Sprungmarken
21.02.2006

Rat sieht kaum noch Gestaltungsspielraum

Doppelhaushalt 2006/2007 verabschiedet

Der Stadt Trier steht das Wasser bis zum Hals: Der Fehlbetrag für die Haushaltsjahre 2006/07 liegt bei 72,6 Millionen Euro.
Der Stadt Trier steht das Wasser bis zum Hals: Der Fehlbetrag für die Haushaltsjahre 2006/07 liegt bei 72,6 Millionen Euro.

Mit einem Fehlbetrag von 72,6 Millionen Euro hat der Stadtrat den Doppelhaushalt 2006/2007 mit großer Mehrheit verabschiedet. Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP stimmten trotz vieler Einwände geschlossen für den letztmalig von Oberbürgermeister Helmut Schröer vorgelegten Etat. Bei der UBM gab es eine Gegenstimme. Die Fraktion B90/Die Grünen votierte einheitlich dagegen.

Der Fehlbetrag beläuft sich im Haushaltsjahr 2006 auf rund 34,3 Millionen Euro und 38,3 Millionen Euro in 2007. Da zu dem addierten Defizit von 72,6 Millionen Euro alte Fehlbeträge aus den Jahren 2004 und 2005 hinzuzurechnen sind, steigt das Gesamtminus des Doppelhaushalts 2006/2007 auf rund 205,1 Millionen Euro. Mit prognostizierten knapp 40 Millionen Euro erreicht die Gewerbesteuer eine Rekordhöhe. Sie reicht aber nicht aus, um allein die Sozialhilfeleistungen von jeweils über 50 Millionen Euro zu begleichen. Für Investitionen sind im Vermögenshaushalt 49,2 Millionen 2006 und nur mehr 39,1 Millionen Euro für 2007 eingeplant. Dieser Stand liegt auf dem Niveau von 1992. Im Rahmen eines Sonderkreditlimits dürfen für besondere Projekte 10 Millionen Euro nicht überschritten werden.

Oberbürgermeister Schröer machte erneut das Strukturdefizit für die katastrophale Haushaltslage verantwortlich. Ungeachtet aller Konsolidierungsbemühungenwürden die durch Gesetze festgelegten Ausgaben bei weitem die Einnahmen übersteigen. Freie Gestaltungsmittel gebe es kaum mehr. Obwohl die finanzielle Situation immer dramatischer werde, habe sich die Öffentlichkeit offensichtlich an die Klagelieder der Städte gewöhnt. Bundes- und Landesgesetze hätten zu einer finanziellen Auszehrung geführt. Seiner Frage, was es bringe, „immer nur zu bellen, aber nicht zu beißen“ fügte Schröer hinzu, wie dies „ohne Zähne“ gehen solle, da die Kommunen bei der Gesetzgebung keine Mitwirkungsrechte hätten. Allein in Rheinland-Pfalz könnten 1048 Städte und Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen, darunter alle Oberzentren.

Auch die im Rat vertretenen Fraktionen beklagten mit unterschiedlichen Schwerpunkten die Auswirkungen des von einem Strukturdefizit geprägten Doppelhaushalts. Gleichzeitig nutzten sie die Gelegenheit, sich bei ihren Redebeiträgen mit grundsätzlichen Fragen der kommunalen Politik auseinander zu setzen. Man wolle die Ärmel hochkrempeln und „mit den vorhandenen minimalen Mitteln ein maximales Ergebnis erreichen“, fasste CDU-Fraktionsvorsitzender Bertrand Adams seine verhalten optimistisch gestimmte Rede zusammen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Friedel Jaeger meinte, „es gehe eigentlich nur darum, den Mangel zu verteilen“, die kommunale Selbstverwaltung stehe nur noch auf dem Papier. Die Zustimmung seiner Fraktion begründete er ungeachtet einer Fülle ungeklärter Probleme mit dem Hinweis, dass der Haushalt dennoch „die Fortentwicklung der Stadt sichert“.

Für die Grünen kritisierte deren Sprecherin Sigrun Friederike Priemer eine Schuldenpolitik zu Lasten nachfolgender Generationen und sprach sich für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, eine frühere Einbindung des Rates und für eine „grundlegende strukturelle Änderung des Haushalts“ aus.

Man könne es sich einfach machen und aufgrund der extern verursachten Haushaltsprobleme Nein zu dem vorgelegten Etat sagen, gab UBM-Fraktionsvorsitzender Manfred Maximini zu bedenken. Mit der Zustimmung wolle man jedoch „ein Zeichen setzen, Verantwortung für die Zukunft unserer Stadt zu übernehmen und etwas Optimismus auszustrahlen“. Das sei „in der augenblicklichen Situation Pflicht“.

FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas Egger sprach sich insbesondere für „Investitionen unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Strukturverbesserung und Wirtschaftlichkeit“ aus und plädierte für eine „weitere Verschlankung und Reduzierung der Verwaltung“. Zwar gebe es beim vorliegenden Doppelhaushalt Verbesserungsbedarf, doch stimme seine Fraktion „den Vorlagen zur Gewährleistung einer funktionierenden Verwaltung zu“.

Das Auseinanderdriften zwischen Einnahmen und Ausgabeverpflichtungen lässt sich anhand der Gewerbesteuer einerseits und der Sozialleistungen andererseits verdeutlichen. Während die Gewerbesteuer 2006 gegenüber 1980 um 83 Prozent stieg, gab es im gleichen Zeitraum eine Zunahme der Sozialhilfebelastung um 252 Prozent. Erheblich gestiegen sind im aktuellen Etat-Ansatz die Energiekosten, von 2,4 Millionen Euro 2005 auf 3,3 Millionen Euro 2006. Mit einem geringfügigen Zuwachs von 1,3 Prozent liegen die Personalausgaben 2006 bei 65,6 Millionen Euro. Wegen der internen Rathaus-Umorganisation wird 2007 mit einem leichten Rückgang gerechnet. Bei der Zinssteuerquote, die den Anteil der für Zinsen aufzubringenden Einnahmen beziffert, ist mit einer Erhöhung von 17,5 (2005) auf 20,7 Prozent für dieses Jahr auszugehen.

Während der verabschiedete Doppeletat die geplante Sanierung des Südbads ausdrücklich ausklammerte, wurden 500.000 Euro zur Verbesserung der Straßen und 100.000 Euro für das Radwegenetz eingeplant. Angehoben wurde aufgrund der aktuellen Entwicklung der Zuschuss an die Beutelweggenossenschaft von 500.000 auf 800.000 Euro. Das Theater erhält 30.000 Euro zur Nutzung einer neuen Probebühne in der Karthäuser Straße. 50 Prozent der Kosten trägt das Land. Beschlossen wurde zudem eine Erhöhung der Straßen-Parkgebühren in der Innenstadt.