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08.06.2010

"Ich komme jeden Morgen mit viel Freude ins Büro"

„Der Umgang miteinander trägt.“
„Der Umgang miteinander trägt.“
Mitte Februar trat Thomas Egger (FDP) sein neues Amt als Beigeordneter für Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Sicherheit und Ordnung an. Der 40-jährige Jurist übernahm Aufgabenbereiche, die bis dahin von OB Klaus Jensen (Wirtschaft und Tourismus) und den ausgeschiedenen Beigeordneten Bürgermeister Georg Bernarding (Sicherheit und Ordnung) und Ulrich Holkenbrink (Kultur) verantwortet wurden. Die Rathaus Zeitung (RaZ) befragte Thomas Egger nach seinen politischen Zielvorstellungen und ersten Erfahrungen als neues Mitglied des Stadtvorstands und Beigeordneter des Dezernats III.

RaZ: Als Sie Mitte Februar Ihre neue Tätigkeit als Wirtschafts- und Kulturdezernent im Rathaus antraten, was hat Sie da in den ersten Tagen und Wochen am meisten überrascht?

Egger: Man muss-te sofort losstrampeln und mit einer dichten Terminlage das laufende Geschäft übernehmen. Dass ich dabei eine so angenehm gestaltete Arbeitsumgebung vorfinden würde, hatte ich allerdings nicht erwartet. Und ich war schon etwas überrascht, von Anfang an als Dezernent vorbehaltlos akzeptiert zu werden.

Sie waren vor Ihrer Wahl zum Beigeordneten gut fünf Jahre Vorsitzender der FDP-Fraktion im Rat und haben als Bürgervertreter die Verwaltung zuweilen kritisch unter die Lupe genommen. Wie schätzen Sie diese Kritik von damals heute als Mitglied des Stadtvorstands ein?

Also die Kritik von damals war überwiegend schon berechtigt und ich arbeite als Dezernent jetzt daran, sie nicht mehr notwendig sein zu lassen. Aber ich sehe auch, dass es interne Zwangsläufigkeiten gibt, die man von außen nicht erkennt. Vom politischen Alltagsgeschäft geht auch manches in der Wahrnehmung am Rat vorbei. Und ich erfahre erst jetzt so richtig die Arbeitsfülle, die der Rat der Verwaltung auferlegt.

Bei der Präsentation des neuen Theater-Spielplans haben Sie gegenüber dem Dreispartenhaus quasi ein Existenzrecht zugesprochen, solange Sie die politische Verantwortung für den kulturellen Bereich der Stadt inne haben. Andererseits muss die Stadt an allen Ecken und Kanten sparen, also auch im Kulturbereich. Wie passt das zusammen?

Ich bin für die Beibehaltung eines Dreispartenangebots unseres Theaters und ich will es sicherlich auch nicht schließen. Wie in jedem Unternehmen oder anderen Einrichtungen auch, müssen wir jedoch ständig darüber nachdenken, ob die derzeitigen Strukturen unter den gegebenen Verhältnissen wirklich optimal sind oder ob und gegebenenfalls welche Alternativen bestehen, um Verbesserungen zu erreichen. Hierzu sind alle Gremien berufen, das Theater und der Intendant eingeschlossen, sich einzubringen. Der jüngste Beschluss des Stadtrates mit der Zielrichtung der Neustrukturierung der Theaterpreise geht im Grunde auch in diese Richtung.
 
Wie sieht es mit der Sanierung des ziemlich maroden Theaters aus? Welche Etappen planen Sie?

Zunächst müssen die Sicherheitsfragen geklärt werden. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei. Was die grundsätzliche Sanierung angeht, müssen wir auch hier gegenüber völlig neuen Ideen aufgeschlossen sein. Ohne Investorenmodell, für das es durchaus Interesse gibt, werden wir diese Herausforderung allein nicht stemmen können. Wir müssen alle Alternativen ausleuchten, beispielsweise auch Bürgerbeteiligungen.

Von welchem Kulturbegriff lassen Sie sich für Ihre Arbeit leiten? In welchen Bereichen möchten Sie Schwerpunkte setzen?

Ich fasse den Kulturbegriff sehr weit und schreibe hier niemandem etwas vor. Kultur hat viel mit Symbolik und dem jeweiligen Gesellschaftsbild, dem Zeitgeist, zu tun. Und sie drückt sich in den unterschiedlichsten Formen in unserem Leben aus. Als Kulturdezernent möchte ich hier Multiplikator und Ansprechpartner im Sinne einer vielfältigen „Lebenskultur“ sein. Die freie oder alternative Kulturszene sollte dabei stärker im Fokus der Stadtpolitik stehen, als dies bislang der Fall war. Das heißt nicht, dass die durch die verschiedenen Institutionen bestehenden kulturellen Schwerpunkte in den Hintergrund rücken müssten.

Nicht nur beim baulichen Zustand des Theaters brennt’s, auch bei der Feuerwehr, für die Sie auch zuständig sind, stehen wichtige Entscheidungen an. Wir benötigen eine neue Nebenwache im Hafengebiet, aber auch eine Veränderung für die Hauptwache. Wie wollen Sie vorgehen?

Nicht alles ist gleichzeitig machbar. Die dramatische Finanzsituation verlangt von uns eine klug überlegte und realistische Vorgehensweise. Die Nebenwache im Hafengebiet hat aufgrund der bekannten Verhältnisse im Moment absolute Priorität. Über das passende Grundstück sollte noch vor der Sommerpause die Entscheidung fallen, damit wir zügig – eventuell noch in diesem Jahr – mit dem Bau beginnen können. Danach steht die Hauptwache zur Debatte, wobei die Standortwahl noch offen ist und nochmals alle Alternativen geprüft werden sollten.  

Als Wirtschaftsdezernent wird Ihre Arbeit auch daran gemessen, wie Sie die vor allem mittelständisch geprägten Unternehmen in Trier fördern können. Wie wollen Sie vorgehen?

Zunächst einmal ist mir sehr daran gelegen, auf allen Ebenen grundsätzlich Interesse und Verständnis für die Bedeutung und die Belange der Wirtschaft zu wecken. Diese Bestandspflege ist unverzichtbar. Ich sehe mich hier in einer Vermittlerrolle, die Türen für eine vorbehaltslosere und vertrauensvollere Kommunikation öffnen möchte. Das gegenseitige Verständnis und die beiderseitige Kommunikationskultur sind ausbaufähig. Gemeinsam mit unserer Wirtschaftsförderung möchte ich weiter daran arbeiten, für unsere mittelständischen Unternehmen ansprechende Rahmenbedingungen vorzuhalten. Das schließt die Vorhaltung von attraktiven Gewerbeflächen, aber auch den Ausbau und die Pflege so genannter weicher Standortfaktoren mit ein.
 
Früher konnten Ihre Vorgänger im Amt auch immer wieder mit Neuansiedlungen punkten. In einer von Wirtschafts- und Finanzkrisen geprägten Zeit dürfte das noch schwieriger werden. Wie charakterisieren Sie in einem solchen Umfeld ihre Rolle als Wirtschaftsdezernent?

Auch in den momentan außerordentlich schwierigen Zeiten darf man nie den Anspruch aufgeben, nennenswerte größere Ansiedlungen zu erreichen. Die Voraussetzungen hierzu müssen erkannt und ausgestaltet werden. Hier können wir unsere Potenziale, gerade im Hinblick auf eine Kooperation mit Luxemburg, noch stärker herausstellen. Ebenfalls steckt noch hohes Potenzial in den Bereichen Informationstechnik und Krea-tivwirtschaft. Im Fokus meiner Arbeit sehe ich dabei vor allem die mittelständischen und auch kleineren Unternehmen.  Sie üben in wirtschaftlich labilen Zeiten, aber auch grundsätzlich, eine stabilisierende Funktion aus. Ich möchte zudem viele Gespräche führen, um die Menschen zu ermutigen, den Schritt in die Selb-ständigkeit zu wagen.

Was gefällt Ihnen in der Innenstadt am meisten, wo sehen Sie, auch aus der Perspektive als Ordnungsdezernent, Veränderungsbedarf?

Wir haben eine Innenstadt mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Bei den Platzgestaltungen am Kornmarkt oder dem Domfreihof hat es sich sehr bewährt, den Menschen in den Blickpunkt zu rücken und die Denkmäler in das städtische Leben zu integrieren. Leider gibt es einige Bereiche, die verwahrlost erscheinen oder „vermüllen“, was ja eigentlich nicht sein müsste. Wir sollten uns aber darüber im Klaren sein, dass mit verschärften Satzungen allein solche Erscheinungen nicht aus der Welt sind. Ich will deshalb versuchen, dieses Problem mit einer verstärkt präventiv orientierten Strategie, auch durch die Einbeziehung von Streetworkern, zu mindern.

Zur Wirtschaft gehört auch der Tourismus, ein Bereich mit immer noch stetigen Zuwachszahlen in der Moselmetropole. Welche Entwicklung für den Tourismus stellen Sie sich für die kommenden Jahre für Trier vor?

Der Tourismus hat eine immense Bedeutung für Trier und wir müssen versuchen, das ohnehin hohe Niveau noch auszubauen. Die Potenziale hierfür sind da. Wegen der knappen Mittel dürfen wir uns allerdings auch nicht vergaloppieren. Triers Alleinstellungsmerkmal bleibt die Antike. Dieses Thema sollten wir noch phantasievoller spielen und auch mit anderen Angeboten verknüpfen.

Als Liberaler kommen Sie aus der kleinsten Fraktion des Ampelbündnisses von SPD, Grünen und FDP. Im Stadtvorstand sitzen Sie mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, die Mitglieder der SPD, Grünen und der CDU sind. Welche Rolle spielen parteipolitische Kriterien bei
Ihrer Arbeit?

Bei der täglichen Arbeit verliere ich liberale Gesichtspunkte natürlich nicht aus den Augen, aber im Stadtvorstand spielt Parteipolitik eigentlich keine Rolle, jedenfalls entschieden weniger als man dies vielleicht denkt. Unser Bemühen, trotz der ungeheuer schwierigen Finanzlage die Dinge überhaupt noch funktionstüchtig zu erhalten und neue Anstöße zu geben, schweißt uns zusammen. Ich empfinde es als konstruktiv, dass alle Farben im Stadtvorstand vertreten sind und somit in der Diskussion um die Sache alle Aspekte zu Sprache kommen. Wir haben im Stadtvorstand auch menschlich einen Umgang miteinander, der trägt.
 
Wie haben Sie denn die ersten drei Monate Ihrer neuen Dezernententätigkeit empfunden, nachdem Sie früher als Rechtsanwalt tätig waren?

Als Rechtsanwalt war ich in meinem Arbeiten schon flexibler als dies jetzt der Fall ist. In der Verwaltung wird man aufgrund der bestehenden Strukturen, Gremien und zu berücksichtigenden Vorgaben in gewisser Weise schon stärker fremdbestimmt. Aber man kann natürlich als Dezernent Dinge von großer politischer Tragweite anstoßen und umsetzen. Ich kann auf einem erheblich höheren Niveau gestalten, als dies früher als Rechtsanwalt der Fall war. Ich gehe auf jeden Fall täglich mit viel Freude in mein neues Büro am Augus-tinerhof und gegenüber meiner vorherigen Tätigkeit zugegebenermaßen auch erheblich früher!

Das Gespräch führte Dr. Hans-Günther Lanfer