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27.07.2021

"Noch spannender als ich gedacht habe"

Melanie Erschens und ihr Kollege Philipp Wengler halten neben ihrem Einsatzfahrzeug eine Einsatzbesprechung.
Melanie Erschens und ihr Kollege Philipp Wengler bei einer Einsatzbesprechung in der Simeonstraße während ihres Frühdienstes.
Die Stadtverwaltung Trier hat das Spektrum ihrer Ausbildungsberufe ergänzt: Derzeit werden auch Bewerberinnen und Bewerber gesucht, die sich zum/zur Verwaltungsfachangestellten mit Schwerpunkt im Kommunalen Vollzugsdienst (KomVD) ausbilden lassen wollen. Melanie Erschens (27) und Philipp Wengler (25) sind beim Ordnungsamt im Kommunalen Vollzugsdienst tätig und geben im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) Einblicke in ihren Arbeitsalltag.

RaZ: Wie sind sie auf dieses Berufsbild aufmerksam geworden?

Melanie Erschens: Ich habe eine Ausbildung bei der Stadtverwaltung zur Verwaltungsfachangestellten gemacht und dann in der Zulassungsstelle gearbeitet. Eines Tages kam ein Kollege des KomVD vorbei, der früher auch bei der Zulassung war. Im Gespräch ergab sich, dass das für mich interessant ist. Daraufhin habe ich eine Initiativbewerbung gestartet und bin vor drei Jahren gewechselt.
Philipp Wengler: Bei mir war es eher ein Zufall, dass ich die Ausschreibung auf der städtischen Internetseite gesehen habe. Damals war ich nach der Ausbildung bei der Stadtverwaltung Bitburg tätig. Das war auch persönlich ein günstiger Zeitpunkt. Daraufhin habe ich mich beworben und bin vor zwei Jahren zum KomVD nach Trier gewechselt.

Was hat Sie daran gereizt?

Erschens: Dieser Beruf bietet Innen- und Außendienst. Zudem finde ich es megainteressant, herausfordernde Einsätze, zum Beispiel mit psychisch kranken Menschen, Obdachlosen oder in vermüllten Wohnungen, zu bewältigen.
Wengler: Ich wollte mal etwas Neues in einem Beruf ausprobieren, der sich schon in vielem vom klassischen Verwaltungsalltag unterscheidet. Zudem kann man hier vielen Leuten helfen. Ein weiteres Plus aus meiner Sicht sind die flexiblen Arbeitszeiten im Schichtdienst, von 7. 30 bis 16 Uhr und von 16 bis 0.30 Uhr sowie samstags von 9.30 bis 18 sowie von 18 bis 2.30 Uhr.

Haben Sie bei den Einsätzen immer eine Kollegin oder einen Kollegen als festen Partner?

Erschens: Nein, das wird den aktuellen Anforderungen angepasst und hängt auch von der Einsatzlage ab.

Wie waren die ersten Erfahrungen im KomVD?

Erschens: Es war noch spannender, als ich gedacht habe. Langweilig wird es allein deswegen schon nicht, weil es so viele verschiedene Aufgabengebiete gibt.

Was war in ihrer bisherigen Tätigkeit das eindrücklichste Erlebnis?

Erschens: Da fällt mir eine ganze Menge ein. Wenn Nachbarn anrufen, weil ein alleinstehender älterer Herr oder eine Dame tagelang nichts von sich hören lassen. Da können wir vorbeifahren, uns ein Bild von der Situation machen und etwa mit dem sozialpsychiatrischen Dienst beim Gesundheitsamt nach einer Lösung suchen. Durch uns kommt die Hilfe ins Rollen.
Wengler: Vorletzte Woche hatten wir einen an Demenz erkrankten älteren Mann, der von zu Hause verschwunden war. Durch einen Streifengang und die Befragung von Nachbarn konnten wir ihn wiederfinden. Seine Familie war erleichtert und unendlich dankbar.

Gibt es dafür spezielle Schulungen?

Erschens: Das Thema wurde bei der zehnwöchigen Schulung in der Polizeihochschule angesprochen, die wir nach dem Wechsel in das neue Berufsfeld absolviert haben. Da werden auch Szenarien für verschiedene Einsätze, zum Beispiel mit psychisch Kranken oder verwirrten Menschen, durchgespielt.
Wengler: Da lernt man auch sehr viel aus der Praxis und von erfahrenen Kollegen, die einem zum Beispiel die Gesprächsführung für einen solchen Fall näherbringen.
Erschens: Wenn man neu in diesem Arbeitsfeld ist, fährt man oft auch zu dritt zu einem Einsatz raus.

Wie hat sich Ihre Arbeit durch die Corona-Pandemie geändert?

Wengler: Für uns ist dadurch ein komplett neues Arbeitsgebiet dazugekommen, auch bei den Rechtsgrundlagen, wo wir immer den aktuellen Stand kennen müssen. Die Wahrnehmung unserer Kontrollen war teilweise positiv, es gab aber auch Ärger oder Beschwerden, vor allem wenn wir Sanktionen aussprechen mussten.
Erschens: Es war interessant, aber es gab auch einiges an zusätzlicher Arbeit. Die Umsetzung der Corona-Regeln war nicht immer ganz einfach. Da war auch immer wieder Fingerspitzengefühl gefragt, zum Beispiel bei der Kontrolle größerer Gruppen.

Sind sie auch schon mal im Dienst persönlich „angemacht“ worden?

Erschens: Seit Corona ist das schlimmer geworden, die Menschen sind teilweise schon aggressiver. Man muss gerade in solchen Situationen selbstbewusst sein und sich durchsetzen können.
Wengler: Man darf so etwas nicht persönlich nehmen und muss ein dickes Fell haben.

Welche Eigenschaften sind noch wichtig?

Wengler: Teamfähigkeit ist eine wichtige Anforderung. Nach schweren, belastenden Einsätzen ist der Austausch untereinander sehr wichtig. Weil man jeden Tag etwas Neues erlebt, ist auch Flexibilität gefragt und man muss auf unerwartete Situationen reagieren können.
Erschens: Teamfähigkeit möchte ich auch als wichtige Anforderung nennen. Der Zusammenhalt bei uns funktioniert sehr gut. Aber auch Geduld ist bei den Einsätzen immer wieder wichtig.

Das Gespräch führte Petra Lohse

 
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