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26.11.2019

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Aktiv werden gegen Gewalt an Frauen

Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland, seine Partnerin zu töten. Jeden einzelnen Tag. An jedem dritten Tag gelingt es ihm. Gestern jährte sich zum 20. Mal der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen* und die Zahlen sind nach 20 Jahren immer noch erschreckend. Laut einer deutschlandweiten Repräsentativstudie erlebt jede siebte Frau* in Deutschland im Laufe ihres Lebens strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt. Die Dunkelziffer im Bereich sexualisierter Gewalt ist hoch. Diese Zahlen zeigen mehr als eindeutig, dass Debatten wie #metoo und #neinheißtnein kein empfindlicher Aufschrei von hysterischen Feminist*innen ist, sondern notwendig und unabdingbar in der Debatte um sexualisierte Gewalt.

Gewalt an Frauen* ist etwas, was nicht kleingeredet oder verharmlost werden darf. Das Ohnmachtsgefühl und das damit verbundene Schweigen von einigen Frauen* bei sexuellen Übergriffen darf nicht als Ja verstanden werden.Niemand sollte sich schämen, über Gewalt am eigenen Körper, der eigenen Seele zu sprechen und niemand sollte Angst haben, dass den eigenen Worten nicht geglaubt wird.

Umso mehr müssen wir einen Raum schaffen, in dem sich Frauen* ernstgenommen fühlen und ihnen das Gefühl gegeben wird, dass sie gehört werden. Deswegen setzten wir uns als Bündnis 90/Die Grünen dafür ein, dass unter anderem mehr Plätze im Frauenhaus bereitgestellt werden und die Gewährung der Zuschüsse im Steuerungsausschuss weiterhin erfolgt, um Frauen* einen möglichen Weg aus der häuslichen Gewalt zu zeigen. Denn der Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht.


CDU
Beratungsbedarf zur Baumschutzsatzung

Es ist bekannt, dass Bäume, vor allen Dingen große und alte, einen wichtigen Beitrag zur Luftverbesserung in den Städten leisten. Daher hatte die CDU-Fraktion in der Stadtratssitzung vom April um den Verweis des nun erneut von Bündnis 90/Die Grünen gestellten Antrags, eine Baumschutzsatzung zu erarbeiten und zu beschließen, in den zuständigen Ausschuss gebeten. Dort sollten mit Hilfe von Fachleuten, zum Beispiel aus dem Amt StadtGrün Trier, zunächst die wichtigen Fragen zu diesem Thema beraten werden. Leider fand unser Verweisungsantrag im April keine Mehrheit, weshalb die folgenden und ähnliche Fragen nicht schon abgearbeitet werden konnten: Wie sieht es mit dem Eigentumsrecht der Bürgerinnen und Bürger aus? Wer begutachtet, bewertet und katalogisiert die vielen tausend Bäume?

Weil wir eine Baumschutzsatzung weiterhin für problematisch halten, haben wir in der letzten Stadtratssitzung – entsprechend unseres Verweisungsantrags vom April – dem Alternativantrag der SPD auf Verweis in den Ausschuss zugestimmt. Sollte sich StadtGrün Trier intensiver mit dem Thema beschäftigen, wären dafür weitere drei bis vier Stellen erforderlich, was wegen der angespannten Haushaltslage nicht umsetzbar ist. Und wer haftet, wenn bei einem als erhaltungsfähig eingestuften Baum nach einiger Zeit ein Ast abbricht und Sach- oder sogar Personenschäden verursacht? Oder soll das Amt StadtGrün Trier mit noch höherem Personalaufwand diese privaten Bäume jährlich begutachten?

All das muss in Ruhe und mit Sachverstand abgeklärt werden, bevor eine von den Grünen gewünschte Baumschutzsatzung beschlossen wird. Ansonsten würde sie nur zu hohen finanziellen Belastungen für unsere Stadt führen und wegen ihrer Eingriffe in ihr Privateigentum sicherlich für viel Unmut bei den Triererinnen und Trierern sorgen.

Matthias Melchisedech


Diese SPD-Postkarte von 1919 zeigt symbolisch eine der zahlreichen Feiern nach einer erfolgreichen Wahl. Foto: StadtarchivSPD
100 Jahre SPD-Stadtratsfraktion

Genau vor 100 Jahren am 23. November 1919 waren die Trierinnen und Trierer zum ersten Mal aufgerufen in freier, gleicher Wahl ihren Stadtrat zu wählen. Der Erste Weltkrieg hatte die Monarchie weggefegt und damit auch das preußische Dreiklassenwahlrecht. Es hatte über 25 Jahre lang verhindert, dass die Sozialdemokratie in den Stadtrat vertreten war.

Doch 1919 war es so weit. Die SPD konnte mit 26,4 Prozent in den ersten demokratischen Stadtrat Triers einziehen. Es waren zwölf Männer, darunter Philipp Loosen und Gottlieb Reese, die später auch als Beigeordnete Verantwortung für ihre Heimatstadt übernommen haben, und eine Frau, die Näherin Katharina Mumm. Seit 100 Jahren streitet die SPD-Fraktion im Trierer Stadtrat für Freiheit, Gleichheit und Solidarität und ist noch immer jung, engagiert und sachlich orientiert. Denn: Trier zählt.

Markus Nöhl


AfD
Wunder gibt es immer wieder

„Der Rat der Stadt Trier fordert die Landesregierung auf, die Mittelzuwendungen für den Verkehrsverbund der Region Trier (VRT) deutlich zu erhöhen, um langfristig einen kostengünstigen öffentlichen Personennahverkehr im Raum Trier zu gewährleisten": Das war der Inhalt einer Resolution, die von der CDU-Fraktion in der jüngsten Ratssitzung eingebracht wurde.

Natürlich ist dieses Anliegen grundsätzlich begrüßenswert. Wir brauchen einen attraktiven ÖPNV in Trier und der Region, um die Verkehrs- und Umweltbelastung dauerhaft zu reduzieren. Aber wir fragen uns, ob man diese Forderung nicht lieber als Wunsch an das Christkind oder den Weihnachtsmann als an die Landesregierung richten sollte, weil dann die Chance auf eine Erfüllung vermutlich größer sein dürfte. Wirtschaftsminister Volker Wissing hat sehr deutlich erklärt, dass es keinen finanziellen Spielraum im Landeshaushalt dafür gibt. Ehrlicherweise hätte er sagen müssen: Wir setzen andere Prioritäten und geben das Geld für andere Zwecke aus, die uns wichtiger sind. Zudem muss man sehen, dass ja nicht nur Trier mehr Mittel für den ÖPNV haben möchte, sondern dass eine Erhöhung der Landeszuwendungen für den VRT natürlich auch Präzedenzwirkung auf andere Regionen hätte. Das macht die Finanzierbarkeit noch einmal schwieriger. Nicht zuletzt ist angesichts der beginnenden Rezession mit einem deutlichen Rückgang der Steuereinnahmen zu rechnen, der zusammen mit der ab 2020 greifenden Schuldenbremse die Möglichkeiten des Landes erheblich einschränkt. Insofern war diese Resolution ein netter, gutgemeinter Versuch, der allerdings eher unter der Rubrik frommer Wunsch einzuordnen ist, als dass er ernsthafte Aussichten auf Erfolg hätte. Aber manchmal passieren ja gerade in der Vorweihnachtszeit auch Wunder

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Trier braucht einen Schuldenschnitt

Haushaltspolitik ist in der Tat keine vergnügungssteuerpflichtige Aufgabe. Gerade dann nicht, wenn die Botschaften der letzte Tage folgende ist:

  1. Trier kann nichts für seine Verschuldung. Die zusätzlichen Verschuldungen sind Gesetzesänderungen durch Bund und Land verantwortet.
  2. Bei der Höhe der Schulden hat Trier kaum einen Handlungsspielraum, um die Schulden ausschließlich nur kommunalpolitisch abzubauen.
  3. Würde Trier trotzdem versuchen, seine Schulden eigenständig auf kommunaler Ebene abzubauen, wäre die Stadt kommunalpolitisch handlungsunfähig und tot. Wir könnten weder den sozialen Wohnungsbau fördern, noch hätten wir Einfluss auf eine soziale Schul-, Sozial- und Kulturpolitik.
  4. Die Trierer Kommunalpolitik ist nicht autonom: Über jede demokratische Entscheidung des Rates kann eine Behörde wie die ADD, die sich nicht dem Wählervotum der Triererinnen und Trierer stellen muss, Absagen erteilen.

Die Linksfraktion fordert Bund und Land auf, endlich dafür zu sorgen, Haushaltsdefizite nicht mehr auf die Kommunen abzuwälzen. Der von OB Leibe verhandelte Schuldenschnitt für die Stadt ist der richtige Weg. Er wurde von der Linksfraktion schon bei der Einführung des Kommunalen Entschuldungsfonds gefordert. Jedoch verlangen wir, dass nicht nur 50 Prozent der Kassenkredite, sondern 100 Prozent von Bund und Land – den Verursachern der Schulden – übernommen werden. Nur so können wir Trier langfristig aus den Schulden herausführen.

Marc-Bernhard Gleißner


UBT
Petrisbergaufstieg

Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, die Planungen für den sogenannten Petrisbergaufstieg wieder aufzunehmen. Vor mehr als zehn Jahren gab es schon einmal diese Diskussion. Damals wurde für Planungskosten inklusive Personal- kosten rund eine halbe Million Euro an Steuergeldern ausgegeben, ohne vorher verbindlich abgeklärt zu haben, dass Bund und Land sich in überschaubarer Zeit an der Mitfinanzierung beteiligen. Vor Jahren rechnete man mit 100 Millionen Euro Baukosten. Nachdem das Land versichert hatte, dass keine Fördermittel aus dem Bundesprogramm fließen und angesichts der Mittelknappheit zumindest kurz- und mittelfristig eine Mitfinanzierung des Landes ausscheidet, hatte der Stadtrat 2012 bei einer Enthaltung zugestimmt, dass der sogenannte Petrisbergaufstieg sowie eine Seilbahn nicht weiter verfolgt werden.

Umso überraschter war unsere Fraktion, dass der Stadtrat jetzt mit großer Mehrheit einem erneuten Prüfauftrag zugestimmt hat, ohne zu wissen, wie ein solches Projekt finanziert werden soll. Aber auch die Klimaschutzfrage wurde bisher noch nicht diskutiert. Für den Trierer Osten hat der Berghang eine hohe ökologische Wertigkeit. Auch unsere Fraktion setzt sich seit Jahren für eine verbesserte Verkehrserschließung der Höhenstadteile ein.

Aber bevor nun wieder Tausende Euro sinnlos für Planungen und Gutachten ausgegeben werden, die den Anwohnern falsche Hoffnungen auf verkehrsberuhigte Wohngebiete machen, sollten erst die Fakten auf den Tisch gelegt werden. Ohne Aussicht auf eine realistische Umsetzung und Finanzierung sollten daher keine weiteren Gelder dafür eingesetzt werden.

Christiane Probst


FDP
Verantwortung übernehmen

Die FDP-Fraktion im Trierer Stadtrat hat in den vergangenen Jahren die Debatten über den städtischen Haushalt immer sehr kritisch begleitet. Zu wenig war von Seiten der Mehrheit der tatsächliche Wille zu einer sparsamen Haushaltspolitik erkennbar. Statt also den Gürtel enger zu schnallen, wird lieber den Bürgern über die Erhöhung der kommunalen Steuern tiefer in die Taschen gegriffen, wie zuletzt bei der Grund- und Gewerbesteuer. Bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2019/20 vor gut einem Jahr war die FDP sogar die einzige Fraktion, die überhaupt einen Einsparvorschlag gemacht hatte. Angesichts geplanter Defizite in 2019 und 2020 von mehr als 20 Millionen Euro ist das ein bemerkenswerter Umstand.

In der vergangenen Woche ging es nun um einen verpflichtenden Nachtragshaushalt, der allein für 2020 erneut rund 20 Millionen Euro Defizit zusätzlich ausweist. Erschreckende Zahlen. Allerdings muss man feststellen, dass die Hauptursachen eben nicht auf lokaler Ebene zu suchen sind, da das neue Defizit hauptsächlich durch vom Stadtrat nicht beeinflussbare Faktoren (beispielsweise zusätzliche verpflichtende Rückstellungen) entstanden ist.

Wir haben uns deshalb die Entscheidung nicht leicht gemacht, uns aber letztlich dazu durchgerungen, dem Nachtragshaushalt inklusive Defizit zuzustimmen. Denn wir verstehen Verantwortung nicht als Einbahnstraße. So wenig wir aufgrund politischer Fehlentscheidungen für den globalen Haushalt im vergangenen Jahr Verantwortung tragen wollten, so sehr verstehen wir es als unsere Verpflichtung, an der Seite der übrigen Ratsmitglieder und der Verwaltung zu stehen, wenn es unerwartete und nicht planbare Rückschläge auf dem Weg der Konsolidierung gibt. Schade nur, dass es Fraktionen gibt, die das offenbar genau andersherum sehen.

Tobias Schneider