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29.11.2011

Riverissiedlung bleibt bestehen

Einstimmig, bei geschlossener Enthaltung der CDU-Fraktion, hat der Stadtrat auf Antrag der FWG seinen im November 1997 gefassten Beschluss aufgehoben, die Siedlung Riverisstraße wegen Baufälligkeit aufzulösen und die Bewohnerinnen und Bewohner innerhalb des Stadtgebietes mit Wohnraum zu versorgen.

Der Entscheidung war ein Antrag der Christdemokraten auf Verweis der Angelegenheit in den Ausschuss vorausgegangen, der bei Enthaltung der SPD aber keine Mehrheit fand. Oberbürgermeister Klaus Jensen stellte vor der Abstimmung unmissverständlich klar, dass niemand von den Betroffenen Angst haben müsse, aus der gewohnten Umgebung vertrieben zu werden. „Die Menschen wohnen dort zusammen und sie wollen auch zusammen bleiben“, sagte der OB. Alles weitere werde in einem konzeptionellen Zusammenhang erörtert.

Noch 18 Mietparteien

Das städtische Wohngebiet „Riverissiedlung“ umfaßte seinerzeit 54 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von rund 3 700 Quadratmetern. Heute leben hier noch 18 Mietparteien, die der Gruppe der Sinti angehören. Sie halten ihre Wohnungen in sehr gepflegtem Zustand, fühlen sich in ihrem Umfeld wohl und möchten die Siedlung nicht verlassen. Die Stadt konnte ihrer Forderung nach Bereitstellung von alternativem, zusammen hängenden Wohnraum für alle Familien bislang nicht entsprechen. Ihr Verbleib wurde deshalb geduldet, aber auch die Unsicherheit über die Zukunft blieb.

Nach der Aufhebung des Beschlusses, die Siedlung aufzulösen, soll die Verwaltung nun im Kontext der Überlegungen zum gesamtstädtischen Wohngrundbesitz prüfen, welche Häuser der Riverissiedlung renoviert und danach wieder bewohnt werden können. Zudem soll, auch unter dem Gesichtspunkt des sozialen Wohnungsbaus, überlegt werden, ob neue Baugrundstücke mit Landes- und EU-Fördermitteln zur Attraktivitätssteigerung der Siedlung ausgewiesen werden können.

Stimmen aus dem Rat

Man sei längst zu neuen Einschätzungen gelangt, begründete FWG-Fraktionsvorsitzende Christiane Probst die Initiative und sprach sich mit Nachdruck für die Aufhebung des 1997 gefassten „unsäglichen Beschlusses“ aus, die Riverissiedlung aufzulösen. Man müsse für die Bewohner endlich klare Wohnverhältnisse schaffen und ihnen somit eine Perspektive vermitteln. Neben der Sanierung der Häuser plädierte Probst dafür, die Voraussetzungen für einen finanzierbaren sozialen Wohnungsbau zu schaffen.

Stadtratsmitglied Bernd Michels (CDU) schilderte seine persönlichen Eindrücke von dem Wohngebiet. Einige der bewohnten Häuser seien manierlich gepflegt, bei den anderen sei die Bausubstanz aber marode. Auch bestehe die Gefahr einer Gettoisierung, zumal es nach dem Abriss der Zementbrücke weniger denn je eine vernünftige Verkehrsanbindung gebe. Insgesamt sei es der Verwaltung aufgrund fehlender Alternativwohnungen nicht gelungen, die dort lebenden Menschen umzusiedeln. Neu zu erschließende Wohngebiete, wie beispielsweise Castelnau, böten hier neue Perspektiven.

Michels Vorschlag, den FWG-Antrag zur besseren Beratung in den Dezernatsausschuss zu verweisen, schloss  sich in der Stadstratssitzung SPD-Sprecherin Maria Ohlig an. Zwar müsse den Bedürfnissen der Menschen Rechnung getragen werden, doch könne dies sinnvoll nur im Gesamtzusammenhang mit einem Wohnraumversorgungskonzept geschehen.

Dafür war auch Reiner Marz (Bündnis 90/Die Grünen), forderte aber zunächst die Aufhebung des Auflösungsbeschlusses der Siedlung, der die Menschen seit Jahren im Ungewissen lasse. Auch müsse man vorsichtig mit dem Begriff der Gettoisierung umgehen, denn es gebe durchaus unterschiedliche Wohn- und Sozialformen. Wenn die Menschen so leben wollten, habe man da „nicht reinzufingern“. Eine Siedlung wie in der Riverisstraße gehöre eben auch zur „sozial-kulturellen Vielfalt“ einer Stadt. Für eine Aufhebung des alten Stadtratsbeschlusses und eine sich anschließende Beratung im Rahmen des Wohnraumkonzepts plädierte auch FDP-Sprecher Tobias Schneider.
 
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