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07.09.2021

Krise produktiv in Szene gesetzt

Szene aus dem Stück: Der Raum ist mit lila Licht beleuchtet, in der Mitte steht ein vier mal vier mal Meter großen Kubus, der als Projektionsfläche dient.
Die Inszenierung von Bonko Karadjov dreht sich um einen vier mal vier mal Meter großen Kubus. Nicht zuletzt die Projektionen des Bildenden Künstlers Bodo Korsig sorgen dafür, dass die Zuschauer nach seiner Aussage von einem „visuellen Gewitter“ umgeben sind. Foto: Bodo Korsig.
Bereits im März gewannen der Bildende Künstler Bodo Korsig sowie der Sänger und Regisseur Bonko Karadjov mit ihrem experimentellen Musiktheaterstück „Hysteries of the Macabre“ den zweiten Preis beim städtischen Innovationspreis für Kunst und Kultur. Die Produktion der Gesellschaft für Aktuelle Klangkunst konnte aber wegen Corona erst jetzt in zwei Uraufführungen in der Kunstakademie gezeigt werden. Diese Verzögerung wurde als vielfältige Chance genutzt.

Wie Klaus Reeh, Vorsitzender der Gesellschaft für Aktuelle Klangkunst, bei einer Pressekonferenz vor der Uraufführung berichtete, wurde die Zeit für einen kreativen Prozess zwischen allen Akteuren für eine Weiterentwicklung genutzt. Die Pandemie wird aber auch zum Thema der Produktion. Bürgermeisterin Elvira Garbes, die derzeit auch als Kulturdezernentin amtiert, hob hervor, dass damit genau der Zweck des Preises erfüllt wurde: Er fördert künstlerische Projekte, die sich besonders innovativ mit der Krise auseinderansetzen.

Im musikalischen Zentrum steht mit der Arie der „Chefin der Gepopo” aus der Oper „Le Grand Macabre“ von György Ligeti ein Klassiker der zeitgenössischen Musik. Er wurde mit Unterstützung des Komponisten Elgar Howarth für Koloratursopran und Klavier eingerichtet und in einem neuen dramaturgischen Kontext präsentiert. Ins bildnerische Zentrum stellt Korsig einen vier mal vier mal vier großen, mit Gaze umspannten Kubus, auf den vor allem Arbeiten aus seiner Serie „Window of Mind“ projiziert werden.

Die Protagonisten interagieren durch die Position und die Bewegung ihrer Körper, aber auch ihre Stimme mit den Projektionen auf den sie umgebenden Kubus. Er wird nicht nur zu einem sich selbst verändernden und hochgradig dynamischen Kunstwerk, sondern auch zu einem lebendigen Partner in einer virtuellen Realität. Klassische Elemente des Musiktheaters werden durch in der Aufführung entstehende Videos bereichert. Digitale Techniken ermöglichen eine außergewöhnliche, innovative Interaktion zwischen Darstellenden und Bildenden Künsten. Inhaltlich wird ein aktuelles Thema aufgegriffen: die Dominanz der Wissenschaften über die Künste in Krisenzeiten. Das Stück spielt in einer Welt, in der es keinen Raum gibt für eine Kunst, die sich selbst genügt und sich keinem äußeren Zweck andient. Künstler müssen also nach Wegen suchen, sich in das Gesellschaftssystem in einer relevanten und systemerhaltenden Form einzubringen.

Tufa und Kunstakademie mit dabei

Die Sopranistinnen Frauke Burg und Eva Maria Amann gestalteten György Ligetis Arie „Mysteries of the Macabre“. Die Aufführung im Rahmen des Kultursommers hat die Gesellschaft für Aktuelle Klangkunst im Auftrag der Stadt in Kooperation mit der Kunstakademie und der Tufa realisiert. Förderer sind die Stadt, das Land, die Kulturstiftung Trier, die EGP, die Kulturstiftung der Sparkasse, die Hochdörffer Stiftung und das Musikhaus Reisser.

Da sich der Kultursommer Rheinland-Pfalz nächstes Jahr dem Schwerpunkt Osteuropa widmet, will Klaus Reeh versuchen, die Produktion, bei der der ungarische Komponist György Ligeti eine zentrale Rolle spielt, auch in anderen Teilen des Bundeslands zu präsentieren.

Petra Lohse