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05.06.2007

Konstantins triumphale Rückkehr

Erster Rundgang: Die Ministerpräsidenten Kurt Beck und Jean-Claude Juncker, OB?Klaus Jensen und Kulturministerin Doris Ahnen (v. l.) betrachten fasziniert das Modell einer antiken Pferderennbahn im Landesmuseum.
Erster Rundgang: Die Ministerpräsidenten Kurt Beck und Jean-Claude Juncker, OB?Klaus Jensen und Kulturministerin Doris Ahnen (v. l.) betrachten fasziniert das Modell einer antiken Pferderennbahn im Landesmuseum.
Die römische Palastaula von Trier ­– besser bekannt als Konstantin-Basilika – hat seit dem Weggang des kaiserlichen Hofs vor knapp 1700 Jahren wohl selten so viele „Potentaten“ angezogen: Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, Ministerpräsident Kurt Beck, Bischof Reinhard Marx, OB¿Klaus Jensen und viele weitere Exzellenzen, Eminenzen, Minister und Abgeordnete gaben sich bei der Eröffnung der Ausstellung „Konstantin der Große“ am vergangenen Freitag die Ehre. Insgesamt wohnten rund 1100 Gäste der zweieinhalbstündigen Feier in dem beeindruckenden Gebäude, das seit 150 Jahren als evangelische Kirche genutzt wird, bei.

Anschließend offenbarten die drei beteiligten Museen erstmals der Öffentlichkeit ihre Schätze: Rund 1400 Exponate, darunter nie zuvor gezeigte Funde aus Trier und Leihgaben aus weltberühmten Museen wie dem Pariser Louvre und den Vatikanischen Museen in Rom, lassen in den kommenden fünf Monaten in bislang einzigartiger Zusammenstellung die Epoche der Spätantike wieder aufleben. „Mit dieser Ausstellung, der die ganze Region seit Monaten entgegengefiebert hat, wird ein Traum wahr“, sagte OB Jensen.

Im Rheinischen Landesmuseum geht es um den „Herrscher des römischen Imperiums“, das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum widmet sich dem Thema „Der Kaiser und die Christen“ und im Stadtmuseum Simeonstift wird unter dem Titel „Tradition und Mythos“ erstmals die Wirkungsgeschichte Konstantins in Mittelalter und Neuzeit im Zusammenhang dargestellt. Trier war von 306 bis 312 Residenzstadt Konstantins, der von hier aus den westlichen Teil des römischen Imperiums regierte, ehe er sich zum Alleinherrscher aufschwang.

Etat: 6,6 Millionen Euro

Die Ausstellung mit einem Etat von 6,6 Millionen Euro ist ein Gemeinschaftsprojekt des Landes Rheinland-Pfalz, der Stadt und des Bistums Trier und zugleich der umfangreichste rheinland-pfälzische Beitrag zur Kulturhauptstadt „Luxemburg und Großregion“. An der Finanzierung sind auch der Bund mit 1,5 Millionen sowie verschiedene Sponsoren mit 800.000 Euro beteiligt. Seit drei Jahren liefen die Vorbereitungen in den Museen, die von der eigens gegründeten Konstantin-Ausstellungs-GmbH koordiniert wurden.

„Mit dieser Ausstellung werden wir auf wunderbare Weise an unsere historischen Wurzeln erinnert“, sagte Jensen. Nicht nur wegen der erwarteten Besucherzahl von 250 000 zeigte sich der OB sicher: „Trier wird auf vielfältige Weise von diesem Ereignis profitieren.“ Für Ministerpräsident Kurt Beck verdeutlicht die Präsentation, dass „Rheinland-Pfalz ein Kernland europäischer Geschichte“ ist.  „Konstantin der Große“ ist die größte Landesausstellung seit „Das Reich der Salier“ 1992 in Speyer. Die Ausstellung biete die Chance, eine faszinierende Epoche zu entdecken, so Beck. „Konstantin steht zwischen Augustus und Karl dem Großen als Begründer des christlichen Europas, dem wir angehören.“ Bischof Reinhard Marx verwies auf die seit mehr als 1700 Jahren ungebrochene christliche Tradition in Trier. Insofern sei die Ausstellung nicht nur ein Rückblick, sondern fordere dazu heraus, „das Fundament, auf dem wir stehen, weiter auszubauen“.

In seinem distanziert-differenzierten Festvortrag befasste sich der Berliner Historiker Professor Alexander Demandt mit Konstantins Lebenswerk und dessen Einfluss auf das christliche Europa. Der römische Kaiser habe sich an die Spitze der unaufhaltsam vordringenden Christianisierung gesetzt und sie zum Erfolg geführt. In Christus habe er aber vor allem einen erfolgreichen Schlachtenhelfer gesehen. Von einer eigentlichen Bekehrung könne schwerlich die Rede sein, zumal der Kaiser keinem falschen Glauben abgeschworen habe. Hätte Konstantin 312 bei der Schlacht an der Milvischen Brücke nicht gesiegt, wäre es, so Demandts Vermutung, dennoch zu einer Ausbreitung des neuen Glaubens gekommen, „nur nicht so schnell“.

„Unsympathischer Kerl“

Kritisch setzte sich Demandt mit einzelnen Aktionen der dreißigjährigen Herrschaft Konstantins auseinander. Insgesamt habe er jedoch dem wankenden Imperium mit der Spätantike noch einmal zu einer letzten Blütezeit verholfen. Auch die tausendjährige byzantinische Geschichte sei ohne Konstantin nicht denkbar. So abwägend sich Demandt zur politischen Lebensleistung Konstantins äußerte, so vernichtend fiel sein Urteil über dessen Charakter aus. Menschliche Größe könne man ihm vor dem Hintergrund seiner wenigstens elf Morde an engs-ten Familienmitgliedern und einer Brutalisierung des Strafrechts nicht zubilligen. Die Licht- und Schattenseiten erlaubten ein „abgewogenes Urteil, wenngleich sich die Gegensätze noch nicht völlig abgeschliffen haben.“

Als eine „gemeinsame Leistung der Menschen in der Großregion, die viel Schönes, aber auch viel Schreckliches in ihrer Geschichte erlebt hat“, würdigte Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker die Ausstellung. In launigen Worten stellte Triers Ehrenbürger die Frage nach der Identität Konstantins. Dabei gebe es viele Gründe, den römischen Imperator für einen „unsympathischen Kerl“ zu halten. Mit süffisanten Anmerkungen charakterisierte er Konstantin unter anderem als einen „pragmatischen Christen“, der es allerdings „mit den zehn Geboten nicht so genau genommen“ habe. Andererseits gehöre es zu den historisch-kulturellen Leistungen des „Europäers Konstantin“, den „christlichen Gott zum europäischen Gott“ entdeckt zu haben.

Zu den positiven Seiten Konstantins zählte Juncker das Toleranzedikt von Mailand als Vorläufer eines verteidigungswerten europäischen Grundrechts, die Politik offener Grenzen als eine Art „früher europäischer Binnenmarkt“, die Einführung einer einheitlichen Währung als eine Form des „Euro im vierten Jahrhundert“ sowie die Rechtssicherheit. Auch auf die von Konstantin eingeführte Sonntagsruhe und das Weihnachtsfest am 25. Dezember wolle er nicht verzichten. So gebe es doch viele Gründe, ihn in einer Ausstellung im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres zu würdigen.

Grußwort aus dem Vatikan

Als Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien bezeichnete der in Trier aufgewachsene Professor Hermann Schäfer die Moselmetropole als den „Erinnerungsort für Konstantin schlechthin“. Hier kenne man seine Spuren und Wurzeln, auf denen auch die heutige EU gründe.

Auf die historischen Verbindungen zwischen Rom und Trier ging der römische Kardinal Franceso Marchisano, Präsident der Kommission zum Schutz der historischen und künstlerischen Monumente des Heiligen Stuhls, in seinem Grußwort für die Leihgeber ein. Bei allen Licht- und Schattenseiten habe Konstantin das positive Potenzial der christlichen Religion erkannt und konsequent zu nutzen gewusst. Es sei schwierig, den echten Wert des Glaubens von den politischen Strukturen der damaligen Zeit auseinander zu halten.