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12.10.2021

Reise durch die Trierer Kunst

Gemälde: Josef Settegast - Bildnis einer jungen Italienerin
Das Gemälde der Italienierin Vittoria Caldoni von Josef Settegast aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt, wie die Maler ihr Antlitz zu einem Symbol für das Schönheitsideal der damaligen Zeit stilisierten. Foto: Stadtmuseum
Mit der Ausstellung „Eine Gemäldegalerie für Trier“ öffnet das Stadtmuseum Simeonstift seine Schatzkammer: Von Barockmalerei über bürgerliche Porträts bis zu moderner Landschaftsmalerei spannt die Zusammenstellung einen großen kunsthistorischen Bogen. Neben einigen alten Bekannten sind auch ausgewählte Neuerwerbungen in der Schau präsentiert. 

Ob Dresden, Wien oder Berlin: Bei einem Besuch in den großen Kunststädten gehört ein Gang durch die Gemäldegalerien zum festen Programm für Kunstliebhaber. In Trier gibt es gemessen an der Einwohnerzahl zwar eine ansehnliche Zahl an Museen, zu einer eigenen Gemäldegalerie hat es die Stadt allerdings nie gebracht. „In Trier mag es keine räumliche Gemäldegalerie geben. Qualitätvolle Bilder, um eine solche zu bestücken, bietet unsere Sammlung jedoch in Hülle und Fülle“, erklärte der neue Kulturdezernent Markus Nöhl bei der Pressekonferenz zur Ausstellung.
Bereits 2008, kurz nach der Einweihung des Neubaus, richtete das Museum erstmals eine temporäre Trierer Gemäldegalerie ein. Jetzt gibt es nach 13 Jahren erstmals wieder die Gelegenheit, ausgewählte Gemälde und Skulpturen aus der städtischen Kunstsammlung in einer eigenen Ausstellung zu erleben. Die Werke aus dem 18. und 19. Jahrhundert bieten einen illustren Spaziergang durch die Kunstgeschichte von der Barockmalerei bis zur Moderne und halten einige Wiedersehen mit alten Bekannten bereit.

Da ist zum Beispiel das Porträt der jungen Italienerin Vittoria Caldoni, die Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Topmodel für die Künstlergruppe der Nazarener wurde. Im dem Gemälde von Josef Settegast zeigt sich exemplarisch, wie die Maler ihr Antlitz zu einem Symbol für das tugendhafte Schönheitsideal der damaligen Zeit stilisierten. Dahingegen geradezu schlüpfrig ist das Bildnis einer Geflügelhändlerin eines unbekannten Meisters aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Das kecke Lächeln, die Kleidung und die erröteten Wangen entlarven die Darstellung als eine erotische Anspielung, die vor allem in hochherrschaftlichen Haushalten der Niederlande gerne die Wände der Herrenzimmer schmückte und den männlichen Besuchern ein wissendes Lächeln entlockte.

Museumsdirektorin Elisabeth Dühr erklärt das Konzept der Ausstellung: „Es war uns ein besonderes Anliegen, in unserer Gemäldegalerie die Werke einmal ganz für sich sprechen zu lassen, ohne dass sie stellvertretend für ein bestimmtes Thema oder eine Epoche stehen. Dennoch erzählt jedes Kunstwerk in seinen Motiven und seiner Ausführung natürlich viel über die Zeit, in der es entstanden ist“. Und so bietet der Gang durch die Ausstellung auch einen Gang durch die Stadtgeschichte, von den barocken Auftragsgemälden der kurtrierischen Hofmaler bis zu den bürgerlichen Auftraggebern des 19. Jahrhunderts.

Bilder von Haustieren

Die Ausstellung zeigt, wie sich Format und Motive ändern, wie etwa die großformatigen mythologischen und kirchlichen Szenen des 18. Jahrhunderts nach der Jahrhundertwende zunehmend den weltlichen Vorstellungen neuer Auftraggeber gewichen sind: Die zahlkräftigen Trierer Kaufleute bestellten Porträts, auch gerne von ihren geliebten Haustieren, oder Szenen aus ihrem alltäglichen Lebensumfeld. Ein besonderes Highlight in dieser Hinsicht ist das Fragment eines Freskos aus der Hand von Johann Anton Ramboux, das die Einbringung des letzten Fuders bei der Weinernte zeigt. Das Teilstück ist das einzige noch erhaltene Element einer Wandgestaltung, die einst einen Innenraum in der Dietrichstraße schmückte.

Mit ausgewählten Landschaftsgemälden aus dem späten 19. Jahrhundert schließt der kunsthistorische Reigen: In ihnen scheint in dem besonderen Interesse an den Linien des Geländes und dem Einfluss des natürlichen Lichtes schon die große Entwicklung des Impressionismus durch, die für das kommende 20. Jahrhundert tonangebend sein wird.

Ergänzt sind die Gemälde durch Großskulpturen und einige ausgewählte Neuzugänge der Sammlung, wie den Pokalbecher der Familie Rautenstrauch und ein Selbstporträt des Malers Louis Krevel.

Kathrin Koutrakos

  • „Eine Gemäldegalerie für Trier. Werke des 18. und 19. Jahrhunderts“, 10. Oktober bis 24. April 2022, Stadtmuseum Simeonstift