Sprungmarken
20.05.2014

Mutiger Kampf

Foto: Präsentation über Heinrich Hirtsiefer in der Ausstellung im Palais Walderdorff.
Präsentation über Heinrich Hirtsiefer in der Ausstellung im Palais Walderdorff.
„So kann das nicht ewig weitergehen. Das ist ausgeschlossen, dass das Deutschland ist.“ Mit diesen Worten begründete der 1941 an den Folgen der KZ-Haft gestorbene Heinrich Hirtsiefer seinen unerschrockenen Widerstand gegen das NS-Regime. Er ist einer von 16 Gewerkschaftern, deren Schicksal in einer neuen Ausstellung im VHS-Atrium gezeigt wird.

Studierende der FU Berlin haben die Biographien in einem Projektseminar unter Leitung von Professor Siegfried Mielke und Professor Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, recherchiert und für die bundesweite Ausstellung aufbereitet. Ergänzend entstand ein Begleitband, der das Schicksal von insgesamt 34 Gewerkschaftern nachzeichnet. Beide Projekte konnten dank der Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung realisiert werden.

Die Ausstellungsarchitektur zeigt eindrucksvoll, welch brutalen Einschnitt die Lagerhaft für die Widerstandskämpfer bedeutete. Die knappe zusammenfassende Dokumentation über diese Zeit ragt als Keil in die Lebensgeschichte. Gleichzeitig erhalten die Besucher Hintergrundinformationen über die Strukturen des NS-Unterdrückungssystems.

Besonders eindrucksvoll und berührend sind immer wieder die Zitate der einzelnen Gewerkschafter im rechten Flügel der dreiteiligen Präsentation (Foto oben). „Abends war ich so geschwächt, dass ich nur mit Hilfe von Kameraden auf den Strohsack kriechen konnte.“ Mit diesen Worten beschreibt Metallgewerkschafter Alwin Brandes, der zuvor 21 Jahre Mitglied des Reichstags war, sein Schicksal in den Lagern. Er kam 1935 mit 68 Jahren ins KZ Sachsenhausen, überlebte die NS-Zeit und starb 1949 im damaligen Ost-Berlin an den Folgen der Haft und der brutalen Folter. Das Ausstellungsmotto „Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht“ ist ein Zitat des Hamburger Gewerkschafters Walter Schmedemann.

Einsatz für den Wiederaufbau

Der besondere zeitgeschichtlich-didaktische Wert der Ausstellung liegt aber auch darin, dass die unmittelbare Nachkriegszeit einbezogen wird. Sehr viele der überlebenden Gewerkschafter engagierten sich sofort nach der Kapitulation für den Wiederaufbau der Gewerkschaftsbewegung, einige gingen in die Politik. So war Schmedemann unter anderem bis 1962 Vize-Vorsitzender der Hamburger SPD sowie von 1948 bis 1953 und von 1957 bis 1967 Gesundheitssenator seiner Heimatstadt.

Ausstellungskurator Morsch erinnerte in seiner Rede unter anderem daran, dass sich viele der in Konzentrationslagern inhaftierten Gewerkschafter bereits wenige Monate nach der Machtergreifung Widerstandsgruppen angeschlossen hatten, teilweise zusammen mit Sozialdemokraten und Kommunisten. Der Umfang dieser Aktionen werde bis heute selbst in Gewerkschaftskreisen deutlich unterschätzt.

Um eine regionalgeschichtliche Komponente ergänzt wurde die Ausstellungseröffnung durch das Grußwort des Landesbürgerbeauftragten Dieter Burgard. Er ist Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte KZ Hinzert und erinnerte daran, dass in diesem Lager viele im Widerstand aktive luxemburgische Gewerkschafter von den NS-Schergen ermordet wurden.

Zu Beginn hob Rudolf Hahn, Leiter des Bildungs- und Medienzentrums, als Gastgeber die große Rolle der politischen Bildung im Trierer VHS-Programm hervor. Landesweit nehme man eine Spitzenstellung ein. Die zeitgeschichtlichen Ausstellungen würden pro Werktag von jeweils etwa 500 bis 600 Besuchern gesehen, die durch das Atrium gehen, um einen VHS-Kurs zu besuchen oder die Bibliothek zu nutzen.

Die neue Ausstellung ist bis 8. Juni geöffnet jeweils Montag bis Donnerstag, 9 bis 20, Freitag, 9 bis 18, sowie Samstag, 10 bis 13 Uhr. Am Dienstag, 27. Mai, ist das Palais Walderdorff geschlossen.