Sprungmarken
03.07.2018

Mit Schokolade und Taktstock

Victor Puhl
Victor Puhl

Nach zehn Jahren am Trierer Theater hat Generalmusikdirektor Victor Puhl das Haus zum Ende der Spielzeit verlassen. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung blickt der Dirigent auf seine Zeit in Trier zurück. Eine Zeit, die neben sehr vielen schönen auch schwierige Momente hatte, wie Puhl verrät.

RaZ: Herr Puhl, nach zehn Jahren als Generalmusikdirektor am Trierer Theater – an was erinnern sie sich zurück?

Puhl: Als ich 2008 anfing, probte das Orchester in einem viel zu kleinen Raum im Theater unter nicht zumutbaren Bedingungen. Mein Probedirigat habe ich unter gefühlten 50 Grad gemacht. Also sagte ich zu dem damaligen Kulturdezernenten Ulrich Holkenbrink, dass wir einen neuen Proberaum finden müssen. Auch wenn ich noch ein Jahr in dem alten Raum proben musste, war ich sehr froh, als wir dann in der Kirche Christ-König in Trier-West anfangen konnten. Das ist auch noch der heutige Proberaum des Orchesters. Aber eigentlich wünsche ich ihm nach der Sanierung einen eigenen Raum im Theatergebäude. Ich erinnere mich natürlich auch gerne an tolle Konzerte mit dem Orchester zurück, etwa 2010 in Metz oder auch bei den Antikenfestspielen.

War es von Anfang an geplant, dass Sie zehn Jahre am Trierer Theater bleiben?

Nein. Ursprünglich wollte ich nur vier Jahre bleiben. Aber ich habe mich so wohlgefühlt und die Trierer haben mich so gut aufgenommen, dass ich weitere vier Jahre blieb. Dann durchlief das Theater eine schwierige Phase und ich habe mich entschieden, noch zwei weitere Jahre dranzuhängen. Während dieser Zeit kamen nicht viele Zuschauer ins Theater, die Konzerte waren aber meist gut besucht. So wollte ich dabei helfen, das Theater wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen.

Mit der schwierigen Phase spielen Sie auf die Intendanz unter Karl Sibelius an…

Leider hat er versucht, mir Steine in den Weg zu legen. Ich habe nicht verstanden warum, ich war sehr offen zu ihm und habe ihm meine Unterstützung angeboten. Er hat jedoch klar gemacht, dass er nicht mit mir arbeiten wollte und hat seinen Alleingang gemacht. Künstlerisch hatte er durchaus gute Ideen, aber er hat taktische Fehler gemacht und dem Theater geschadet. Das nach der Intendanz von Sibelius eingesetzte Leitungsteam hat viel geopfert, um das Theater über Wasser zu halten. Den Kollegen gilt meine ganze Bewunderung. Das war keine einfache Aufgabe.

Und wie sehen Sie die Zukunft des Hauses?

Fest steht für mich: Das Theater ist ein Identifikationsfaktor für die Stadt, ein Trier ohne Theater darf es nicht geben. Ich bin jetzt sehr froh, dass wir mit Manfred Langner einen neuen Intendanten und mit Jochem Hochstenbach einen neuen GMD haben und wünsche mir, dass die Trierer genauso herzlich mit ihnen umgehen wie mit mir.

Wie würden Sie das Trierer Publikum charakterisieren?

Als ich in Trier anfing, war die Situation nicht allzu rosig. Mein Vorgänger verließ das Haus unter Krach im Gefecht mit dem Orchester, er war jedoch beliebt beim Publikum. Die ersten paar Jahre waren nicht so einfach. Meine Weltmusik-Reihe war noch unbekannt und das Trierer Publikum mag das Unbekannte nicht allzu sehr. Es ist eher vorsichtig. Aber nach zwei Jahren gab es einen Umbruch. Die Weltmusik-Konzerte wurden immer besser angenommen. Zuletzt gaben wir drei Konzerte davon pro Spielzeit, die je zweimal gespielt und immer ausverkauft waren. Wenn eine erste Schwelle überwunden ist, ist das Publikum unglaublich treu. Es hat mich auch sehr in dem Konflikt mit dem ehemaligen Intendanten unterstützt, so wie mein Orchester auch. Das hat mir die Stärke gegeben, um weiterzumachen.

Die Institution Theater wird von verschiedenen Seiten immer wieder infrage gestellt. Was muss passieren, damit das Theater seine Legitimation bekräftigt und auch mehr Menschen anzieht?

Es ist nötig, sich auch dem Publikum anzupassen. Das gleicht nicht selten der Quadratur des Kreises: Eine genaue Balance zwischen Tradition und etwas Neuem zu finden. Ganz wichtig ist auch, das Publikum mitzunehmen. Das habe ich bei den Sinfoniekonzerten immer versucht. Oder bei „Klassik um 11". In meinem ersten Jahr hier habe ich Mozart und Haydn gespielt, das kennen die Leute. Dann kann man irgendwann auch exotischere Sachen ins Programm nehmen.

Gibt es ein Ritual, bevor sie auf die Bühne gehen?

Ich esse ein Stück schwarze Schokolade. Und ich bin recht abergläubisch. Ich mag nicht, wenn vor dem Konzert jemand zu mir sagt, dass es toll wird. Es kann immer was passieren, daher bin ich ausgesprochen wachsam. Dieser positive Stress kann helfen und natürlich das Stück Schokolade (lacht).

Wie geht es persönlich weiter für sie?

Ich nehme mir ein Jahr Zeit und werde mit meiner Frau reisen, daher machen wir jetzt erst einmal Urlaub. In der nächsten Spielzeit stehen ein paar Gastdirigate an. Wir werden in Trier bleiben, da wir so viele Freunde und Bekanntschaften hier haben.

Das Gespräch führte Björn Gutheil