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05.04.2022

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Welchen Idealen folgen wir?

Als Ratsmitglieder üben wir gemäß der Gemeindeordnung unser Amt nach freier, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmter Gewissensüberzeugungen aus. Wir folgen also unseren eigenen Meinungen und unserer eigenen Moral und treffen eigene Entscheidungen.

In der Ratsarbeit zeigt sich manchmal, dass Moral zwischen Zeit, Ort und Person sehr veränderlich erscheint. So wurde im Rat eine Stärkung des Beirats für Migration und Integration gefordert (und zuletzt eine Satzungsänderung dazu beschlossen), die Vorsitzende des Beirats selbst hat sich aber nicht ausreichend eingebunden gefühlt. Ein früherer Bischof hat in seiner Amtszeit den Missbrauch von Kindern vertuscht und darf trotzdem seinen Platz behalten, die Stadt Trier hat mehrere hundert Jahre der Kirche für Hexenverbrennungen Geld gezahlt. Frauenrechte werden immer wieder als uneingeschränkt wichtig anerkannt, ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch ist in Trier aber sehr schwierig

. Alles in allem kann man froh sein, dass ukrainische Geflüchtete relativ unkompliziert aufgenommen werden, während letztes Jahr noch die Worte „2015 darf sich nicht wiederholen!" zu hören waren.

Die Entscheidungen basieren nicht auf einer universellen Moral, sondern wir alle werden von unseren eigenen Ansichten und Überzeugungen beeinflusst. Und trotzdem muss die Frage immer wieder erlaubt sein: Was für eine Welt wünschen wir uns und welchen Idealen folgen wir?

Als Grüne wünschen wir uns eine gerechte und solidarische Welt. Gerechtigkeit zwischen Geschlechtern, Menschen verschiedenster Herkunft und Lebensweisen, Generationen und vielem mehr. Und wir freuen uns über alle, die sich dem anschließen, im Stadtrat und in der Gesellschaft.

Tobias Törber


CDU
"Trierleben"

Durch den zunehmenden Online-Handel und ein generell verändertes Kauf- und Freizeitverhalten der Menschen sind die Innenstädte deutschlandweit im Wandel. Trier ist da leider keine Ausnahme. Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren in diesem Prozess wie ein Brandbeschleuniger gewirkt.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken hat die Stadt gemeinsam mit Partnern aus Tourismus, Handel und Gastronomie die Marketing-Kampagne „Trierleben" gestartet. Möglich war dies durch eine Bezuschussung in Höhe von 200.000 Euro aus dem Förderprogramm „Innenstadt-Impulse". Einer Beteiligung der Stadt an diesem Programm haben wir im vergangenen Jahr zugestimmt. Ziel dieser Marketing-Offensive ist, Trier als lebenswerte Stadt zu bewerben. Auf der eigens eingerichteten Website www.deintrier.de kann unter den Oberpunkten „shop – chill – see – eat" Trier als Erlebnisraum gesehen werden. Angebote und Tipps sollen dazu animieren, einen Besuch in Trier als „Urlaub für einen Tag" zu sehen.

Es geht aber um mehr: Eine zukunftsgerichtete Entwicklung beinhaltet Wohnen, Leben und Arbeiten in der Innenstadt. Einzelhandel, Gastronomie und Kulturangebote müssen sich gegenseitig ergänzen und unterstützen.

Uns ist allerdings bewusst, dass eine Marketing-Kampagne alleine nicht ausreicht. Es gilt, viele kleine und große Dinge zu verbessern, um die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu erhöhen und auch die Erreichbarkeit zu verbessern.

Es war daher richtig, dass der Stadtrat diesem Thema ein eigenes Dezernat gewidmet hat und der zuständige Beigeordnete Ralf Britten das Thema mit viel Herzblut angeht. Auch wir als CDU werden bei dieser Frage einen Schwerpunkt unserer politischen Arbeit setzen.

Thorsten Wollscheid


SPD
Gedenkstätte

Die Ereignisse des 1. Dezember 2020 haben die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Trier erschüttert. Bilder, die man bis dahin nur aus Berichterstattungen und aus der Ferne kannte, zeigten eine nicht für möglich gehaltene bittere Wahrheit. Auch in unserer schönen Stadt sind schreckliche Taten nicht auszuschließen, wenn Menschen keinen Weg mehr aus ihrer Ausweglosigkeit finden und die Kontrolle über ihre vernunftgesteuerte Handlungsfähigkeit verlieren.

Die Folgen eines solchen Kontrollverlustes zeigen sich heute noch in dem unermesslichen Leid der Hinterbliebenen und vieler traumatisierter Menschen. Nie wieder möchten die Menschen mit einer solch schrecklichen Tat konfrontiert werden. So ist es mehr als richtig, dass die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Stiftung Katastrophen-Nachsorge sowie den Betroffenen und drei Künstlern in einen Gestaltungsprozess zur Errichtung einer Gedenkstätte geht.

Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für die drei Künstler, die mit viel Empathie und Sensibilität ein Kunstwerk gestalten müssen, das Trauern, Erinnerung und Mahnung vereint. Eine anspruchsvolle Aufgabe ist es auch, in unserer Stadt den richtigen Platz oder auch mehrere Plätze für die Gedenkstätte zu finden.

Die SPD-Fraktion begrüßt das Vorhaben und den Weg, es zu realisieren – einen Weg im Gedenken an die Opfer, einen Weg, der die Solidarität mit den Betroffenen sichtbar macht, einen Weg der Erinnerung und Mahnung.

Carola Siemon


AfD
Unsägliche Entgleisung der Grünen

Mehr als 350.000 Ukrainer sind in den letzten Wochen nach Deutschland geflohen. Vor allem Frauen und Kinder suchen Schutz vor dem brutalen Angriffskrieg, der ihre Heimat zerstört und ihr Leben bedroht. Auch in unserer Region sind inzwischen viele von ihnen angekommen.

Vor diesem Hintergrund haben wir den Antrag der SPD-Fraktion in der letzten Ratssitzung ausdrücklich begrüßt, der Oberbürgermeister möge sich bei der ADD dafür einsetzen, muttersprachliche Kurse für geflüchtete ukrainische Kinder in Trier anzubieten. Allerdings ging uns dieser Vorschlag nicht weit genug. Denn die Generalkonsulin der Ukraine, Iryna Tybinka, hat im Namen ihres Landes eindringlich darum gebeten, für diese Kinder Schulunterricht in eigenen Lerngruppen in
ukrainischer Sprache und nach ukrainischem Lehrplan einzurichten. Sie würden aller Voraussicht nach sehr bald wieder in ihre Heimat zurückkehren und bräuchten daher Kontinuität im Bildungsprozess. Zudem müsse ihre nationale Identität erhalten bleiben.

Wir haben diesen berechtigten Wunsch zum Anlass für einen Änderungsantrag genommen. Bei dessen Begründung haben wir wörtlich (!) auf die Aussagen der Generalkonsulin Bezug genommen. Dass wir daraufhin von der Vorsitzenden der grünen Fraktion wegen angeblich rassistischer, nationalistischer und menschenfeindlicher Argumentation angegriffen worden sind, hat uns außerordentlich irritiert. Es ist eine unsägliche Entgleisung, die Bitte der Ukraine um eine möglichst gute Schulbildung ihrer Kinder so zu diffamieren und ihrer Vertreterin deswegen rassistische oder gar menschenfeindliche Motive zu unterstellen. Frau Dr. Reinermann-Matatko sollte sich öffentlich für diese Verleumdungen entschuldigen.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Die Spielregeln geändert

Im jüngsten Stadtrat wurde mit der Mehrheit von SPD, CDU, FDP und UBT der Abzug der aus dem Stadtrat entsandten Mitglieder in den Trierer Beirat für Migration und Integration beschlossen. Das ist genauso, als wenn beim Monopoly die Spielregeln dahingehend geändert werden, dass der Mitspieler der gerade in der Straße eines anderen Spielers landet, nicht zahlen muss, sondern den Besitzer der Straße zur Abgabe des Geldes zwingt. Aus Gewinnern werden so Verlierer gemacht.

13 Mitglieder des Beirates wurden direkt von Migrant:innen gewählt; sechs aus dem Stadtrat entsendet. Eine Mehrheit liegt damit bei zehn Mitgliedern. Wenn nun die sechs entsandten Mitglieder aus dem Beirat abgezogen werden, liegt die Mehrheit bei sieben und die Mehrheitsverhältnisse wurden massiv geändert. Dies ist zum 1. April 2022 geschehen. Das ist nicht nur ein schlechter Aprilscherz. Es ist eine undemokratische Mehrheitsveränderung in einem Gremium. Die Vorlage, die dies möglich machte, wurde vorher nicht in die Ausschüsse zur Beratung gegeben oder rechtlich geprüft vorgelegt. Dabei wurde auch nicht geprüft, dass ein entsandtes Mitglied im Beirat, das nun zum 1. April abberufen wurde, die zweite stellvertretende Beiratsvorsitzende ist. Wird nun die stellvertretende Vorsitzende auch aus dem Amt abberufen oder darf sie im Beirat bleiben? Welche Rechte hat sie?

Die Linksfraktion Trier wird gegen diesen Beschluss Rechtsmittel einlegen. Denn hier wurden Partikularinteressen gegen die Rechte eines gewählten Gremiums ausgespielt. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung gezeigt, dass er nicht nach Regeln in der Demokratie spielt, wenn es um die Vertretungsrechte von Migrant:innen geht.

Marc-Bernhard Gleißner


UBT
Ausbaubeiträge Mariahof

Mariahof war der erste Stadtteil, in dem die wiederkehrenden Beiträge für Straßenausbauprojekte im Jahr 2006 eingeführt wurden. Bereits 1996 hatte diese Abrechnungseinheit den formalen Vorgaben entsprochen. Wegen der großen landesweiten Proteste gegen die horrenden Einmalausbaubeiträge wurde mittlerweile auf Landesebene die gesetzliche Grundlage zur flächendeckenden Einführung der wiederkehrenden Beiträge geschaffen, obwohl einige andere Bundesländer gänzlich auf die Erhebung von Ausbaubeiträgen verzichten.

Eigentlich sollten die Baumaßnahmen in Mariahof spätestens 2023/24 abgeschlossen sein, werden sich jedoch wegen anderer Prioritäten in der Verwaltung und auch vom Stadtrat mindestens bis 2032/33 hinziehen. Mehr als verwunderlich mutete es an, dass mit der neuen Satzungsvorlage der Gemeindeanteil auf 20 Prozent festgelegt werden soll, nachdem er 2007 bei 40 und 2016 bei 30 Prozent gelegen hat. Daher stellte die UBT-Fraktion in der vergangenen Stadtratssitzung den Antrag, zumindest den Ermessensspielraum der Stadt von +/- fünf Prozent eigenverantwortlich auszuschöpfen und den Gemeindeanteil auf 25 Prozent festzulegen. Dies war auch der Tenor der Ortsbeiratsmitglieder von Mariahof. Mit diesem Antrag sollte auch ein Zeichen für alle künftig zu beschließenden Ausbauprojekte gesetzt werden, die teurer werden, länger dauern beziehungsweise auf den Sanktnimmerleinstag verschoben werden. Denn dies hat nichts mehr mit Transparenz, Fairness und Bürgernähe zu tun.

Leider ist die Mehrheit des Stadtrats unserem Antrag nicht gefolgt und hat sich dem Diktat des Landesrechnungshofs als verlängertem Arm der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gebeugt.

Christiane Probst


FDP
AK Radverkehr

2015 wurde das Trierer Radverkehrskonzept als Leitfaden für die künftige Radverkehrsentwicklung verabschiedet. Dadurch sollten sich die Rahmenbedingungen für alle Radfahrenden in unserer Stadt verbessern, mit dem Ziel, mehr Bürgerinnen und Bürger zum Radfahren zu motivieren. Gerade in Zeiten von steigenden Spritpreisen und einem großem Angebot von leistungsstarken Pedelecs ist Fahrradfahren eine gesunde und günstige Alternative zum Pkw geworden. Die Bedingungen für Radfahrende haben sich etwas verbessert – sei es durch die Fahrradstraße in Trier-Süd oder die Piktogramme auf der Weberbach- und Paulinstraße. Aber dies reicht nicht, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sicherer auf den Straßen fühlen.

Auch wissen viele BürgerInnen nicht, dass der Arbeitskreis Radverkehr, zusammengesetzt aus Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, Fraktionsvertretern und vielen anderen interessierten Akteuren, regelmäßig tagt und die Probleme auf den Straßen analysiert und diskutiert.

Regelmäßig wird kritisiert, für die Radfahrenden in Trier würde nichts getan. Aber diesen Kritikern sei gesagt, in der Stadtverwaltung sitzen engagierte und motivierte Mitarbeiter, die sich ständig Gedanken machen, wie die Situation in Trier weiter verbessert werden kann.

Viele gute Ideen sind da – das Geld für die Umsetzung aber nicht. Der AK Radverkehr hat zwar keine Entscheidungsbefugnis, aber er beschäftigt sich mit Lösungsvorschlägen. Immer in der Hoffnung auf finanzielle Fördermöglichkeiten, die der Stadt endlich den Handlungsspielraum verschaffen, um das Radfahren in Trier attraktiver und sicherer zu machen.

Ich wünsche mir, dass den Mitwirkenden des Arbeitskreises noch lange nicht die Puste ausgeht.

Katharina Haßler-Benard