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21.11.2017

Keiner muss im Winter in der Kälte sitzen

Wer jeden Cent zwei Mal umdrehen muss oder eine stromfressende Warmwasseraufbereitung in seiner Wohnung nutzt, den treffen steigende Energiepreise besonders hart. Sind die Schulden zu hoch, wird der Strom abgestellt. Ein regionaler Lenkungskreis gegen Energiearmut hat nun nach sechs Monaten konkrete Hilfen erarbeitet, damit zum Beispiel eine Mutter mit zwei Kindern nicht in einem eiskalten Haus überwintern muss.

Melanie K. ist schon länger krank, kann nicht mehr arbeiten und ist als alleinerziehende Mutter für zwei Kinder verantwortlich. In den letzten Monaten ist ihr alles über den Kopf gewachsen, sie hat viele Briefe nicht mehr geöffnet. Jetzt droht der Energieversorger wegen offener Rechnungen mit einer Gassperre. In einer konzertierten Aktion wird schließlich eine Ratenzahlung vereinbart, die ihr erst einmal wieder Luft verschafft.

Damit  es bei ihr und bei vielen anderen Menschen künftig erst gar nicht mehr so weit kommt, hat der Lenkungskreis unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Angelika Birk veranlasst, dass bei Mahnschreiben der Stadtwerke und mit einer Buswerbung auf das Problem und die Hilfsangebote hingewiesen wird. Zudem wurden die Mitarbeiter im SWT-Servicecenter geschult, um in der alltäglichen Beratung Probleme frühzeitig zu erkennen und anzusprechen.

Ein weiteres Problem ist, dass Rechnungen und Mahnschreiben für manche Kunden kaum verständlich sind. Jetzt wird versucht, unter Beachtung der gesetzlich vorgegebenen Informationen in Rechnungen, Mahnschreiben und Sperrmitteilungen einfachere Formulierungen bis hin zur Leichten Sprache zu verwenden. Dann können Kunden früher erkennen, welche Schulden sich aufgetürmt haben und dass sie aktiv werden müssen, um eine Stromsperre zu verhindern.

Teure Warmwasseraufbereitung

In dem Lenkungskreis, der im Rahmen des  Trierer Bündnisses „Aktiv gegen Armut“ entstanden ist, sitzen alle wichtigen Akteure an einem Tisch: Stadtwerke, Caritas, Verbraucherzentrale, die regionale Energieagentur, lokale Wohnungsbaugesellschaften, Jobcenter und städtisches Amt für Soziales und Wohnen. Birk ist mit den ersten sechs Monaten zufrieden: „Wir haben schon eine ganze Menge auf den Weg gebracht“, betont sie und weist auf ein Problem hin: In vielen Wohnungen wird für die Warmwasseraufbereitung Strom verwendet. Diese Lösung ist meist besonders energieintensiv und damit teuer. Nach Einschätzung von Birk sind die Vermieter und die Immobilienwirtschaft gefordert, Verbesserungen für die Mieter zu erreichen.

Kostenlose LED-Lampen

Bei Neubauten kann von vorneherein die Versorgung besonders günstig sichergestellt werden. Herbert Schacherer (Wohnungsgenossenschaft am Beutelweg), nannte als Beispiel den Wohnungsbau in der Thyrsusstraße 34-40 mit dezentraler Energieerzeugung. In Mariahof nutzen die Stadtwerke das Heizkraftwerk nun auch im Sommer stärker zur Bereitstellung kostengünstiger Energie.

Als weiteren Erfolg wertet es der Lenkungsausschusses, dass die Informationsangebote intensiv genutzt werden. „Viele Flüchtlinge sind überfordert. Unser Info-Flyer, den wir auch in Farsi für afghanische Flüchtlinge aufgelegt haben, wurde wegen des großen Interesses schon dreimal nachgedruckt“, berichtet Erwin Britz (Jobcenter). Einen ähnlichen Trend sieht Daniel Ollinger von der Verbraucherzentrale: „Das Interesse hat deutlich an Fahrt aufgenommen“.

Eine wichtige Ergänzung ist der Stromsparcheck: Bei Menschen mit niedrigem Einkommen prüfen Experten in der jeweiligen Wohnung den Stromverbrauch und geben konkrete Spartipps. Bei einem zweiten Besuch können kostenlose Soforthilfen wie Energiespar- und LED-Lampen, schaltbare Steckdosenleisten, TV- Standby-Abschalter, Zeitschaltuhren und Strahlregler für Wasserhähne zur Verfügung gestellt werden.

 
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