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18.01.2011

"Onleihe" hat schon viele Fans

Kinder gehören zu den wichtigsten Kunden der Stadtbibliothek im Palais Walderdorff.  Gerade zu den Ferien decken sich viele mit „Lesefutter“, CDs und DVDs ein
Kinder gehören zu den wichtigsten Kunden der Stadtbibliothek im Palais Walderdorff. Gerade zu den Ferien decken sich viele mit „Lesefutter“, CDs und DVDs ein
Das Internet hat das Lexikon als alltägliches Nachschlagemedium abgelöst und Romane werden immer öfter auf dem Lesegerät „Kindle“ statt als gedrucktes Buch gelesen. Die Stadtbibliothek im Palais Walderdorff hat sich auf diese Trends frühzeitig eingestellt, setzt immer stärker auf digitale Medien und meldet für 2010 ein Plus von 2,3 Prozent bei den Entleihungen.

Bibliotheken als reine Sammelstellen für Bücher haben kaum Zukunft. Eine langfristige Überlebenschance haben sie nur, wenn sie sich zu Knotenpunkten im digitalen Informationsnetz weiterentwickeln. Zu diesem Ergebnis kam ein Symposium an der Universität Erfurt. Wie es funktionieren kann, zeigt das Projekt „Onleihe Rheinland-Pfalz“, an dem seit Oktober 2010 auch die Stadtbibliothek Palais Walderdorff beteiligt ist. Wer einen Bibliotheksausweis besitzt, kann über das Internet auf derzeit 2860 E-Books und andere digitale Medien zurückgreifen und sich für eine begrenzte Frist auf den eigenen PC laden. In gut zwei Monaten haben Kunden der Bibliothek das Angebot bereits 1600 Mal genutzt.

„Komplett überrascht waren wir davon, dass die Onleihe auch von der älteren Generation sehr gern genutzt wird“, berichtet Iris Gesellchen, Leiterin der EDV-Abteilung. Gerade für Menschen, die nicht mehr so agil seien und den Weg ins Palais Walderdorff scheuten, sei die digitale Ausleihe offenbar eine willkommene Bereicherung. Der Anteil der Hörbücher, CDs, DVDs, PC- und Konsolenspiele am Präsenzbestand der Bibliothek nimmt ständig zu. 10.500 der insgesamt 107.800 Medien zählen inzwischen zu dieser Kategorie, die immer stärker nachgefragt wird: Inklusive „Onleihe“ wurde 2010 ein Zuwachs von 5,5 Prozent registriert. Der absolute Renner bei den Spielen waren im vergangenen Jahr verschiedene Versionen der „Sims“, bei den Hörbüchern lagen Harry Potter und die „Drei Fragezeichen“ gut im Rennen.

Die Stadtbibliothek Palais Walderdorff gehört zum Bildungs- und Medienzentrum. Dessen Leiter Rudolf Hahn setzt auf einen „Medien-Mix“, dessen Zusammensetzung laufend neu justiert werde, um der Nachfrage der Bibliotheksbenutzer optimal zu entsprechen. In diesem Mix wird das klassische Buch auf absehbare Zeit weiter eine herausragende Rolle spielen. Obwohl der Bestand insgesamt zurück geht, wurden 1,6 Prozent mehr Bücher ausgeliehen als ein Jahr zuvor.

Die Hitliste der Belletristik wird von Thrillern und Krimis dominiert. „Vergebung“ von Stieg Larsson und „Die letzte Spur“ von Charlotte Link waren am beliebtesten. Bei den Sachbüchern lag Richard D. Prechts Bestseller „Wer bin ich und wenn ja wie viele“ nur knapp vor den „Lokalmatadoren“ Verona Kerl und Roland Morgen mit ihrem Band „Trier zu Fuß“. Für Kinder bleibt Harry Potter der unangefochtene Held: Er belegt drei der fünf ersten Plätze in dieser Kategorie. Bei den älteren Jugendlichen lag das Tagebuch von Anne Frank weit vorn.

Insgesamt hat die Bibliothek die im vorigen Jahr knapp verfehlte Schallmauer von 300.000 Entleihungen diesmal klar übertroffen: Genau 307.045 Medien gingen 2010 über die Theke. Die Zahl der aktiven Benutzer ging allerdings um circa ein Prozent auf 6481 zurück, es gab auch deutlich weniger Neuanmeldungen. Ein Plus von rund sieben Prozent gab es jedoch bei den älteren Kunden ab 60 Jahren.

Bibliotheksleiterin Gertrud Stelter hat jedenfalls angesichts der Bilanz einigen Grund zur Zuversicht: „Die viel beschworene Krise des Lesens ist bei uns noch nicht angekommen.“