Sprungmarken
21.06.2011

Ratsmehrheit will den Moselaufstieg

Nach heftiger Debatte hat der Stadtrat mit den Stimmen von CDU, FWG und FDP einen Appell an die Landesregierung verabschiedet, sich für die Aufnahme des Moselaufstiegs in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans einzusetzen. Zugleich fand ein SPD-Antrag zum beschleunigten Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur in Trier breite Zustimmung.

„Der Rat der Stadt Trier bittet (...) die Landesregierung eindringlich, ihre Einschätzung zu der Bedeutung des Infrastrukturprojekts Westumfahrung Trier (Moselaufstieg) zu überdenken und eine Anmeldung zum vordringlichen Bedarf des (..) Bundesverkehrswegeplans 2015 (...) zu unterstützen.“ So lautet der entscheidende Satz des von CDU, FWG und FDP gemeinsam eingebrachten Antrags, der mit 30 zu 25 Stimmen angenommen wurde.

Sprecher der drei Fraktionen bezeichneten den Moselaufstieg als unverzichtbar für die effektive Entlastung der Trierer Bevölkerung von Lärm und Abgasen des ständig wachsenden Durchgangsverkehrs. Bei der Expertenanhörung am 16. Mai sei die positive Wirkung der Westumfahrung insbesondere für die Moseluferstraßen und für Trier-West noch einmal deutlich geworden.

Ob dem Appell der Stadtratsmehrheit Erfolg beschieden ist, erscheint angesichts anderer Prioritätensetzungen der rot-grünen Landesregierung jedoch fraglich: Im Koalitionsvertrag wird der Verzicht auf den Moselaufstieg bei gleichzeitigem Ausbau des ÖPNV als Ziel der Infrastrukturpolitik in der Region Trier genannt. An diesem Punkt setzten die Gegner des Moselaufstiegs an: Sprecher von SPD und Bündnis 90/Die Grünen forderten eine konsequente Verkehrswende zugunsten des ÖPNV. Wenn die Region die gesamten ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen auf den Moselaufstieg konzentriere, bleibe für alternative Projekte kein Platz mehr.

Im Sinn des Mainzer Koalitionsvertrags, legte die SPD in ihrem Antrag einen Schwerpunkt auf den Bau neuer Regionalbahn-Haltepunkte am Mäusheckerweg und am Messepark. Dem konnten nicht nur die Grünen, sondern auch alle anderen Fraktionen folgen. OB Klaus Jensen kündigte an, baldmöglichst Verhandlungen mit der Landesregierung aufzunehmen, da sich die Stadt außerstande sieht, den Bau der Bahnhöfe mit eigenen Mitteln zu finanzieren. Ziel ist es, bereits im Haushalt 2012 erste Planungen zu verankern.

Jensen hatte sich nach dem Bürgerforum am 16. Mai nach „Abwägung der auf beiden Seiten sehr gewichtigen Argumente“ gegen den Moselaufstieg positioniert. Entsprechend stimmte er im Namen des Stadtvorstands gegen den Appell von CDU, FWG und FDP. Neben der prognostizierten stärkeren Belastung  im Stadtteil Zewen nannte Jensen die schlechten Realisierungschancen als ausschlaggebendes Argument gegen den Moselaufstieg.

In einer eigenen Beschlussvorlage hatte der Stadtvorstand den Ausbau der Achse A 64-B 52-Moselbrücke Ehrang, den Bau der Nordbrücke in Trier und die Reaktivierung Eisenbahn-Westtrasse als Schwerpunkte eines regionalen Verkehrskonzepts genannt. Der Rat stimmte den Punkten 1 und 3 zu, während die Nordbrücke auf Antrag von Ratsmitglied Dr. Johannes Verbeek mehrheitlich abgelehnt wurde.

Auszüge aus der Stadtratsdebatte

Peter Spang (FWG) begründete für die antragstellenden Fraktionen den Appell pro Moselaufstieg: „Lärm macht krank. Jeder Las-ter, der weniger durch Trier-West fährt, bedeutet weniger Belastung. Der Moselaufstieg stärkt den überregionalen Verkehr und schafft eine Möglichkeit, das Trierer Stadtgebiet zu umfahren. Das Projekt war schon im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans und wurde durch eine Gesetzesänderung wieder herabgestuft. Dies war der einzige Grund für die Entscheidung des Oberlandesgerichts, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben. Inhaltlich gab es keine Einwände gegen die Planung, auch ein hohes ökologisches Risiko besteht nicht. Das sind alles Nebelkerzen, ebenso wie der oft zitierte Platz 161 des Moselaufstiegs auf einer Liste von Verkehrsprojekten in Rheinland-Pfalz: Es handelt sich dabei nur um eine Aufzählung und nicht um eine Prioritätensetzung. Der Moselaufstieg muss kommen, wenn wir Trier effektiv vom Verkehr entlasten wollen.“

Thomas Al-brecht (CDU): „Ich bin fassungslos über die Vorlage der Verwaltung. Es ist ein einmaliger Vorgang, dass der Oberbürgermeister die Fachdezernenten in dieser Frage einfach überstimmt hat. Beim Bürgerforum in der Industrie- und Handelskammer sprach sich eine breite Mehrheit der Fachleute für den Moselaufstieg aus, die Gegner haben keine stichhaltigen Argumente vorgebracht. Auch die Stimmung unter den Teilnehmern war mehrheitlich klar für den Moselaufstieg. Das nachdenkliche Schlusswort von OB Jensen hatte mir Hoffnung gemacht, die inzwischen jedoch maßlos enttäuscht worden ist.“

Rainer Lehnart (SPD): „Keine Frage, der Moselaufstieg bringt eine Entlastung. Aber eben nur für wenige Straßen. Der geringe Kosten-Nutzen-Faktor, die verkehrspolitische Bewertung der Landesregierung, die Eingriffe in die Natur, die Mehrbelastung in Zewen und die Tatsache, dass der Durchgangsverkehr nur zehn Prozent des Gesamtaufkommens in Trier ausmacht, sprechen gegen den Moselaufstieg. Wir haben vielfältige Probleme und brauchen vielfältige Lösungen. Zu einem integrierten regionalen Verkehrskonzept gehören der Ausbau der Bahnlinie nach Luxemburg, neue Regionalbahnhaltepunkte, Park and Ride-Plätze, Jobtickets, die Nordbrücke, und die Reaktivierung der Westtrasse. Das Phantomprojekt Moselaufstieg würde alle Finanzmittel an sich binden.“

Reiner Marz (B 90/Grüne): „Ich bewundere Ihre Beharrlichkeit, liebe Kollegen, denn mit dem Moselaufstieg reiten Sie einen toten Gaul – vermutlich noch bis zu seiner Skelettierung. Besonders ärgerlich ist für mich, wie Ihr Antrag formuliert ist: Der ÖPNV ist darin nur Beiwerk und Gedöns, allein der Straßenbau schafft die harten Fakten. Das Grundproblem Ihrer Denke ist, dass Sie es dem Umweltverbund nicht zutrauen, einen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme zu leisten. Deshalb wird die Förderung des ÖPNV bestenfalls halbherzig betrieben. Es geht heute um eine Richtungsentscheidung. Dabei muss uns bewusst sein, dass es für die Verkehrsprojekte in der Region Trier eine Gesamtabrechnung geben wird und die Mittel nur einmal ausgegeben werden können.“

Silke Reinert (FDP): „Wir haben gerne an dem Forum in der IHK teilgenommen. Wenn ich mir aber die Beiträge meiner Vorredner so anhöre, dann waren wir wohl auf unterschiedlichen Veranstaltungen, denn die Fachleute haben vor einer einseitigen Förderung des ÖPNV gewarnt. Auch ich bin über die abschließende Meinung von OB Jensen sehr enttäuscht, zumal sich ein früherer Minister aus seiner Partei für den Mosel-aufstieg ausgesprochen hatte. Der Verkehr wird immer stärker zunehmen, unser Ziel kann daher nur der Moselaufstieg sein.“

OB Klaus Jensen: „Es gibt bei diesem Thema keine einfache Antwort, für beide Seiten lassen sich gewichtige Argumente ins Feld führen. Bei der Abwägung müssen lokale und regionale Aspekte, Verdrängungseffekte, der Zeitfaktor und die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung berücksichtigt werden, wobei ich mich grundsätzlich von den Interessen der Stadt Trier leiten lasse. Der Bau der Umgehungsstraße Biewer, der zu einer höheren Verkehrsbelastung in Pallien und Trier-West geführt hat, ist ein klassisches Beispiel für ein Projekt, das nicht zu Ende gedacht wurde. Beim Moselaufstieg wäre das ohnehin schon vom Verkehr verstopfte Zewen betroffen. Der Moselaufstieg hat frühestens in 15 Jahren eine Chance zur Realisierung. Die Schuldenbremse zwingt die Regierungen dazu, alle Projekte auf den Prüfstand zu stellen. Wir dürfen daher nicht auf die falsche Karte setzen, sondern sollten unsere Ressourcen auf Alternativen konzentrieren, die schneller umgesetzt werden können. In diesem Sinne gibt es eine Entscheidung des Stadtvorstands, die nicht zu skandalisieren ist. Ich werde diese Entscheidung offensiv vertreten.“