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28.09.2021

Jugendliche Baby-Eltern auf Probe

Diplom-Pädagogin Cornelia Neisius stellt die lebensgroßen computergesteuerten Baby-Simulatoren mit Elke Burchert (Jugendamt) und Sandra Di Toro (AOK) vor.
Diplom-Pädagogin Cornelia Neisius (Mitte) führt die Babybedenkzeit mit den Jugendlichen durch. Sie stellt die lebensgroßen computergesteuerten Baby-Simulatoren mit Elke Burchert vom städtischen Jugendamt (l.) und Sandra Di Toro (AOK) vor. Foto: Regina Lüders/Johanniter Trier
Nach längerer Corona-Pause fordert das Johanniter-Projekt Babybedenkzeit Teenager nun wieder heraus, das Elternsein realitätsnah auszuprobieren. Säuglingssimulatoren erfüllen die Testtage mit Leben. Auch das städtische Jugendamt unterstützt das Projekt, das deutlich machen soll, was alles mit dem Elternsein einhergeht.

Kaum ist der Wonneproppen da, geht auch schon das Jammern los: „Ob es Hunger, Durst, Nähebedürfnis, Müdigkeit, Überdrehtheit, Langeweile, eine volle Windel, Bäuerchen-Bauchweh oder was auch immer ist, müssen Mama oder Papa versuchen rauszufinden und dann entsprechend handeln“, sagt Cornelia Neisius und setzt die Nuckelflasche an. Das löst bei ihrem echt aussehenden, Computer gesteuerten „Baby“ ein glückliches Glucksen aus. Die Leiterin des Johanniter-Projekts Babybedenkzeit kennt die Säuglinge gut. „Für die jugendlichen Eltern in Probezeit, die im Projekt mitmachen, sind die Babys dagegen fremd, gerade wie Neugeborene, die auf einmal einfach da sind und alles ist Neuland“, weiß die Diplom-Pädagogin.

Nächtliches Schreien und stark eingeschränkte Freiheiten rund um die Uhr seien etwas, das viele sehr junge Mütter und Väter so nicht vorausgesehen haben, wenn sie sich bewusst für das Elternsein, etwa als Ausstieg aus dem Schul- oder Ausbildungsfrust, entscheiden. „Um abzubilden, auf was man sich mit einem Baby tatsächlich einlässt, haben wir unser Programm entwickelt“. In insgesamt mindestens 18 Durchgängen können Jugendgruppen, sei es in Schulen, Wohngruppen oder Jugendzentren, in der Region solche Erfahrungen machen und auch Wissen für das Elternsein erwerben, bevor das Kind im wahrsten Sinne in den Brunnen gefallen ist.

Fehler mit großer Wirkung

Das Trierer Jugendamt unterstützt die Initiative, denn – wie Elke Burchert berichtet: „Wir sehen beim Jugendamt immer wieder Mädchen und junge Frauen, die sich ihrer Rolle als werdende Mutter nicht bewusst waren und schnell in eine Überforderung geraten“. Oft würden dann im Nachhinein teure Hilfen zur Erziehung notwendig.

Neben der Erfahrung, seinen Alltag ein paar Tage lang rund um die Uhr mit einem Kleinkind zu bestreiten, vermittelt die Babybedenkzeit in Absprache mit Partnereinrichtungen anschaulich Wissen zu Themen wie Familienplanung, finanziellen Aspekten, Säuglingspflege oder Hilfsangeboten. Mit speziellen Simulatoren werden körperliche Merkmale und Einschränkungen bei Alkohol oder Drogen in der Schwangerschaft sichtbar. Cornelia Neisius hält schließlich ein „Kind“ mit durchsichtigem Kopf in den Händen. Als es schreit, schüttelt sie es nur einmal ganz kurz. Rot leuchtet es durch die Membran, dann ist Ruhe: Das „Kind“ ist tot. „Bei der Babybedenkzeit wird den Jugendlichen deutlich, dass ein scheinbar kleiner Fehler von Verhütung über Schwangerschaft bis zur Babypflege über ein ganzes Leben entscheiden kann. Die allermeisten Teilnehmer, die mit einer Schwangerschaft noch vor der Volljährigkeit geliebäugelt hatten, überlegen sich im Projekt, doch noch ein paar Jahre zu warten, bevor sie sich reif genug für die Herausforderung Elternschaft fühlen“, weiß Neisius.red

  • Drei Kurse sind bis Jahresende noch geplant. Mindestens neun weitere mit bis zu 13 Teilnehmern könnten bis Ende 2022 stattfinden. Interessierte Schulen und Einrichtungen wenden sich an Cornelia Neisius, E-Mail: cornelia.neisius@johanniter.de, Telefon: 0152/54530507.