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30.05.2006

Kommandozentrale mit Sorgentelefon

Serie 100 Jahre Rettungsdienst (IV): die Leitstelle

Da heißt es den Überblick behalten: Disponent Christof Schuster (im Vordergrund) und seine Kollegen überwachen an mehreren Bildschirmen die Einsätze
Da heißt es den Überblick behalten: Disponent Christof Schuster (im Vordergrund) und seine Kollegen überwachen an mehreren Bildschirmen die Einsätze
Den Blick fest auf vier Monitore gleichzeitig gerichtet, die Finger auf der Tastatur, am Ohr ein Headset – so sitzt Egon Jakobs an seinem Arbeitsplatz und spricht mit ruhiger Stimme in das Mikrofon vor seinem Mund. Auf den Bildschirmen blinkt es unaufhörlich, zahlreiche kleine Kästchen mit Zahlen- und Nummernkombinationen wechseln ihre Farbe fast wie bei einem Spielautomaten. Über einer Tabelle auf Monitor drei steht die Zahl der laufenden Einsätze: 33. Gerade kommt ein Anruf aus der Grundschule in Fell: Ein Kind ist gestürzt und hat eine Platzwunde an der Stirn.

300 Einsätze pro Tag

Jakobs arbeitet mit 21 Kollegen und einer Kollegin im Dreischichtbetrieb auf der Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst am Barbara-Ufer. Egal ob ein Jogger im Wald gestürzt ist, jemand in einem Fahrstuhl feststeckt, regelmäßig ins Krankenhaus zur Dialyse muss oder seinen Vierbeiner nicht mehr vom Dach herunterbekommt: Alle Hilferufe aus Trier und der Umgebung, bei denen die Nummern „112“ oder „19222“ gewählt wurden, landen in der Leitstelle. Pro Tag werden bis zu 300 Einsätze koordiniert.

Für riesiges Gebiet zuständig

Seit im November 2000 die neue integrierte Leitstelle mit modernster Technik ans Netz gegangen ist, umfasst deren Einsatzgebiet nicht nur die Stadt Trier, sondern auch die Kreise Trier-Saarburg, Bitburg-Prüm, Daun und Bernkastel-Wittlich. „Wir kümmern uns um ein 5000 Quadratkilometer großes Gebiet, in dem 500.000 Menschen leben“, erklärt Peter Basten, Gebietsleiter Brandschutz. Die Trierer „Kommandozentrale“ war die erste integrierte Leitstelle in Rheinland-Pfalz, von wo aus sowohl Rettungsdienst, als auch Brand- und Katastrophenschutz alarmiert werden können.

Erste Hilfe per Telefon

Zur „Rush-Hour“ von neun bis 15 Uhr sind fünf der sieben Arbeitsplätze im großen Raum der Leitstelle besetzt. Zahlreiche Krankentransporte müssen in dieser Zeit organisiert und überwacht werden. Die „Disponenten“, wie die Leitstellen-Mitarbeiter genannt werden, kommen von der Berufsfeuerwehr oder dem Deutschen Roten Kreuz und haben alle eine Ausbildung zum Rettungsassistenten absolviert. „Oft müssen wir am Telefon Erste Hilfe-Anweisungen geben“, sagt Jakobs. Manche benutzten die Notrufnummer auch als „Sorgentelefon“ oder wollten wissen, wie man mit einem Feuerlöscher umgeht. Einem aufgeregten und hilflosen Anrufer, der an einer Unfallstelle steht, möglichst schnell die nötigen Informationen zu entlocken, erfordert viel Feingefühl. Sind Problem und Adresse bekannt, wird mit Hilfe des computergestützten Einsatzleitsystems entschieden, wer ausrücken soll. Auf den Monitoren können die Disponenten genau verfolgen, welcher Rettungswagen gerade wo einsatzbereit ist. Rund 50 absichtlich ausgelöste Fehlalarmierungen gab es nach Angabe von Basten in den letzten sechs Monaten. Dank moderner Technik können jedoch selbst unterdrückte Rufnummern zurückverfolgt und die Schuldigen meist ermittelt werden. Ihnen drohen strafrechtliche Konsequenzen, denn das „Veräppeln“ der Rettungsleute kann Menschenleben gefährden.

Anrufer legen oft wieder auf

„Bis zu 200 mal am Tag nehmen wir außerdem Anrufe entgegen, bei denen sofort wieder aufgelegt wird“, berichtet Jakobs. Auffallend oft passiere das kurz vor und nach der regulären Schulzeit.

Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter der Leitstelle bei 101.551 Einsätzen dafür gesorgt, dass eine von 23 Rettungswachen, elf Notarztwachen oder 834 Feuerwehren, die ADAC-Luftrettung, das Deutsche Rote Kreuz, der Malteser Hilfsdienst, das Technische Hilfswerk, die Hundestaffeln, der Hubschrauber der Luxemburger Air Rescue oder die DLRG alarmiert wurden.