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26.10.2021

Mehr legale Graffiti ermöglichen

Künstlerisch gestaltete Graffitis auf vorher festgelegten Flächen bilden einen deutlichen Kontrast zu illegalen Varianten.
Künstlerisch gestaltete Graffitis auf vorher festgelegten Flächen, wie an der Konrad-Adenauer-Brücke, bilden einen deutlichen Kontrast zu illegalen Varianten, wie am Notausgang eines Modehauses.
Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren kam der Kriminalpräventive Rat Trier (KPR), dem neben Bürgermeisterin Elvira Garbes auch mehrere Ratsmitglieder angehören, wieder zu einer Präsenzsitzung zusammen. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) zieht die städtische Jugendschutzbeauftragte Christine Schmitz als KPR-Geschäftsführerin eine Bilanz der Debatte über urbane Sicherheit.

RaZ: Warum wurde das Thema jetzt aufgegriffen?

Christine Schmitz: Das geschah vor dem Hintergrund der Amokfahrt, aber auch von Corona und der Flut. Der Begriff Kriminalprävention ist sehr weit gefasst, es geht auch um die Lebensqualität in einer Stadt sowie das subjektive Sicherheitsgefühl. Es spielt bei Katastrophen auch dann eine große Rolle, wenn man nicht direkt betroffen ist.

Welche Orte in Trier werden mit Blick auf urbane Sicherheit als kritisch angesehen?

Das sind vor allem der Bahnhofsvorplatz und der Palastgarten, gerade abends und nachts. Wir merken aber immer wieder, dass diese Orte einen schlechteren Ruf haben als es die Zahl der Straftaten dort naheliegen würde.

Warum ist eine Bürgerbegehung im Palastgarten geplant?

Die Situation ist sehr komplex. Die Probleme können nur von Experten und der Bevölkerung gemeinsam gelöst werden. Deswegen soll es diese öffentliche Einladung geben.

Was erhofft man sich von der von einem Experten vorgestellten Software zur Bewertung der Sicherheit städtischer Gebiete?

Dieser Vortrag sowie ein weiterer über eine Art Werkzeugkasten für mehr Sicherheit in Bahnhofsvierteln haben mit der Optimierung der urbanen Sicherheit einen gemeinsamen Nenner. Das sorgte auch für kontroverse Debatten im KPR. Es wurde etwa vor Vorgaben gewarnt, dass ältere Menschen nach 18 Uhr einen bestimmten Platz nicht mehr aufsuchen sollen. Es wird befürchtet, dass sich so Problemzonen verfestigen können. Positiv wurde aber gesehen, dass diese Modelle ein Orientierungspunkt für Stadtplaner sein können, um bei der Entwicklung zusätzlicher oder der Erneuerung bestehender Siedlungen die urbane Sicherheit von vorneherein zu berücksichtigen. Dabei könnte außerdem das Ordnungsamt von Erfahrungen anderer Städte profitieren.

Eine häufig beklagte Verschmutzung im öffentlichen Raum sind Graffiti. Warum soll dazu jetzt ein Runder Tisch gebildet werden?

Es soll unter anderem noch genauer geschaut werden, wie künstlerisch gestaltetet Graffitis Jugendliche motivieren können, auch mal so etwas auszuprobieren. Auf der anderen Seite gibt es Graffiti, die die Straftatbestände Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung erfüllen. Sie sind der einzige Bereich der Kriminalstatistik, wo die Zahlen in den letzten zehn Jahren nach oben gehen. Man darf nicht vergessen, dass zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz nach einer Sachbeschädigung über 30 Jahre verfolgt werden können. Das zahlt keine Versicherung. Wenn ein 18-jähriger Sprayer 100.000 Euro Schaden verursacht, kann es sein, dass er bis zur Rente zurückzahlen muss. Kriminalprävention heißt hier auch , dass es gar nicht so weit kommen muss und Jugendliche über die legalen Alternativen Bescheid wissen. Die Stadtverwaltung bietet Flächen für legale Graffiti an. Die Erlaubnis zum Sprayen erteilt dann jeweils das städtische Jugendamt. Außerdem gibt es mittlerweile in fast allen Jugendzentren im Stadtgebiet Graffiti-Angebote. Am Runden Tisch, der wertvolle Impulse geben kann, sollen Expertinnen und Experten der Polizei, des Ordnungsamts und der Jugendarbeit, aber auch aus dem Bau- und Kunstbereich dabei sein.

Das Gespräch führte Petra Lohse