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20.03.2012

"Präsenzkultur" hemmt Gleichstellung

Besucherinnen im Gespräch mit Wissenschaftspionierin Ada Lovelace, die die Studentin Kyra Nele Rangwitz verkörpert. Der Stand präsentierte ein Netzwerk zur naturwissenschaftlich-technischen Bildung.
Besucherinnen im Gespräch mit Wissenschaftspionierin Ada Lovelace, die die Studentin Kyra Nele Rangwitz verkörpert. Der Stand präsentierte ein Netzwerk zur naturwissenschaftlich-technischen Bildung.
Mit einem Frauenanteil von 47 Prozent im Stadtrat ist Trier im Vergleich mit ländlichen Kommunen schon auf einem guten Weg. Es gibt aber immer noch strukturelle Hürden, darunter die beliebte „Präsenzkultur“: Sie zwingt Frauen immer wieder, zu familienunfreundlichen Zeiten im Interesse einer politischen Karriere an manchmal stundenlangen Sitzungen teilzunehmen. Diese Einschätzung war ein Ergebnis der Podiumsdiskussion „Frauen in die Politik!“ unter der Leitung der Frauenbeauftragten Angelika Winter.

Die Debatte bildete den Abschluss einer Veranstaltung auf Einladung der Mainzer Staatskanzlei in der FH mit rund 160 Besuchern, darunter die Beigeordneten Angelika Birk und Simone Kaes-Torchiani. Das Programm entstand in Kooperation mit der Stadt, dem Landesministerium für Integration, Familie, Kinder und Jugend
sowie dem Netzwerk der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Großregion. Dort sollen mehrere Veranstaltungen Facetten der Nachhaltigkeit unter frauenspezifischen Aspekten in den Fokus rücken.

Für die vier Vertreterinnen des Stadtrats in der Abschlussdebatte hat sich der Einsatz der letzten Jahre für mehr Teilhabe und Gleichberechtigung gelohnt. Es gebe aber immer noch einigen Nachholbedarf. Als Vorbild wurden skandinavische Länder genannt. Dort finden generell abends ab 18 Uhr, wenn sich gerade die Mütter nach der Schule oder der Kita um ihre Kinder kümmern wollen, keine Gremiensitzungen mehr mit wichtigen Entscheidungen statt. Zudem sei es dort im Unterschied zu Deutschland üblich, dass auch Männer in Führungspositionen erst morgens um 9 Uhr ins Büro kommen, weil sie vorher Sohn oder Tochter in die Kita bringen. In Deutschland sei eine Abkehr von der starren „Präsenzkultur“ gerade in der Kommunalpolitik dringend nötig. Auf der anderen Seite müssten aber die Frauen noch mehr Mut für neue Wege fassen und ihre Netzwerke stärken. Ein Beispiel ist das Mentoring-Programm für Frauen in der Kommunalpolitik.

Im Rathaus stieg die Anzahl von Frauen in Führungspositionen dank des Audits „Beruf und Familie“ und eines Förderplans. Der Stadtvorstand besteht zur Hälfte aus Frauen. „Dennoch bleibt noch einiges zu tun, denn der überwiegende Teil der Amtsleiter ist männlich“, betonte OB Klaus Jensen in seinem Grußwort. Als Beleg für das politische Interesse der Frauen nannte er unter anderem die Tatsache, dass rund 40 Prozent der beim Bürgerhaushalt 2011 engagierten Personen weiblich waren. Beim Jugendparlament sind immerhin 45,5 Prozent der in der Altersgruppe zehn bis 13 Jahre gewählten Mitglieder Mäd-chen. Bei den 14- bis 18-Jährigen liegt ihr Anteil mit 27,3 Prozent dagegen etwas niedriger.