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22.03.2022

In Trier fehlen tausende Wohnungen

Symbolgrafik: Adobe Stock.
Symbolgrafik: Adobe Stock.

Wer in Trier eine Mietwohnung sucht oder ein Haus kaufen oder mieten will, der kann ein Lied davon singen: Das ist äußerst schwierig. Der Wohnungsmarkt ist angespannt. Diese Erkenntnis hat die Stadt dank einer umfassenden Untersuchung nun auch schwarz auf weiß – zusammen mit weiteren aufschlussreichen Daten und Fakten.

Über 100 Seiten umfasst die Wohnraumbedarfsanalyse für die Stadt Trier, die das Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung Gewos mit Sitz in Hamburg und Berlin erstellt hat. In der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Hauptausschusses wurde das Gutachten vorgestellt. Sein Sinn ist, die Ist-Situation zu analysieren, also der Frage nachzugehen, wie viel Wohnraum in Trier vorhanden ist und welchen Bedarf es in Zukunft geben wird. Dazu wurden zahlreiche Fakten zusammengetragen und mit Bevölkerungsprognosen abgeglichen, die davon ausgehen, dass Trier – derzeit 110.000 Einwohner – weiterhin eine stagnierende oder sogar leicht steigende Bevölkerungszahl haben wird - 2030 etwa 112.000 Einwohner. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Preisgünstige Wohnungen: Das Angebot in Trier ist viel zu klein. Trotz sehr vieler in den vergangenen Jahren fertiggesteller Wohnungen fehlen 1200 Wohnungen für Ein-Personen-Haushalte (bis 50 Quadratmeter und rund 320 Euro Miete) und 400 für 2-Personen-Haushalte (bis 60 Quadratmeter und 384 Euro Miete). Mieter aus diesem Bereich entscheiden sich zum Teil bewusst für höhere Mieten zugunsten der Lage oder Qualität der Wohnung und stehen damit dann wieder in Konkurrenz zu Mietern mit höherem Einkommen.

Wohnungen im mittleren Preissegment: Auch hier gibt es einen Mangel bei Ein-Personen-Haushalten (370 Euro Miete) und Zwei-Personen-Haushalten (440 Euro Miete). Der derzeitige Bedarf übersteigt das Angebot jeweils um 400 Wohnungen. Insgesamt fehlen im niedrigen und mittleren Segment also 2400 Wohnungen.

Quantitativer Neubaubedarf: Bei den Prognosen wird davon ausgegangen, dass jeder Haushalt auch eine Wohnung benötigt. Je nach Bevölkerungsentwicklung werden deshalb zwischen 200 und 240 neue Wohnungen pro Jahr bis 2030 benötigt und zwischen 180 und 250 pro Jahr dann im Jahrzehnt bis 2040. Hier wird davon ausgegangen, dass dieser Bedarf nur mit dem Neubau auf neuen Flächen zu decken ist.

Qualitativer Neubaubedarf: Die Wohnflächen und die Bedarfe der Menschen ändern sich. Haushalte werden zwar kleiner, aber die Menschen wollen mehr Wohnraum pro Kopf haben. Bis 2040 wird sich die Zahl der Seniorenhaushalte den Prognosen zufolge um rund 3200 erhöhen, die Zahl der Familienhaushalte aber stagnieren oder nur gering wachsen. Im folgenden Jahrzehnt wird die Zahl der Familienhaushalte dann abnehmen. Besonders gefragt sind bei Senioren Wohnungen zwischen 60 und 120 Quadratmetern. Aus diesen Zahlen ergibt sich ein qualitativer Bedarf von 520 bis 540 zusätzlichen Wohnungen pro Jahr bis 2030 und im Jahrzehnt bis 2040 von 180 bis 250. Dieser qualitative Bedarf muss nicht mit Neubauten realisiert werden, sondern kann oft auch durch Umbauten im Bestand gedeckt werden.

Nachholbedarf: Menschen, die theoretisch schon längst gerne umgezogen wären, tun dies nicht, weil sie keinen passenden Wohnraum finden. Kinder etwa bleiben länger in der elterlichen Wohnung oder im Haus, weil keine bezahlbare Wohnung verfügbar ist. Mit Hilfe verschiedener Faktoren hat die Gewos einen solchen Nachholbedarf von aktuell 650 fehlenden Wohneinheiten ermittelt.

Wegzug ins Umland: Trier verliert laut der Wohnungsmarktanalyse Bevölkerung ans Umland – und zwar vor allem junge Familien. Im Durchschnitt der vergangenen vier Jahre waren es 470 Kinder und Jugendliche und 930 Erwachsene bis 44 Jahre, die aus Trier jährlich in den Kreis Trier-Saarburg gezogen sind.

Wie geht es weiter? Nadja Driessen von der Stabsstelle Wohnen erläuterte dem Ausschuss, dass auf der Grundlage der Wohnraumbedarfs- analyse nun zunächst von Stadtvorstand und Stadtrat Ziele festgelegt werden sollen. Also wird die Frage geklärt: Wie soll die Wohnungsbaupolitik der Stadt Trier in den nächsten Jahren aussehen? Einfließen soll auch der Beschluss des Stadtrats vom vergangenen Dezember: Auf Antrag der SPD hatte er beschlossen, dass die Verwaltung einen Strategieprozess Wohnen und Arbeiten starten und dazu eine Lenkungsgruppe aus Stadtrat und externen Experten gründen soll.

Michael Schmitz