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25.05.2021

Mehr als nur "die Grüne"

Christine-Petra Schacht an ihrem Arbeitsplatz im Energie- und Technikpark
Dass sich ihre Mitarbeitenden zugehörig zum Amt fühlen und stolz sind, auf das, was sie tun, ist Christine-Petra Schacht (56) besonders wichtig.
Das frühere Tiefbauamt, StadtGrün Trier und die Stadtreinigung sind im vergangenen Spätsommer im neuen Amt StadtRaum Trier zusammengelegt worden, das im Energie- und Technikpark (ETP) seinen Sitz hat. Die Leitung des Amts hat Christine-Petra Schacht inne. Im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) erzählt sie – die verantwortlich für 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist – wo die Herausforderungen des neuen Amts liegen, wie sie ihre Rolle wahrnimmt und was sie für die Trierer Grün- und Parkanlagen plant.

RaZ: Frau Schacht, ist der Umzug in die Gebäude im neuen ETP abgeschlossen oder werden aktuell noch Kartons ausgeräumt?

Schacht: Wenn Sie hinter sich schauen sehen Sie, dass noch einige Kartons darauf warten, ausgepackt zu werden (lacht). Das liegt aber daran, dass ich erst vor kurzem das Büro gewechselt habe. Bis zur Jahresmitte sollen sie aber spätestens ausgepackt sein. Ansonsten fehlen noch einige Kleinigkeiten, wie etwa Unterschränke in Serverräumen, Pflanzen und ein elektrischer Türöffner. Was uns alle sehr beschäftigt, ist, dass die operativen Bereiche, also Tiefbauer, Straßenreiniger, Gärtner und Baumpfleger, noch nicht bei uns im ETP, sondern noch an ihren alten Standorten sind. Zur Betreuung der Mitarbeitenden ist ein erhöhter logistischer Aufwand notwendig und die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Situation noch einmal verschärft. Aktuell ist das Wichtigste, mit den drei Standorten den Betrieb aufrecht zu erhalten und den Kontakt zu allen Ebenen zu wahren.

Wie sieht der Zeitplan für den Umzug der Kolleginnen und Kollegen aus? Und was ist ansonsten an Meilensteinen im ETP für 2021 geplant?

Eigentlich war als Umzugstermin Ende des Sommers angedacht. Da es aber nochmal planerische Änderungen gab, wird dies bedauerlicherweise nicht funktionieren. Wir rechnen aktuell Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2022 mit dem Umzug. Eine Unwägbarkeit ist der Rohstoff Holz, der gerade ein unglaublich knappes Baugut und für den Innenausbau der ETP-Gebäude unverzichtbar ist. Insofern bin ich gespannt, ob der jetzt avisierte Termin gehalten werden kann. Die über drei Standorte verteilte Betriebsführung wird uns also noch eine Weile beschäftigen. Im Zuge der Zielvereinbarung für das nächste Jahr werden wir schon einmal die alten Betriebsstandorte aufräumen, damit wir vorbereitet sind, wenn der Termin näher rückt. Ein weiterer Meilenstein ist die geplante Organisationsuntersuchung des operativen Bereichs der Abteilung Unterhaltung. Mithilfe externen Sachverstands schauen wir, welche Kompetenzen wir haben und wie wir unsere Aufgaben im Team kompetenzorientierter zuteilen und bündeln können. Wäre es beispielsweise denkbar, dass mit der Gärtnerkolonne in den Palastgarten auch ein Straßenreiniger rausfährt? Ich glaube, hier können wir einen großen Teil der erwünschten Synergieeffekte erzielen.

Seit rund sieben Monaten leiten Sie nun das neue Amt StadtRaum Trier mit rund 250 Mitarbeitenden. Wie fällt Ihre Bilanz der ersten Monate aus?

Gemischt, es gibt Bereiche, da sind wir schon auf einem guten Weg und andere Themenfelder, bei denen klar ist, dass wir noch mehr Ressourcen reinstecken müssen, um sie auf den gewünschten Weg zu bringen. In Teilbereichen lief es allerdings auch besser, als ich es zunächst erwartet habe. Mittlerweile sind viele Mitarbeitende froh, am Standort ETP zu sein, auch wenn der Rahmen noch optimierungsbedürftig ist. Wir haben uns – für mein Gefühl – als Team hier gut entwickelt und sind in der richtigen Richtung unterwegs. Corona hat uns für das Zusammenwachsen, die Herausbildung eines Gemeinschaftsgefühls, einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Es gab erst eine gemeinsame Teamveranstaltung jenseits der alltäglichen Arbeitsinhalte – und das fehlt uns einfach. Die Hälfte der Mitarbeitenden ist jeweils im
Home Office, andere noch in den Außenstandorten. Da ist es schwierig, ein Zusammengehörigkeitsgefühl und ein Zielbild zu entwickeln. Das geht nur gemeinsam, das muss im Team erarbeitet werden, damit es nachher auch mitgetragen und von allen gelebt wird.

Und für Sie persönlich?

Ich habe gemerkt, dass es eine andere Herausforderung ist, ein Amt mit 250 statt wie vorher mit 100 Menschen zu leiten. Die direkte Ansprache auf dem Gang funktioniert bei der Größe selten. Kommunikationswege müssen klar geregelt sein. Zum einen, damit Informationen in alle Ebenen und Standorte weitergetragen werden, aber auch um zu vermeiden, dass beliebig auf die Zeitressourcen des Anderen zugegriffen. wird. Meine Funktion sehe ich jetzt noch mehr in der Vorgabe eines Rahmens, der – resultierend aus den strategischen Zielen – als Handlungsorientierung für die nächsten Ebenen dient. Die Aufgabe ist, die Arbeit und den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass jeder Mitarbeitende in der Lage ist, einen wertvollen Beitrag zur Gesamtperformance des Amtes zu leisten und Verantwortung für seine Tätigkeit zu übernehmen. Damit gebe ich natürlich auch Führungsverantwortung in das Team ab. Die Richtung gebe ich vor, aber in der Umsetzung vertraue ich auf die Kompetenzen meiner Kolleginnen und Kollegen in den Fachabteilungen. Wichtig ist auch, dass ich Kolleginnen und Kollegen in ihren neuen Rollen stärke. Nach Corona soll endlich ein gemeinsamer Workshop mit den Abteilungsleitenden stattfinden, in dem wir unser Leitbild entwickeln: „Wer sind wir? Wofür stehen wir? Was ist uns wichtig? Wo wollen wir hin? Ich freue mich auf die gemeinsame Veranstaltung und das Feedback. Mein Ziel ist es, dass sich die Mitarbeitenden zugehörig zum Amt fühlen und stolz auf das sind, was sie tun. Hierzu gehört neben einem regelmäßigen Austausch zum Beispiel auch eine einheitliche Arbeitskleidung der operativen Bereiche.

Wo liegen denn die Herausforderungen bei der Führung eines derart riesigen Amts?

In der indirekten Führung. Ich möchte mich auf meine nächsten Ebenen verlassen können und ihnen vertrauen. Zum Glück habe ich durch den Zusammenschluss viele engagierte Kolleginnen und Kollegen „hinzu" bekommen, mit denen das Zusammenarbeiten viel Freude bereitet. Auch die Themenvielfalt ist natürlich eine Herausforderung. Wir vereinen als Amt StadtRaum Trier die Themenfelder Verkehrswege, Brücken, Hochwasserschutz, Gewässer, Grünflächen und Parkanlagen, Friedhöfe, Stadtbäume, Spielplätze, die Straßenreinigung, die Straßenverkehrsbehörde und vieles mehr. Es gibt andere Städte, da ist dieser Aufgabenbereich in einem eigenen Dezernat untergebracht.

Grundsätzlich ist mir die Fürsorgepflicht gegenüber meinen Mitarbeitenden sehr wichtig. Es darf keine zu hohe Dauerbelastung entstehen, bei der die Kolleginnen und Kollegen das Gefühl haben, sie tun und tun und tun und dennoch das Gefühl haben, sie kommen mit der Arbeit nicht nach. Ziele müssen so gesteckt werden, dass sie auch erreichbar sind, um Erfolgserlebnisse zu generieren. Deshalb setzen wir im Hinblick auf die vorhandenen Ressourcen klare Prioritäten. Im Baubereich sind das etwa das urbane Sicherheitskonzept und die laufenden großen Projekte wie der Römerbrückenkopf und der gesamte Stadtumbau West.

Wo sehen sie die Vorzüge in der Zusammenlegung der drei Ämter zu einem Amt?

Kurze Wege fördern schnelle Entscheidungen. Ein Beispiel ist die Renaturierung des Avelerbachs im Nells Park durch die Abteilung StadtGrün. Die laufenden Bauarbeiten tangieren einen alten Kanal unter dem Straßenbett, das in den nächsten Jahren saniert werden soll. Durch die Abstimmung auf dem „kleinen Dienstweg" zwischen den Abteilungen StadtGrün und Verkehrswege können in die aktuelle Baumaßnahme Arbeiten integriert werden, die die spätere Sanierung der Straße erleichtern. Dieser Weg wäre in der traditionellen Ämteraufteilung nicht möglich gewesen. Es gibt viele neue Wege, die man gemeinsam gehen kann. Marschieren wir mit unseren Abteilungen in die gleiche Richtung, können wir viel bewegen.

Sie sind studierte Landschaftsarchitektin – haben Sie noch Zeit, in Ihrem „alten Bereich" zu arbeiten?

Dafür habe ich tatsächlich wenig Zeit. Allerdings bin ich auch studierte Betriebswirtin mit Schwerpunkt Unternehmensführung und das ist jetzt mein Haupttätigkeitsfeld. Natürlich ist der administrative Aufwand bei einem Amt dieser Größe nicht zu unterschätzen, aber ich versuche, regelmäßig in der Stadt unterwegs zu sein, um mir Projekte anzuschauen und die Mitarbeitenden zu besuchen. Das ist mir wichtig, hierfür hätte ich gerne noch mehr Zeit. Es ist auch sehr spannend, mich in die neuen Bereiche reinzuarbeiten, wie etwa den Glasfaserausbau, die Unterflurcontainer zur Müllentsorgung oder große Baustellen und Sanierungsprojekte. Ich freue mich, auch wieder große Projekte zu betreuen mit all den Risiken und Unwägbarkeiten. Dies ist mir ja aus meiner vorherigen Position in Berlin gut bekannt. Wichtig ist mir, dass ich nicht nur „die Grüne" bin, sondern in meiner neuen Position auch für die anderen Inhalte des Amtes stehe. Es ist für mich unverzichtbar, mir das Wissen, etwa beim urbanen Sicherheitskonzept oder dem Zehn-Jahres-Konzept im Verkehrswegeausbau anzueignen, um die Projekte nach außen vertreten zu können.

Vor kurzem stimmte der Stadtrat für die Revitalisierung von Parkanlagen. Mehrere Millionen Euro werden hier bis 2023 investiert. Was ist die Zielsetzung hierbei?

Grün- und Parkanlagen wurden jahrzehntelang lediglich unterhalten. Es bestehen jedoch keine Konzepte für deren Ausrichtung in der Zukunft, auch im Hinblick auf die notwendige Anpassung an den Klimawandel. Gleichzeitig wächst der Druck auf die Grünanlagen: Immer mehr Menschen haben das Bedürfnis, sich draußen zu bewegen, Grünanlagen sollen zudem Aufgaben für die Biodiversität und den Klimaschutz übernehmen und schön aussehen sollen sie auch noch. Das Nutzerverhalten der Parkbesuchenden ändert sich, es werden andere, neue Angebote nachgefragt, zum Beispiel Gemeinschaftsgärten, die bis dato in klassischen Grünanlagen keinen Platz haben. Damit die Grün- und Parkanlagen die Herausforderungen, die an sie gestellt werden, unter den erschwerenden Bedingungen des Klimawandels erfüllen können, haben wir Masterpläne erstellt – zum Beispiel für den Nells Park und den Schlosspark Monaise. Sie geben als Zielkonzeption vor, in welche Richtung sich eine Parkanlage entwickeln soll und an welcher Stelle welche Nutzung präferiert wird. Der Masterplan definiert Bausteine, die wir nach und nach umsetzen – im Nells Park ist das beispielsweise die Renaturierung des Avelerbachs und anschließend die Neugestaltung des Rosengartens. Wir müssen auch schauen, wie wir die Bewässerung umstellen, denn die Ressource Wasser wird ein immer knapper werdendes Gut, weswegen wir es effizient einsetzen müssen. Für die Grünanlagen heißt das auch, dass wir mehr Pflanzen setzen müssen, die mit extremen Wetterverhältnisse zurechtkommen und trotzdem ein schönes Erscheinungsbild bieten. Wir müssen nachhaltig und zukunftsorientiert wirtschaften. Wir sollten uns unserer Verantwortung für die nächsten Generationen bewusst sein und ihnen etwas hinterlassen, das lebenswert ist.

Die Pflanzsaison läuft gerade. Welche bunten Farbtupfer erfreuen die Triererinnen und Trierer in diesem Jahr?

Wir haben viele Frühjahrsblüher gesetzt. Im Palastgarten zum Beispiel über 18.000 Pflanzen in den Farben rosa, weiß und violett oder an der Kohlenstraße, an der 18.000 Narzissen blühen. Auch bauen wir immer mehr Grünflächen zu Staudenflächen um und werten vorhandene Pflanzungen mit einheimischen Gehölzen auf. Zu meiner großen Freude ist die vom Stadtrat verabschiedete Grünflächenstrategie auch im Arbeitsalltag der Gärtnerinnen und Gärtnern im Amt angekommen. Sie bringen Ideen ein und realisieren diese vollkommen selbstständig, wie etwa den „Lebens-
turm" aus Stauden in der Nordallee oder die Holzgabionen am Alleenring. Neues wird ausprobiert und Themen wie Insekten und Biodiversität werden berücksichtigt. Das ist für mich sehr schön, zeigt es doch, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, Themen umzusetzen. Wir erhalten mittlerweile auch viel Zustimmung aus der Stadtgesellschaft. Lob tut uns allen gut. Gleichzeitig ist auch wichtig, dass wir Themen, die die Bevölkerung bewegen, aufgreifen und versuchen, diese auf den Weg zu bringen. Natürlich gelingt das bei der Fülle der Aufgaben nicht immer oder auch nicht immer direkt. Trotzdem muss es unser gemeinsames Ziel sein, dass die Stadt am Ende für alle – Einheimische und Besuchende – lebens- und liebenswert ist.

Das Gespräch führte Björn Gutheil