden Tisch steht und auf ihren nächsten Einsatz wartet, scheint die Hitze nichts auszumachen.
 
Deutliche Worte

Während die Mikrofone noch einmal getestet werden und die Reporter ein letztes Mal auf die Zettel mit ihren Interviewfragen schauen, geht es los: Die ersten Ergebnisse flimmern über die Leinwand. Wie auf Kommando werden zahlreiche Handys gezückt, alle schauen gebannt in eine Richtung. Ein Raunen geht durch die Menge, Klaus Jensen liegt in den ersten Bezirken deutlich vorne. „Ach du Schreck!“ oder „Mensch wie Klasse!“. Enttäuschte und strahlende Gesichter stehen eng beieinander. Kopfschütteln gibt es vor allem über die geringe Wahlbeteiligung. „Eine Sauerei ist das“, findet ein älterer Herr deutliche Worte. Wenig später kommt Wahlsieger Jensen ins Rathaus. Vor der gläsernen Eingangstür werden er und seine Ehefrau erst einmal von einem Pulk Fotografen und Kameramännern verschluckt, bevor sie sich den Weg durch die applaudierende Menge bahnen.
 
Gefragte Interviewpartner

Kurze Zeit später tritt auch sein Mitbewerber Ulrich Holkenbrink ins Rampenlicht. Beiden werden vor den zahlreichen Interviews die Schweißperlen auf der Stirn sorgfältig weggeschminkt. Während der eine strahlend Gratulationen entgegennimmt und der andere – ebenfalls lächelnd – aufmunternde Worte, zählen fleißige Helfer im Hintergrund im Großen Rathaussaal die letzten Briefwahlstimmen aus. Mittendrin steht erschöpft der Leiter des Wahlbüros. Nach der Live-Schaltung des Südwestrundfunks um kurz vor acht Uhr ist alles vorbei. Die Scheinwerfer werden abgeschaltet. Wahlsieger Klaus Jensen beim Abschminken: „Am meisten freue ich mich, dass ich ab morgen mein Gesicht nicht mehr überall auf den Wahlplakaten sehen muss.“