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31.05.2011

Rotphasen empfindet man stets länger

Tiefbauamtsleiter Wolfgang van Bellen erläutert Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani an der Kreuzung Hindenburgstraße/Südallee technische Details der Ampelschaltung.
Tiefbauamtsleiter Wolfgang van Bellen erläutert Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani an der Kreuzung Hindenburgstraße/Südallee technische Details der Ampelschaltung.
Diskussionen über die Schaltung von Ampeln erhitzen nicht nur in Trier immer wieder die Gemüter. Fußgänger fordern kürzere Wartezeiten und längere Grünphasen zur Überquerung der Straßen, Autofahrer hingegen vermissen eine „Grüne Welle“, die sie ungebremst die Strecke passieren lässt. Zuständig für die Ampel-Regelungen ist im Rathaus das Baudezernat, das von Beigeordneter Simone Kaes-Torchiani geleitet wird. Mit ihr sprach die RaZ über ein vielschichtiges Thema, bei dem nicht wenige immer nur Rot sehen.

RaZ: Ampelschaltungen sind auch in Trier ein Dauerthema. Wo liegt das grundsätzliche Problem?

Kaes-Torchiani: Im Prinzip werden „Lichtsignalanlagen“, also Ampeln, zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Qualität des Verkehrsablaufs eingerichtet. So soll besonders schutzbedürftigen Verkehrsteilnehmern, also Fußgängern, ein gefahrloses Überqueren stark befahrener Stra-ßen ermöglicht werden. Ampelschaltungen sind ein Abwägungsprozess, bei dem Kompromisse eingegangen werden müssen. Dabei kann man es leider nicht allen Verkehrsteilnehmern recht machen. Jeder ärgert sich insgeheim über „Rot“ und die Rotphasen dauern gefühlsmäßig für die Betroffenen stets länger als die Grünphasen.

Wie wird denn nun die Steuerung programmiert, damit möglichst viele Verkehrsteilnehmer möglichst schnell „Grün“ zu sehen bekommen?
 
Grundsätzlich ist eine Steuerung so programmiert, dass während eines Ampelumlaufes alle Verkehrsteilnehmer einmal ein Freigabesignal erhalten. Die Länge der Grün- und der Wartephasen ist von der Umlaufzeit abhängig. Demzufolge verursachen lange Grünzeiten lange Umlaufzeiten und dadurch entstehen wiederum lange Wartezeiten. Somit ist es leider ausgeschlossen, kurzes Warten mit langen Grünzeiten zu kombinieren.

Gibt es unter diesen Bedingungen überhaupt eine Möglichkeit für die immer wieder ins Spiel gebrachte „Grüne Welle“?

Die Regelung der „Grünen Welle“ ist unter Berücksichtigung des vermehrten Ausbaus von verkehrsabhängigen Lichtsignalanlagen nicht zu realisieren. Bei den festzeitgesteuerten Ampeln ist eine „Grüne Welle“ vorhanden. Da mit dieser Art der Steuerung Verkehrsbeeinflussungen nicht möglich sind, sind diese Signalanlagen aber rückläufig. Bei den verkehrsabhängig gesteuerten Anlagen ist eine „Grüne Welle“ in den Grundprogrammen hinterlegt. Vorraussetzung ist allerdings, dass keine Eingriffe die Steuerungsabläufe in den Grundprogrammen der Signalanlagen verändern. Eine solche Situation gibt es in der Regel aber nicht mehr.

Was sind das für „Eingriffe“, die die Steuerungsabläufe beeinflussen?

Beispielsweise eine eingerichtete „Grüne Welle“ für Fußgänger, die aus Sicherheitsgründen notwendig ist, so an der Kreuzung zum Einkaufszentrum „Alleencenter“. Wir haben hier zeitweilig ein sehr hohes, zu schützendes Schüleraufkommen. Oder die Anforderungsberechtigungen für öffentliche Verkehrsmittel, etwa an der Kreuzung Südallee/Saarstraße. Und nicht zu vergessen die Anforderungs- und Bemessungsschleifen für den motorisierten Individualverkehr oder Anforderungstaster für Fußgänger.

Vermutlich liegt den jeweiligen Regelungen eine Fülle von rechtlichen Vorschriften zu Grunde?

Bei der Konzipierung der Steuerung einer Ampelschaltung werden die „Richtlinien für Lichtsignalanlagen“, kurz RiLSA“, zugrunde gelegt. Die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen entwickelten Vorgaben sind kein Bestandteil der Straßenverkehrsordnung, werden aber mit verkehrstechnischen Bestimmungen und Empfehlungen vom Bundesverkehrsministerium den Straßenbaubehörden als Grundlage der Planung empfohlen.

Wie wird denn ganz konkret eine computergesteuerte Regelung für eine Kreuzung eingerichtet und verfügen diese klugen Rechner über eigene, individuelle Spielräume, um besonderen Situationen gerecht zu werden?

Die für eine Ampelsteuerung benötigten Daten werden von einem Ingenieurbüro sorgfältig ermittelt. Grundlage sind die „RiLSA“. Diese Berechnungen werden anschließend im Computer hinterlegt. Er kann jedoch nur unter Berücksichtigung dieser Daten das Verkehrsaufkommen regeln. Eine Veränderung des Signalprogramms oder der einzelnen Parameter kann lediglich von autorisiertem Personal vorgenommen werden, nicht vom Verkehrsrechner selbst.

Jüngst ist die Ampelschaltung für Fußgänger an der Porta-Nigra-Kreuzung mit ihren Überwegs-Mittelinseln in die Kritik geraten. Was macht die spezielle Regelungsschwierigkeit an dieser zentralen Stelle aus?

Diese Ampelanlage wird voll verkehrsabhängig gesteuert. Konkret heißt das: Die querenden Fußgänger über die Hauptrichtung Nordallee, Theodor-Heuss-Allee und Christophstraße erhalten Grün wohlgemerkt erst auf Anforderung, die querenden Nebenrichtungen aus Simeon- und Paulinstraße werden hingegen zyk-lisch bedient. Signalisiert jedoch ein Bus aus der Simeonstraße sein Kommen, wird Fußgängern, die die Christophstraße queren möchten, das Freigabesignal trotz der Anforderung nicht frei geschaltet, da dem ÖPNV Priorität eingeräumt wird. Das ist vielen, die sich über diese Regelung wundern oder auch ärgern, nicht bewusst.

Frau Kaes-Torchiani, wann ärgern Sie sich denn am meisten, wenn die Ampel Rot zeigt: als Fußgängerin oder als Autofahrerin?

Das ist keine Frage des Ärgerns, sondern der Sicherheit. Es geht nun mal nicht, dass alle gleichzeitig Grün haben und das sollte man sich jedes Mal vor Augen führen.


Das Gespräch führte Hans-Günther Lanfer