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11.03.2014

"Narrenkäfig" hat sich insgesamt bewährt

Foto: Buntes Treiben auf dem Hauptmarkt bei der Prinzenproklamation
Die Prinzenproklamation am Fetten Donnerstag verfolgten zahlreiche bunt kostümierte Narren auf dem Hauptmarkt. Die ATK hatte erstmals ein fest abgegrenztes Festgelände angeboten.

Zwei Wochen nach dem weitgehend friedlichen Straßenkarneval am Fetten Donnerstag zieht der Jugendhilfeausschuss am 13. März eine erste Bilanz. Die für Jugendschutz zuständige Bürgermeisterin Angelika Birk zieht im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) ihr persönliches Fazit und kündigt ein zusätzliches Präventionskonzept an, das nicht nur an Weiberfastnacht den Alkoholmissbrauch vor allem von Jugendlichen reduzieren soll.

RaZ: Wie beurteilen Sie die Premiere des „Narrenkäfigs“, der als abgegrenzte Fete der ATK auf dem Hauptmarkt stattfand, sowie den weiteren  Ablauf am Fetten Donnerstag?

Birk: Nach meiner Einschätzung hat sich der „Narrenkäfig“ insgesamt bewährt. Jugendhilfeausschuss und der Runde Tisch aller beteiligten Institutionen werden den Tag bewerten und ihre Schlüsse für die Zukunft daraus ziehen. Mein erster Eindruck ist, die Kombination des Alkoholverbotes in der Altstadt mit der Ausnahme des Narrenkäfigs auf dem Hauptmarkt hat sich bewährt. Ich danke allen, die im Hintergrund daran mitgewirkt haben, dass der Weiberdonnerstag im Großen und Ganzen so fröhlich und friedlich verlaufen ist. Die hohe Zahl von rund 550 festgestellten Verstößen gegen das Alkoholverbot zeigt aber auch, dass die Kontrollen unerlässlich sind.

Welchen Beitrag haben der Jugendschutz und Jugendpflege im Rathaus zu dem insgesamt friedlichen Verlauf der Weiberfastnacht 2014 geleistet?

Die Jugendschützer der Stadt und aus dem Landkreis sowie das Ordnungsamt haben die Polizei unterstützt, gegen Alkoholmissbrauch, vor allem bei Minderjährigen, vorzugehen. Jugendzentren hatten den Leitern der großen weiterführenden Schulen in der Stadt schon letztes Jahr angeboten, sie bei einem großen Stadtfest in einer der Schulen zu unterstützen, aber dieses Angebot fand keine Resonanz bei den Schulleitern, ebenso wenig wie der Vorschlag, sich hinsichtlich der Unterrichtslänge am Fetten Donnerstag abzustimmen. Daher haben die Jugendzentren Mergener Hof und das Exhaus mit Unterstützung des Jugendamtes Feten für Jugendliche unter und über 16 Jahren veranstaltet. Im Exhaus fand sie großen Zuspruch, wenn auch die Resonanz nicht so groß wie 2013 war. Damals gab es aber den „Narrenkäfig“ noch nicht, der diesmal viele Jugendliche auf den Hauptmarkt gelockt hat. Im Mergener Hof war das Interesse eher gering. Daher muss man das Konzept einer alkoholfreien Jugendfete für die unter 16-Jährigen noch einmal überdenken.

Hat es an dieser Stelle einen grundsätzlichen Wandel gegeben?

Heutige Kinder verstehen sich im Vergleich mit Altersgenossen vor 20 Jahren viel früher als Jugendliche. Die Schutzgrenze von 16 Jahren ist medizinisch richtig, funktioniert aber sozial nicht mehr. Insgesamt ist der Alkoholkonsum zwar zurückgegangen, aber längst nicht so stark wie das Rauchen. Dagegen ist das Einstiegsalter stark gesunken und junge Konsumenten trinken oft direkt die härteren Sachen. Das ist kein Phänomen einer bestimmten sozialen Schicht. Das schlechte Vorbild vieler Erwachsener ist dabei ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Wie werden die Erfahrungen der Weiberfastnacht 2014 nachbereitet? Soll der Runde Tisch fortgesetzt werden?

Das Engagement aller Beteiligten am Runden Tisch im Vorfeld hat sich gelohnt. Es sollte fortgesetzt und kann bei Bedarf auch auf andere Großveranstaltungen ausgeweitet werden.

Wie können Eltern stärker eingebunden werden, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden?

Das Jugendamt hat in diesem und im letzten Jahr alle Eltern über die Schulen vor dem Weiberdonnerstag angeschrieben. Sie wurden auf mögliche Gefahren hingewiesen und gebeten, sich besonders darum zu kümmern, wie ihr Kind den Fetten Donnerstag verbringt. Das ganze Jahr über gibt es neben den Standardangeboten der Suchtberatungen besondere Aktivitäten zur Alkoholprävention sowie Beratungsabende an den Schulen.

Wie kann Alkoholmissbrauch durch Minderjährige nicht nur am Fetten Donnerstag langfristig reduziert werden?

Auch ohne Anlass wird die Einhaltung der Altersgrenzen beim Alkoholverkauf in Läden, der Gastronomie und an Tankstellen noch konsequenter kontrolliert. Freie Träger der Jugend- und Suchthilfe sowie die Stadt haben zu Veranstaltungen eingeladen, um die Suche nach Strategien gegen den Missbrauch zu intensivieren. Eine internationale Tagung der Suchtberatung „Die Tür“ und der Stadt mit Unterstützung der Großregion ist besonders hervorzuheben: 2013 stellten in der Tufa Experten aus Nachbarländern und Konstanz erfolgreiche Beispiele für Prävention und Intervention vor. Da in Trierer Kliniken durchschnittlich jedes Wochenende mindestens ein junger Mensch zur Ausnüchterung eingeliefert werden muss, wollen wir ein Kernelement des seit langem in mehreren Bundesländern bewährten Konstanzer Projekts „HaLT“ aufgreifen: Wenn die betroffenen Jugendlichen wieder wach werden, geht es ihnen meist noch nicht sehr gut. Sie kommen ins Grübeln. An diesem Punkt soll ein „Brückengespräch“ mit einem Suchtberater stattfinden. Dies führt nachweislich bei einem Teil der Betroffenen zu einer Kehrtwende im Verhalten. Andere benötigen dagegen zusätzlich eine Gruppentherapie. Durch die Gespräche werden auch Familien erreicht, die von sich aus nicht in die Beratung kommen würden.

Was sind die nächsten Schritte für eine verbesserte Prävention?

Wir wollen erreichen, dass Trier als erste Stadt in Rheinland-Pfalz das Modellprojekt „HaLT“ ab 1. Januar 2015 für drei Jahre erprobt. Über eine entsprechende Vorlage mit weiteren Elementen zur Prävention entscheidet der Stadtrat am 3. April. Andere Bundesländer finanzieren Einsätze der Suchtberater in den Kliniken teilweise aus ihrem Budget. Außerdem beteiligen sich dort auch die Krankenkassen an den Kosten. Das wollen wir in Rheinland-Pfalz auch erreichen. 

Das Gespräch führte Petra Lohse