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20.04.2021

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Corona beschleunigt Städtewandel

Die Corona-Pandemie zeigt deutlich, wie in Deutschland das Thema Digitalisierung vernachlässigt wurde. Und doch befindet sich die Gesellschaft im Wandel. Menschen kaufen zunehmend online ein, arbeiten von zu Hause aus. Kontakte verlagern sich in „soziale" Netzwerke und Instant-Messaging-Dienste. Anstatt für berufliche Termine weite Strecken mit dem Auto, der Bahn oder gar dem Flugzeug zurückzulegen, werden Videokonferenzen abgehalten.

Nach der Pandemie wird vieles anders sein als zuvor: Der Einzelhandel wird es schwer haben, seine Kunden vom Internet wegzulocken und zurückzugewinnen. Viel mehr Menschen als bisher werden Home-Office nutzen.

Die Städte und insbesondere die Innenstädte werden sich in den nächsten Jahrzehnten schleichend verändern. Der Bedarf an großflächigen Bürogebäuden sinkt. Die Trennung von Wohn- und Arbeitsplatz verschwimmt. Den Fußgängerzonen droht eine Verödung.

Wir müssen uns jetzt Gedanken machen, in welche Richtung wir die weitere Stadtentwicklung lenken und dabei auch althergebrachte Strukturen hinterfragen – mit Klimaschutzmaßnahmen im Blick. Nicht das Auto, sondern der Mensch muss im Fokus der Planungen stehen. Die Innenstadt muss grüner werden – mit begrünten Aufenthaltsräumen und zusätzlichen Freizeitangeboten. Schwer vermietbare Einzelhandels- und Büroflächen bieten sich für Wohnnutzungen an. Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden wirkt sich auf die Anforderungen an Wohnungen aus.

Viele schauen nun verunsichert in die Zukunft. Diese Veränderungen sollten wir jedoch als Chance begreifen, das Leben und die Aufenthaltsqualitäten in den Städten aufzuwerten.

Dominik Heinrich


CDU
Trierer Tagesticket

Unsere Stadt ist – wie alle Kommunen in Rheinland- Pfalz und darüber hinaus – stark von der Pandemie betroffen. Eingeschränkter Einzelhandel, kein Kulturbetrieb und Tourismus, geschlossene Hotels und Gaststätten bedeuten auch für Trier zurückgehende Gewerbesteuereinnahmen neben höheren Kosten durch die Pandemie. Die Akzeptanz der Maßnahmen, die den betroffenen Bürgern und Unternehmen auferlegt werden, sinkt zunehmend. Interessant ist jedoch, dass immer noch eine große Mehrheit der Bevölkerung eher ein strikteres Vorgehen wünscht, um die Pandemie in kontrollierbare Bahnen zu lenken, als ein gefühlt ewig andauerndes Hin und Her. Leider hatten weder Bund noch Land den Mut, konsequente und durchaus harte Einschnitte für alle Bürgerinnen und Bürger zu beschließen.

Auch die Ankündigung, Modellkommunen in RLP zu etablieren, ist anscheinend schnell in Vergessenheit geraten. Die hohen Auflagen und gestiegenen Inzidenzen landesweit lassen auch für Trier weitere Überlegungen Richtung Modellstadt obsolet werden. Es wurden Hoffnungen geweckt, die leider nicht erfüllt werden können. Wie unsere Anträge vom vergangenen Jahr zur Unterstützung der Gastronomie, des Einzelhandels und der Hoteliers sowie der Kultur- und Veranstaltungsbranche zeigen, ist es uns wichtig, unsere Stadt, unsere Unternehmen und alle betroffenen Bürger beim Umgang mit der Pandemie zu begleiten.

Auch wenn Corona ein globales Problem ist: Wir denken, noch mehr lokal handeln zu müssen. Unabhängig von der Anerkennung als Modellkommune plädieren wir für mehr gemeinsames Vorgehen von Verwaltung, Rat, Einzelhandel, Kultur, Gastronomie und Beherbergungsgewerbe, womit die oft geforderte Testung mit der Kontaktdatenerfassung – digital und niedrigschwellig – verknüpft wird: ein Trierer Tagesticket.

Norbert Freischmidt


SPD
Für sozial-ökologische Beschaffung

Durch die Globalisierung der Lieferketten halten menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, ausbeuterische Kinderarbeit und Umweltschädigungen Einzug auch in hiesige Verwaltungen. Kommunen kaufen eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte und Dienstleistungen wie Berufskleidung, Pflastersteine, Nahrungsmittel, Computer, Spielzeuge für Kitas bis zu Konsumgütern wie Papier ein. Mehr als 210 Milliarden Euro entfallen auf die kommunale Beschaffung. Trier als Kommune ist prädestiniert, durch eine sozial-ökologische Beschaffung deutliche Verbesserungen zu erzielen.

Nach einem ersten Vorstoß der SPD im Januar 2019 wollen wir in der nächsten Stadtratssitzung endlich einen Beschluss fassen, der dem Ziel des Aktionsplans Entwicklungspolitik gerecht wird. Eine Vielzahl positiver Ergebnisse ist damit verknüpft: Durch eine sozial-ökologische Beschaffung wird Trier seiner Vorbildfunktion gegenüber den Bürger:innen gerecht, demonstriert Engagement für Nachhaltigkeit und schärft sein Profil. Trier als Marktmacht wirkt durch diesen Beschluss darauf hin, dass verstärkt nachhaltige Produkte und Dienstleistungen angeboten werden.

Eine Qualitätsverbesserung kann durch erhöhte Anforderungen an zu beschaffende Güter, zum Beispiel Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit, erreicht werden. Energieeffizienz kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung von Klimaschutzzielen leisten. Es bieten sich Chancen, regionale wirtschaftliche Beziehungen zu stärken. Durch ein solches Engagement signalisiert Trier, dass ein global verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln hohen Stellenwert hat und erwartet wird, dass die landes- und bundespolitische Ebene hier unterstützt und umsetzt. Wer kann da noch nein sagen…

Sabine Mock


AfD
Teure Planspiele

Am 19. Februar ist Ordnungsdezernent Thomas Schmitt von seinem Amt zurückgetreten. Grund für seine Demission war eine Corona-Impfung, die er angenommen hatte, obwohl er dazu nicht berechtigt war. Während er selbst überraschend schnell eine neue Stelle als Referatsleiter in der saarländischen Staatskanzlei gefunden hat, ist die Leitung des Ordnungsdezernates nach wie vor vakant.

Wie die grüne Fraktionsvorsitzende im Rahmen ihrer Haushaltsrede andeutete, wird es bei einer einfachen Neubesetzung dieser Position vermutlich nicht bleiben. Vielmehr scheint es Planungen zu geben, eine weitere Beigeordnetenstelle zu schaffen und damit zumindest in den kommenden acht Jahren die Anzahl der Dezernate auf fünf zu erhöhen. Dies würde erhebliche Mehrausgaben für die Stadt Trier bedeuten und den bereits jetzt mit über 800 Millionen Euro defizitären Haushalt zusätzlich belasten. Und das mitten in der Corona-Krise, die auch 2022 zu Mindereinnahmen bei gleichzeitigen Mehrausgaben führen wird.

Wir als AfD-Fraktion haben uns in der Vergangenheit stest für eine sparsame Haushaltspolitik und gegen unnötige Personalausweitungen eingesetzt. Daher stehen wir auch solchen Planspielen ausgesprochen skeptisch gegenüber. Insbesondere möchten wir wissen, welche Kosten mit einem weiteren Dezernat für die Stadt verbunden wären. Folgende Fragen haben wir daher an die Verwaltung gestellt: 1. Wie viele Stellen müssten voraussichtlich neu geschaffen werden, um ein funktionsfähiges fünftes Dezernat zu installieren? 2. Mit welchen zusätzlichen Aufwendungen für den städtischen Haushalt wäre dabei pro Jahr zu rechnen? 3. Welche Einsparungen in anderen Bereichen stünden dem möglicherweise entgegen?

Über die Antworten des Oberbürgermeisters werden wir zeitnah an dieser Stelle berichten.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Straßenprostitution nicht ignorieren

Sexarbeit ist ein heikles Thema: Einerseits gibt es viele Frauen, die aus persönlichen, sozialen oder psychischen Zwängen in diese Arbeit gedrängt werden, andererseits gibt es Frauen, die diese Arbeit frei und selbstbestimmt ausüben. All diesen Frauen ist mit der Forderung des Verbots der Sexarbeit nicht geholfen.

Auch der Versuch, Sexarbeit unsichtbar zu machen, indem sie an entlegene Orte in der Stadt verlagert wird, führt nicht dazu, sichere Bedingungen zu gewährleisten. Im Gegenteil: Je mehr Sexarbeit in die Randbezirke einer Stadt ausgelagert wird, umso höher ist die Gefahr von Übergriffen auf die Sexarbeiterinnen und der Ansiedlung eines kriminellen Milieus, wie Studien zeigen.

Für die Linksfraktion ist der Straßenstrich eine Form der Sexarbeit, die wir kritisch sehen, da hier viele Möglichkeiten der Ausbeutung gegeben sind. Umso wichtiger war es uns, dass die Arbeitsbedingungen für Sexarbeiter*innen verbessert werden. In einem gemeinsamen Antrag mit der SPD haben wir gefordert, dass Sanitätsanlagen, ausreichend Mülleimer und weitere Schutzmöglichkeiten im Umfeld des Straßenstrichs gegeben sind.

Im Dezernatsausschuss III hat dieser Antrag nun am 13. April eine Hürde genommen und wurde mit Mehrheit angenommen. Die Verlagerung des Straßenstrichs in die Gottbillstraße verbessert die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiter*innen und ermöglicht eine aufsuchende Sozialarbeit. Der Straßenstrich ist dann in einem Straßenabschnitt zu finden, in dem keine Ausgänge von Betrieben und Nahversorgern zu finden sind. Die Linksfraktion hat diesen Antrag unterstützt, da die Stärkung von Menschen in prekären Arbeitsbereichen auch mehr Solidarität für die gesamte Gesellschaft bedeutet.

Linksfraktion im Stadtrat


Diese Müllmenge kam beim „Dreck-Weg-Tag“ in Euren zusammen. Foto: H. A. SchmitzUBT
Umweltschutz beginnt im Kleinen

Die damaligen Stadtratsmitglieder der einstigen UBM- und heutigen UBT-Fraktion haben schon 1992 begonnen, sich um die Umwelt zu kümmern. Damals hat man das Moselufer von Pfalzel bis zum Schierhafen gesäubert. Wurden die Einsätze der Ratsmitglieder damals noch belächelt, so findet heute fast in jedem Stadtteil ein „Dreck-weg-Tag" statt. Umweltschutz beginnt aus unserer Sicht im Kleinen.

Deshalb freuen wir uns, dass so viele Ehrenamtliche diese Aktionen in den Stadtteilen unterstützen. Auch finden sich immer mehr Ehrenamtliche, die das ganze Jahr über Wege sauber halten und Müll sammeln. Wer etwas verändern will, der muss es nicht nur aus Sicht der UBT vorleben und damit ein Zeichen setzen. Dafür ein herzliches Dankeschön. Leider haben das illegale Entsorgen von Abfall und das achtlose Wegwerfen von Müll gerade während der Pandemie stark zugenommen. Es ist schade, dass einige unverbesserliche „Schwarze Schafe" die Umwelt zerstören. Daher unser besonderer Appell an die Verantwortlichen: Seien Sie sich bewusst, dass Sie mit Ihrem Handeln Mensch und Natur gefährden. Der A.R.T. bietet seinen Kunden weitere, teilweise kostenfreie Entsorgungsmöglichkeiten an. Nutzen Sie diese und helfen Sie der Verwaltung und allen Bürgerinnen und Bürgern und Touristen, die Stadt sauber und lebenswert zu halten.

Hans-Alwin Schmitz


FDP
Streitthema Straßenprostitution

Eine große Stadtratsmehrheit hatte vor über einem Jahr die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Straßenprostituierte gefordert. Die Stadtverwaltung hat sich mit Hilfe der Frauenbeauftragten um die konkrete Ausgestaltung der Forderung gekümmert. Viele Gespräche und Diskussionen in den politischen Gremien sind geführt und das Resultat ist ein vernünftiger Vorschlag. Durch die Verlegung der Arbeitsstätte in die Gottbillstraße ergeben sich für die Damen deutlichere Verbesserungen. Am neuen Standort können sie ihrer Tätigkeit mit einer ordentlichen Infrastruktur (mehr Licht, Mülleimer, Aufenthaltsräumchen, sanitäre Anlagen, Zugang zu Beratungsangeboten) nachgehen. Es ist zwingend geboten, dass ihre Arbeitszeiten nicht mit den Geschäftszeiten der ansässigen Gewerbebetriebe kollidieren. Ich warne daher vor einer zeitlichen Vorverlegung der Straßenprostitution, da hier besonders großes Konfliktpotenzial besteht, das einer positiven Lösung entgegenstehen könnte.

Der Umgang mit der Straßenprostitution ist ein undankbares Thema: Egal wie man es macht – es ist je nach Perspektive und Interesse immer falsch. Selbstverständlich möchte kein Anlieger Prostitution von seiner Haustür sehen. 2020 wurde das Thema aber bewusst auf die Agenda gehoben und neue Lösungen für alte Probleme gefordert. Es hilft nicht, die Debatte über neue Standorte der Straßenprostitution von vorne zu beginnen, denn es wird nicht dazu führen, dass alle Beteiligten mit der Lösung zufrieden sein werden. Die Stadtverwaltung hat jetzt einen praktikablen Vorschlag gemacht, über den der Stadtrat durchaus intensiv nachdenken könnte.

Katharina Haßler-Benard