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08.04.2014

Perspektiven für Industriebrache

Foto: Innenansicht der Lokrichthalle
Der Blick in den lichtdurchfluteten Innenraum der dreischiffigen Lokrichthalle verdeutlicht das Potenzial des Industriedenkmals für eine moderne Nutzung. Foto: Hochschule Trier, Fachrichtung Architektur
Eine riesige Industriebrache mitten in Trier-West wird Schritt für Schritt wieder zum Leben erweckt: Das jedenfalls ist die Intention des Bebauungsplans „Eurener Straße, Im Speyer, Überbrücken“ (BW 61-1), der in einen Grünzug, ein Wohn-, ein Gewerbe- und ein Mischgebiet aufgeteilt ist. Für das Herzstück des Areals, die 190 Meter lange und 22 Meter hohe Lokrichthalle, gibt es noch kein spruchreifes Nutzungskonzept.

Der Stadtrat hat den Bebauungsplan für das 18,6 Hektar große Gebiet nach Abwägung der Stellungnahmen aus der zweiten Offenlegung im Januar nun mit großer Mehrheit als Satzung beschlossen. Gegen die Vorlage stimmten sechs Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Grüne und Linde Andersen von der Linken. „Dieser Beschluss ist entscheidend für die Fortsetzung unserer Bauarbeiten“, sagt David Becker, Leiter des Projekts Bobinet bei der EGP. Die Immobiliengesellschaft mit städtischer Beteiligung hat das frühere Betriebsgelände der Gardinen- und Textilfabrik Bobinet (später Eybl) 2011 erworben und entwickelt es zu einem Mischgebiet mit Büros und Wohnungen.

In den alten Fabrikhallen, in denen um 1960 bis zu 800 Arbeiter beschäftigt waren, entstehen Loftwohnungen, die mit 3,50 Meter hohen Decken und offenen Stützbalken die frühere industrielle Nutzung erkennen lassen. „Wer hier einzieht, muss Begeisterung für diese Art des Wohnens mitbringen. Die Grundrisse können unsere Kunden bis zu einem gewissen Grad individuell gestalten“, erklärt Becker. Bisher geht die Strategie nach seiner Darstellung auf: Von den 28 Eigentumswohnungen in den schon weitgehend umgebauten Hallen 2 und 3 seien trotz der in unmittelbarer Nähe verlaufenden Bahntrasse Trier-West bereits 24 verkauft.

Ob das Areal sich zum neuen Trierer Szeneviertel entwickelt, steht und fällt wahrscheinlich mit der künftigen Nutzung der im Besitz der Firma Knaf befindlichen Lokrichthalle. Der 1908 bis 1912 im Auftrag der königlich- preußischen Eisenbahndirektion errichtete Baukörper mit einer Grundfläche von 12.200 Quadratmetern ging 1976 „außer Dienst“ und gilt heute trotz fortgeschrittenem Verfall als einzigartiges Industriedenkmal. Mit der Beschreibung „kleinteilig und dennoch denkmalgerecht“ wird die künftige Nutzungsstruktur im Bebauungsplan bewusst offengelassen. Einen ersten Denkanstoß lieferte vor kurzem eine Ausstellung der Hochschule Trier: Architektur-Studenten zeigten ihre Entwürfe für einen Umbau der Lokrichthalle zu einem Hochschul- und Gründertechnologiezentrum. Im städtebaulichen Vertrag mit der Stadt verpflichtet sich der Eigentümer, binnen zwei Jahren ein Nutzungskonzept vorzulegen. Für das westlich der Lok- richthalle gelegene Brachland gibt es dagegen schon konkrete Planungen für ein Wohngebiet mit dreigeschossigen Neubauten.

Zur Erschließung des Gebiets ist eine neue Straße geplant, die von einem Kreisverkehr in der Straße im Speyer abzweigt und von den Grundstückseigentümern EGP und Knaf finanziert wird. Für einen späteren Zeitpunkt ist eine Durchbindung bis zum Knotenpunkt Hornstraße/Eurener Straße vorgesehen. Dadurch sollen die bisherigen Hauptachsen Luxemburger Straße und Eurener Straße entlastet werden.