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21.05.2013

Kinder gehören in unsere Mitte

Nicht nur beim Kindergesundheitstag (Foto) darf gespielt werden: Der Palastgarten ist ein gelungenes Beispiel für generationenübergreifende Nutzung von öffentlichem Raum.
Nicht nur beim Kindergesundheitstag (Foto) darf gespielt werden: Der Palastgarten ist ein gelungenes Beispiel für generationenübergreifende Nutzung von öffentlichem Raum.
Störender Kinderlärm, weniger Freiflächen und selbstentdeckte Räume zum Toben: Der dritte Teil der Serie zur „AG Spielraum“ beschäftigt sich mit dem veränderten Spielen im öffentlichen Raum in den letzten Jahren.

Kinder spielen mit nahezu allem – häufig unkonventionell, denn es müssen nicht immer teure Wipptierchen sein. In den meisten Fällen reichen wilde Wiesen, ein Gebüsch, Matsch und Pfützen, in die man springen kann, oder eine selbstgebaute Höhle, damit Kinder Freude haben.

Neben dem Spaßfaktor hat das Spielen auch eine pädagogische Komponente: Kinder brauchen Zeit und Raum zum Spielen. Es fördert die Jungen und Mädchen entscheidend in ihrer aktuellen und späteren Entwicklung – Spielen bildet. Es steht damit auf einer Stufe mit der Förderung frühkindlichen Lernens.

Dabei unterliegt das Spielen, besonders im öffentlichen Raum, einem Wandel. Vor wenigen Jahrzehnten hatten Kinder noch einen Bewegungsraum von mehreren Kilometern, heute entfernen sie sich nur noch höchstens einen von ihrem Wohnquartier. Dies hat zum einen mit einem erhöhten Angstpegel, zum anderen damit zu tun, dass Kinder zu ihren Aktivitäten meist mit dem Auto gefahren werden. „Man nimmt Kindern den Erfahrungsraum. Sie haben kaum noch räumlichen Bezug zu den Orten wie Schule oder Sportverein, an denen sich ihr Leben abspielt“, meint Diplom-Pädagogin Sandra Rouhi vom triki-Büro. „Eltern haben selbst keinen Bezug zu ihrem Stadtteil, weil die wenigsten selbst zu Fuß darin unterwegs sind. Daraus resultiert die Angst, die Kinder alleine dort spielen zu lassen.“

Positive Beispiele in Trier

Wird bei Stadtquartieren darauf geachtet, dass sie kinderfreundlich sind, ist die Wohn- und Lebensqualität für alle höher: Dazu zählen neben einer fußläufigen Erreichbarkeit Plätze zum Verweilen sowie Barrierefreiheit – mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl. Was Kindern gut tut, ist demnach auch für Erwachsene vorteilhaft. Positive Beispiele in Trier sind der Kornmarkt, der Palastgarten oder Nells Park. Hier treffen Möglichkeiten des Verweilens und Entspannens auf Spielgelegenheiten und verbinden sich zu einem Raum für alle. Die Konzepte dahinter betonen, dass Kinder in die Mitte der Gesellschaft und nicht auf eine extra Spielwiese gehören. Rouhi möchte die Menschen zudem ermuntern, Kinderlärm zu ertragen und sie auch unkonventionell beispielsweise im Gebüsch spielen zu lassen.

Die AG Spielraum setzt sich dafür ein, dass Spielmöglichkeiten für die Kinder erhalten bleiben. Zwar wissen die Mitglieder, dass selbst entdeckte Spielräume viel spannender sind als angelegte Plätze. Doch durch eine zunehmende Bebauung und erhöhte Gefahren durch den Straßenverkehr kommt den Spielplätzen eine immer wichtigere Rolle für das kindliche Spiel im öffentlichen Raum zu. „Wären die Spielplätze nicht extra Kindern vorbehalten, gäbe es keinen Raum mehr für Spiel in den Wohnquartieren“, so Rouhi.

Spielen wie in der Natur

Die AG versucht durch ihr konzeptgeleitetes Vorgehen der Spielraumleitplanung Trierer Kindern bei Spielplätzen in ihrem Stadtteil alle wichtigen Bewegungselemente zu bieten, die ein Kind beim Spielen in der freien Natur auch erleben könnte – wie Rutschen, Schaukeln, Klettern auf einem Baum oder Balancieren. Wenn ein einziger Platz diese Komponenten nicht alleine abdecken kann, werden die Nachbarplätze überprüft und geschaut, ob sie fußläufig und gefahrlos zu erreichen sind. Ansonsten werden dem Jugendhilfeausschuss Handlungsempfehlungen gegeben. Ziel ist es, wo Abenteuerräume möglich sind, diese auch zu belassen oder zu schaffen: Ein Gebüsch kann viel spannender sein als ein eigens angelegter Spieltunnel.

„Nehmt das Kinderspiel ernst – es ist ein ganzheitlicher Bildungsprozess. Spielräume sind Bildungsräume. Kinder brauchen Zeit und Raum zum Spielen. Sie erfahren sich, ihre Umwelt und ihren Bezug zu dieser nur durch aktives Aneignen – durch Spiel“, fasst Rouhi die Bedeutung des Spielens im öffentlichen Raum zusammen.