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28.09.2021

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Kalte Füße und leere Schubladen

Nach der Flut in Ehrang haben viele Wohnungen keine Heizung mehr. Absehbar war, dass der Herbst schnell kommt – und damit die kalten Füße. Was tun? Unsere Stadtwerke arbeiten daran, eine Biogas-Versorgung für alle Häuser sicherzustellen, deren Eigentümer*innen diese Lösung anstreben. Aus Grüner Sicht sicher nicht die optimale Lösung: Biogas, das in Ehrang „verheizt“ wird, steht nicht mehr an anderer Stelle, etwa zum Fahrzeugantrieb, zur Verfügung.

Die SWT haben unsere Anregung aufgegriffen, auch Hauseigentümer*innen zu beraten, die an klimaneutralerer Energie- und Wärmeversorgung interessiert sind. Warum wird Ehrang nicht mit innovativen Konzepten energetisch neu gedacht, nun, da die Versorgung neu aufgebaut werden muss? Zum hohen Zeitdruck kommen leere Schubladen: Die Hochwasserkatastrophe offenbart das Manko, Konzepte alternativer Energieversorgung ganzer Stadtteile vorausschauend zu entwickeln. Dass wir die SWT unterstützen, bringt uns Kritik verschiedener Akteur*innen dieser Stadt ein. Wir in unseren trockenen warmen Wohnungen sollten uns jedoch nicht anmaßen, die Bedürfnisse der Betroffenen zu ignorieren und Lösungen vorzuschlagen, die für diese aktuell keine sind. Genauso wie Corona gezeigt hat, dass wir bei der Digitalisierung hinterherhinken, so zeigen uns konkrete Auswirkungen des Klimawandels, dass wir auf solche Katastrophen besser vorbereitet sein müssen.

Anja Reinermann-Matatko


CDU
Neues Leben im Ausbesserungswerk

Vor genau 35 Jahren hat mein Großvater zusammen mit seinen Kollegen der letzten Belegschaft des Trierer Eisenbahn-Ausbesserungswerkes seinen Dienst in der Lokrichthalle in Trier-West eingestellt. Das Werk wurde geschlossen und die eindrucksvolle Halle seit 1986 ihrem Schicksal überlassen. Im Eigentum verschiedener privater Investoren ist es über Jahrzehnte leider nicht gelungen, das Bauwerk einer würdigen Nutzung zuzuführen, sodass es von Jahr zu Jahr zunehmend verfallen ist.

Mit der Übernahme der Brache durch den neuen Eigentümer Antoine Feidt hat sich das Blatt nun endlich zum Positiven gewendet. In Kooperation mit den Stadtwerken soll auf dem Areal in den kommenden Jahren ein hochmodernes und energieeffizientes Quartier mit bis zu 700 Wohnungen, Dienstleistern und Kleingewerbe entstehen. Auch wenn das marode Dach der alten denkmalgeschützten Halle leider nicht mehr gerettet werden konnte, ist es sehr zu begrüßen, dass große Teile der Außenwände erhalten und restauriert werden und somit als historisches Relikt des alten Eisenbahnerviertels bestehen bleiben.

Im letzten Monat fand der feierliche Spatenstich durch Baudezernent Andreas Ludwig und damit der offizielle Startschuss für die umfangreichen Baumaßnahmen der nächsten Jahre statt. Mit der Entwicklung des markanten Areals wird im Projekt Stadtumbau Trier-West ein entscheidender Schritt nach vorne gegangen.

Jörg Reifenberg


SPD
Neustraße wird Fußgängerzone

Seit vielen Jahren arbeitet die SPD-Fraktion an dem Ziel, die Neustraße zur Fußgängerzone zu deklarieren. Die stark belebte Straße mit einem Mix aus Gastronomie, Geschäften und hoher Aufenthaltsqualität hat schon lange Platz zum Genießen, Flanieren und für sichere Bewegung verdient. Leider konnten wir dafür bisher keine Mehrheit im Rat erreichen. Wir einigten uns auf den Kompromiss einer weiteren Verkehrsberuhigung: Es gibt keine Parkplätze mehr, dafür aber Parkbänke, Beete und mehr Platz für Außengastronomie. Für die Anwohner:innen und die ansässigen Unternehmen war dies schon ein echter Gewinn. Aber einige Autofahrer:innen sind dort immer noch unterwegs, um einen Parkplatz zu suchen oder widerrechtlich zu parken.

Ein weiterhin gefährlicher und unpassender Umstand, dem nur mit einer Ausweitung der Fußgängerzone und konsequenten Kontrollen begegnet werden kann. Das Urbane Sicherheitskonzept macht nun endlich auch die Neustraße ab der Kaiserstraße bis hin zur Einmündung Pfützenstraße zur Fußgängerzone. Zukünftig wird es nicht mehr möglich sein, dass Unberechtigte mit ihren Fahrzeugen die Neustraße befahren können. Der neu angeführte und sehr wichtige Sicherheitsaspekt führte sicherlich dazu, dass auch andere Fraktionen dieses Vorhaben nun endlich unterstützen. Neben einer deutlichen Aufwertung der beliebten Einkaufs- und Gastronomiestraße trägt die Maßnahme nun auch zur Sicherheit aller bei. Darüber freuen wir uns sehr.


AfD
Verkehrssicherheit ja - Abzocke nein

Nachdem das Ministerium des Inneren der Stadt Trier auf eine entsprechende Anfrage hin die erforderliche Genehmigung erteilt hat, sollen die kürzlich erst installierten Radargeräte-Säulen bereits ab November auch für die Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen eingesetzt werden. Die AfD-Fraktion lehnt dies entschieden ab. Denn es handelt sich hier gerade nicht um Standorte, an denen es wegen überhöhter Geschwindigkeit zu einer Unfallhäufung kommt. Auf eine Anfrage unserer Fraktion teilte uns das zuständige Dezernat 2020 mit, dass 2019 von den insgesamt 3888 Unfällen, die sich im Stadtgebiet ereignet hatten, lediglich 142 (!) auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen waren. An den Standorten der Radargeräte-Säulen seien hingegen Vorfahrtsmissachtung oder Rotlichtverstöße die Hauptursache für Unfälle. Außerdem liegen die Geschwindigkeitsübertretungen dort größtenteils (96,6 Prozent) in einem geringen Bereich (6 - 20 Km/h).

Dass man es offensichtlich vorzieht, an großen Hauptverkehrsstraßen zu kontrollieren, anstatt dort, wo zu schnelles Fahren tatsächlich ein Risiko darstellt (in Wohngebieten, vor Kindergärten und Schulen), und die Bürger in der überwältigenden Mehrzahl wegen geringfügiger Überschreitungen zur Kasse bitten will, zeigt eindrucksvoll, dass hier der wirtschaftliche Nutzen solcher Anlagen im Vordergrund steht. Und Radarkontrollen zur Sanierung des städtischen Haushalts lehnen wir als bürgerlich-konservative Kraft grundsätzlich ab.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Luca-App - teuer, aber nutzlos

Zur Bekämpfung der Pandemie setzt das Land Rheinland-Pfalz – wie die meisten Bundesländer – auf die App „Luca“. Die App wurde unter anderem vom Rapper Smudo (Die Fantastischen Vier) massiv beworben; versprochen wurde eine effektive Kontaktnachverfolgung auf Veranstaltungen und in der Gastronomie. 1,73 Millionen Euro hat die App allein für Rheinland-Pfalz die Steuerzahler:innen gekostet – übrigens ohne, dass es vorher ein Ausschreibungsverfahren gegeben hätte. Doch hält die App ihre Versprechen? Aus den Gesundheitsämtern der Landkreise in der Region (Bitburg-Prüm, Bernkastel-Wittlich und Vulkaneifelkreis) – waren keine Erfolgsmeldungen zu hören. „Bis dato keine Nachverfolgung“, „Nutzen gering“ – so zitiert der Trierische Volksfreund in seiner Ausgabe vom 17. Juni 2021 die genannten Gesundheitsämter. Auch aus anderen Ländern, so auch aus dem benachbarten Saarland, vernimmt man ähnlich ernüchternde Meldungen.

Die Linksfraktion hat daher beim Stadtvorstand nachgefragt, wie sich die Situation für das Gesundheitsamt Trier/Trier-Saarburg darstellt. Wir haben konkret angefragt, wie viele Kontakte in unserem Gesundheitsamt mittels Luca nachverfolgt wurden. Außerdem wollen wir wissen, ob der Stadt Kosten für die Luca-App entstanden sind. Klar ist: Der öffentliche Gesundheitsdienst muss eine bessere Ausstattung mit Personal und Finanzen bekommen, um künftige Epidemien schneller bekämpfen zu können.

Matthias Koster


UBT
Haushalt 2022/23

Der Haushaltsentwurf 2022/ 23 wurde durch OB Leibe vor der Sommerpause im Stadtrat eingebracht. Schmerzhafte Einschränkungen, aber leider auch Steuererhöhungen (Grundsteuer B) sollen damit verbunden sein; so ist die Auflage der Aufsichts- und Dienstleistungdirektion (ADD). Trier ist eine der höchst verschuldeten Städten Deutschlands. Allein die Kassenkredite belaufen sich auf 449 Millionen Euro. Trotzdem muss und kann die Stadt weiter in ihre Infrastruktur und in den sehr wichtigen freiwilligen Leistungsbereich (Kultur, Sport, Freizeit) investieren. Die Ansage „Vier Millionen müssen noch raus“ von OB Leibe darf aber nicht dazu führen, dass es Einschnitte in sozialen und gesellschaftspolitischen Bereichen der Stadt gibt. Aufgrund der Corona-Pandemie, wirtschaftlichen Folgen und nicht zuletzt durch die Flutkatastrophe haben die Bürgerinnen und Bürger harte Einbußen hinnehmen müssen. Die Prioritätendebatte bei den Beratungen im November darf nicht dazu verleiten, dass wir uns „im Klein-Klein“ verzetteln. Die Weichen für eine nachhaltige Zukunft, die allen ein adäquates Lebensumfeld ermöglicht, müssen gestellt werden. Wir hoffen, dass ein genehmigungsfähiger Haushalt zustande kommt und sich parteiübergreifend auf das Wesentliche konzentriert wird. Es dürfen keine Zuschüsse von Bund/Land verloren gehen (zum Beispiel Straßenausbau, Stadtumbau West, Schulbauten). Denn ohne solche Hilfsmittel können diese Projekte nicht umgesetzt werden.

UBT-Stadtratsfraktion


FDP
Investitionsstau überwinden

Ein altes Problem ist wieder präsent. Die Stadt leidet unter einem Investitionsstau, der viele unserer wichtigsten Bauprojekte bedroht. Die Situation ist für eine hochverschuldete Stadt wie Trier paradox, denn es liegt nicht am fehlenden Geld, sondern eher an zu vielen Projekten, für die die Finanzierung bereits steht.

Das Baudezernat, das praktisch alle städtischen Bauvorhaben, auch die der anderen Dezernate, umsetzen muss, kommt mit dem Abarbeiten der Aufgaben nicht hinterher. Es sind zu viele Aufträge, die auf der Liste stehen. Gleichzeitig spitzt sich die Lage auf den Märkten für Handwerker und Rohstoffe weiter zu, sodass sich die Realisierungsquote, also das Verhältnis zwischen im Haushalt geplanten Maßnahmen und den tatsächlich realisierten Projekten, immer weiter nach unten entwickelt. Gleichzeitig hängt aber die Finanzierung vieler Projekte an Förderungen, die einen Abruf der geplanten Mittel in einem bestimmten Zeitraum vorschreiben. Ein Dilemma also, das jetzt politisch aufgearbeitet werden muss.

Als FDP-Fraktion setzen wir uns konsequent für eine realistische Planung ein. Es bringt nichts, uns Dinge schön zu reden und dann bald wieder vor den gleichen Problemen zu stehen. Wir müssen entscheiden, welche Projekte jetzt schnell umgesetzt werden müssen und welche wir eben schieben müssen. Gleichzeitig müssen wir überlegen, wie wir die Realisierungsquote anheben können.

Tobias Schneider