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11.01.2011

Provokante Kühe statt elegantes Stadtleben

Heinrich Zügels um 1910 entstandenes Gemälde „Hirte mit Rindern“ ist im Stadtmuseum wieder ausgestellt. Foto: Stadtmuseum
Heinrich Zügels um 1910 entstandenes Gemälde „Hirte mit Rindern“ ist im Stadtmuseum wieder ausgestellt. Foto: Stadtmuseum
Parallel zur Wettbewerbsausstellung um den Ramboux-Preis der Stadt Trier 2010 zeigt das Stadtmuseum Simeonstift Gemälde, Skulpturen und Fotoarbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts aus eigenem Bestand. Da vergangene Sonderausstellungen stets beide Stockwerke des Neubaus belegten, mussten Werke der eigenen Sammlung im Depot gelagert werden und sind jetzt nach rund zwei Jahren wieder öffentlich zu sehen.

Große europäische und internationale Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts prägten zeitversetzt auch das hiesige Kunstschaffen, für das vor allem die Trierer Werkkunstschule wichtige Impulse gab. Als einer der wichtigsten Vertreter des Informel gilt der mehrfache documenta-Teilnehmer Hans Hartung. In den 1980er Jahren bearbeitete er seine Leinwände mit der Sprühpistole, häufig auch mit Besen oder Palmwedel. Frei aus dem Handgelenk schleuderte er die Farbe auf den Bildträger. Das Ergebnis sind abstrakte Kompositionen, deren Wucht und Dynamik des unkontrollierten Pinselschwungs an eine Explosion erinnern. Ruhiger geht es bei Erich Kraemer zu, Hochschullehrer und Gründer der Europäischen Kunstakademie, der seine Farbpalette auf Brauntöne reduzierte. Die Ölfarben mischte er mit Sand und Staub, so dass sie ihren Glanz verloren und stumpf und matt an die natürliche Farbigkeit von Erde erinnern. In die dick aufgetragenen Farbschichten ritzte und kratzte Kraemer seine Strukture, manchmal sogar so tief, dass die Leinwand sichtbar wird.

Auch durch Schenkungen privater Sammler gelangten bedeutende Werke der klassischen Moderne in die Sammlung des Museums, darunter „Birken am Wannsee“ von Max Liebermann. Mit lockerem Pinselstrich gibt das Gemälde den Blick auf sein Gartengrundstück wieder. Liebermann war ein Freilichtmaler. So gelang es ihm, die Stimmung eines schönen Sommertages einzufangen. Auch Heinrich von Zügel war ein Vertreter der Freilichtmalerei, doch statt der reinen Landschaft widmete er sich vorwiegend der Darstellung von Tieren. Kühe gehören zu seinen Hauptmotiven. Als radikal und provokant wurde damals ein solches Thema empfunden, war man doch idealisierte Darstellungen des eleganten Stadtlebens gewöhnt. Heute vermitteln die ruhigen Szenen des ländlichen Lebens einen eher idyllischen und harmonischen Eindruck.

Neben Gemälden sind auch zeitgenössische, künstlerische Fotoarbeiten von Karola Perrot oder Rut Blees Luxemburg und Skulpturen, etwa von Hans Arp, zu sehen. Die Präsentation spiegelt den umfangreichen und vielfältigen Bestand des Museums wider. Direktorin Dr. Elisabeth Dühr freut sich, die hochkarätigen Werke wieder zeigen zu können, machen sie doch die „gewachsene Sammlungsvielfalt deutlich und illustrieren bestens die ortspezifischen Schwerpunkte des Hauses“.